Entscheidungsstichwort (Thema)

Fixum. Benachteiligung. blue-pencil-Test. Provision. unangemessene Benachteiligung. Formularmäßige Vereinbarung eines als Provision ins Verdienen zu bringenden Fixums. Rechtsfolgen der Teilunwirksamkeit einer Vergütungsklausel im Arbeitsvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich auch daraus ergeben, dass eine Vergütungsregelung in sich widersprüchlich ist, weil einerseits ein "Fixum" versprochen wird, was andererseits als Provision ins Verdienen gebracht werden soll. Ist die Klausel hierzu teilbar, lässt sich eine angemessene Vergütungsregelung durch Streichung des unwirksamen Teils (blue-pencil-Test) aufrecht erhalten.

 

Normenkette

ArbGG § 67 Abs. 3; BGB § 306 Abs. 1, § 307 Abs. 1 S. 2; ZPO § 282

 

Verfahrensgang

ArbG Nienburg (Entscheidung vom 17.11.2011; Aktenzeichen 2 Ca 120/11)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 17. November 2011 - - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug noch um Zahlungssprüche aus Klage und Widerklage.

Die Klägerin war für den Beklagten, der in seiner Firma die Herstellung von Internetpräsentationen anbietet, gemäß Arbeitsvertrag vom 29. Oktober 2010 (Anlage 1, Blatt 7 d. A.)für den Beklagten ab dem 01. Dezember 2010 als Telefonakquisiteurin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis ist auf Grund arbeitgeberseitiger Kündigung vom 08. März 2011 zum 23. März 2011 beendet worden. Nach § 3 des Arbeitsvertrages war keine feste Arbeitszeit vereinbart, sondern die Klägerin konnte sich je nach Notwendigkeit zur Erledigung der erhaltenen Aufträge die Arbeitszeit frei einteilen und zwar zwischen montags bis freitags der Woche. In § 4 des Arbeitsvertrages wurde die Vergütung wie folgt geregelt:

§ 4 Vergütung

Frau A. wird von der Firma B. für ihre Tätigkeit für diese ausschließlich auf Provisionsbasis vergütet.

Sie erhält jeweils pro Monat als Vorauszahlung zum Monatsanfang bis zum 10. des Monats ein Fixum von 750,00 Euro, welches verrechnet wird auf die gesamte monatliche Vergütung.

Frau A. erhält für ihre Tätigkeit pro Monat eine Provision in Höhe von 10 % vom Netto-Ertrag ihrer Telefonie-Tätigkeit für die Firma B.

Die Monatsabrechnungen und Nachweise der erbrachten Erträge der Frau erfolgen seitens der Firma B. zum Monatsende.

Der Streit der Parteien geht insbesondere darüber, ob auf Grund dieser Regelung der Klägerin für jeden Monat 750,00 Euro brutto fest zu zahlen waren oder dieser Betrag nur als Vorauszahlung zu werten ist, der in jedem Fall über Provisionen ins Verdienen gebracht werden musste.

Nach Anerkenntnis des Beklagten zur Einhaltung der Kündigungsfrist und zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses hat das Arbeitsgericht mit Urteil und Anerkenntnisurteil festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auf Grund der Kündigung vom 08. März 2011 zum 23. März 2011 sein Ende gefunden hat, die Beklagte der Klägerin ein wohlwollendes qualifizierendes Zeugnis zu erteilen hat und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 01. bis 23. März 2011 noch 588,37 Euro brutto nebst Zinsen aus anteiligem Fixum zu zahlen hat. Die Forderung nach Urlaubsabgeltung für die Klägerin in Höhe von 276,88 Euro brutto zuzüglich Zinsen hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Ebenso hat es die Widerklage des Beklagten in Höhe von 1.214,50 Euro netto nebst Zinsen abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Urlaubsabgeltungsanspruch der Klägerin wegen Erfüllung ausscheide. Der Klägerin stünden auch 750,00 Euro brutto als Festbetrag jeden Monat unabhängig von der verdienten Provision als "Fixum" zu. Hierfür spreche die glaubwürdige Zeugenaussage des Ehemanns der Klägerin, der bei den Vertragsverhandlungen mit anwesend gewesen sei. Dagegen glaube das Gericht der gegenteiligen Aussage der Zeugin C., der Lebensgefährtin des Beklagten, nicht, soweit diese bezeugen wolle, dass in den Gesprächen mit der Klägerin und ihrem Ehemann ausdrücklich festgehalten worden sei, dass es sich trotz der Bezeichnung "Fixum" bei den 750,00 Euro monatlich um eine Vorschusszahlung gehandelt habe, die in jedem Fall mit den Provisionen zu verrechnen gewesen seien. Zu den Gründen im Einzelnen und dem Vorbringen der Parteien in erster Instanz wird auf den Akteninhalt insbesondere aber auf das Protokoll und das Urteil (Blatt 177 - 188 d. A.) Bezug genommen.

Gegen das ihm am 12. Dezember 2011 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 17. November 2012 hat der Beklagte, eingehend am 04. Januar 2012 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese am 10. Februar 2012 begründet.

Der Beklagte trägt vor, dass es bereits am 11. August 2011 durch telefonische Vermittlung des Vorsitzenden Richters erster Instanz Dr. Rinck - als Bote - zum Abschluss eines verfahrensbeendenden Vergleichs gekommen sei, der die Aufhebung der wechselseitigen...

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