Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstellung der Erteilung von Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung aufgrund schriftlicher Einverständniserklärung. Unbegründete Klage einer Bankangestellten auf Zustimmung zum Abschluss einer Versorgungszusage und Zahlung entsprechender Nettovorteile

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Erklärung “Ich bin mit der Einstellung der Erteilung von Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung (Versorgungsrecht) einverstanden„ kann ihrem Wortlaut nach aus Sicht einer redlichen Vertragspartnerin nur so verstanden werden, dass das Versorgungsrecht zukünftig nicht mehr gewährt wird und die Arbeitnehmerin dieser Vorgehensweise der Arbeitgeberin zustimmt.

2. Eine gerade durch eine unklare Formulierung begründete Gefahr der Nichtwahrnehmung von Rechten wird durch die Erklärung “Ich bin mit der Einstellung der Erteilung von Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung (Versorgungsrecht) einverstanden„ nicht begründet, wenn ihr vor dem Hintergrund der seit Jahrzehnten und insbesondere seit Frühjahr 2009 im Betrieb verwendeten Begriffe “Direktzusage„ und “Versorgungsrecht„ sowie eines 2009/2010 auch im Intranet dokumentierten Vorganges zur Ablösung der alten Versorgungsordnung leicht und ohne Gefahr von Missverständnissen zu entnehmen ist, dass zukünftig kein Anspruch auf das Versorgungsrecht besteht, weil seine Erteilung eingestellt worden ist und die Erklärende hiermit einverstanden ist. Unter diesen Umständen kann zumindest eine verständige Vertragspartnerin erkennen, dass es bei der Einstellung der Erteilung von Versorgungsrechten um einen Rechtsverlust geht, und ihre Rechte, etwa in Gestalt eines Aufklärungsverlangens bis hin zu einer Klage vor dem Arbeitsgericht, wahrnehmen.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 305c Abs. 1, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 3 S. 1, § 313 Abs. 3 S. 1, § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 24.03.2015; Aktenzeichen 40 Ca 6505/14)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 24.03.2015 - 40 Ca 6505/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Abschluss einer bestimmten Versorgungszusage zuzustimmen und sich hieraus ergebende sog. Nettovorteile zu zahlen.

Die Klagepartei war seit dem 01.12.1992 bei der E. (E) als Bankangestellte beschäftigt.

Der Betrieb ist zum 01.01.2013 auf die Beklagte übergegangen. Die monatliche Bruttovergütung betrug zuletzt 3.596,20 €

Die E., deren Träger der D. und der Sparkassenverband Bayern sind, ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts und 1972 aus einer Fusion zweier öffentlich-rechtlicher Anstalten hervorgegangen. Zur Harmonisierung der Dienstverhältnisse der Mitarbeiter der fusionierenden Bankanstalten enthielt der Fusionsvertrag vom 06.06.1972 als Anlage zu § 8 Abs. 3 eine Personalvereinbarung (PV72), in der unter anderem Versorgungsansprüche wie folgt geregelt waren:

"3. Versorgungssystem der E. Girozentrale

3.1. Mitarbeiter, die nach Vollendung des 17. Lebensjahres mindestens 10 Jahre bei den zu vereinigenden Instituten ... tätig waren, erhalten eine Versorgung nach den Richtlinien der Versorgungskasse der G. (Anlage 2). In besonders gelagerten Ausnahmefällen können weitere Dienstzeiten anerkannt werden.

3.2. Mitarbeiter, die mindestens 20 Jahre im Kreditgewerbe beschäftigt waren, davon mindestens 10 Jahre bei den zu vereinigenden Instituten oder .... können einen Rechtsanspruch auf Versorgung nach Maßgabe des beigefügten Vertragsmusters (Anlage 3) erhalten. Besonders tüchtigen und bewährten Mitarbeitern kann ein solcher Versorgungsanspruch vorzeitig gewährt werden. Die Entscheidung über die Gewährung trifft der Vorstand der Landesbank."

Die Versorgung nach Ziff. 3.1 der Personalvereinbarung wurde in der Folgezeit über die Versorgungskasse H. abgewickelt. Nach deren Richtlinien hatten die Mitarbeiter im Versorgungsfall Anspruch auf Versorgungsleistungen nach den jeweils für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften. Der Versorgungsvertrag nach Ziff. 3.2 der Personalvereinbarung entsprach im Wesentlichen der Anlage K 1 und gewährte den Mitarbeitern ebenfalls Versorgungsansprüche entsprechend den für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften sowie darüber hinaus einen erweiterten Kündigungsschutz und Ansprüche auf erweiterte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie auf Beihilfe nach beamtenähnlichen Grundsätzen. Dies führte grundsätzlich zur Versicherungsfreiheit in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung. Für die ab dem 01.01.2002 neu eintretenden Mitarbeiter galt die Versorgungsordnung VO2002/2005.

Nachdem Anfang 2009 die Erteilung von Versorgungsrechten zunächst ausgesetzt worden war und ein externes Rechtsgutachten vom 20.05.2009 die rechtliche Zulässigkeit bestätigt hatte, teilte die E. am 22.07.2009 unter der Überschrift "Neugestaltung Betriebliche Altersversorgung / AT-Vergütungssystem" mit, dass nach dem Verwaltungsrats...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge