Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang bei Abschluss eines Kaufvertrags unter einer aufschiebenden. nicht eingetretenen. Bedingung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch nach Aufgabe des Merkmals der eigenwirtschaftlichen Nutzung für einen Betriebsübergang (EuGH v. 15.12.2005 – DB 2006, 395; BAG v. 6.4.2006 – NZA 2006, 723) ist jedenfalls die tatsächliche Weiterführung der Geschäftstätigkeit durch den Betriebserwerber sowie die eigenständige Nutzung der wesentlichen Betriebsmittel durch den Erwerber nach wie vor Voraussetzung für einen Betriebsübergang nach § 613a Abs. 1 BGB.

2. Die tatsächliche Inhaberschaft, die mit der Verantwortung für den Betrieb verbunden sein muss, wechselt nicht ohne Herrschaftsaufgabe des bisherigen Inhabers an den Betriebsmitteln.

3. Eine Herrschaftsaufgabe an den Betriebsmitteln kann noch nicht angenommen werden, wenn ein Kaufvertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen wurde, die noch nicht eingetreten ist.

 

Normenkette

BGB § 613a Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 09.11.2005; Aktenzeichen 38 Ca 1549/05)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen dasEndurteildesArbeitsgerichts München vom09.11.2005(Az.: 38 Ca 1549/05) wird auf Kosten des Klägerszurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01.12.2004 bis 25.01.2005. Streitig ist dabei insbesondere, ob für diesen Zeitraum zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis aufgrund eines Betriebsüberganges begründet wurde.

Der 1946 geborene Kläger war seit Januar 1994 bei der Fa. GmbH als Werkzeugmacher beschäftigt. Er erzielte dabei zuletzt bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden einen Stundenlohn von EUR 15,10 brutto.

Am 01.08.2004 wurde über das Vermögen der Fa. GmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet und Herr Rechtsanwalt zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser führte den Betrieb fort und bezahlte an den Kläger dessen Vergütung bis November 2004.

Am 29.11.2004 schlossen der Insolvenzverwalter sowie die Fa. GmbH & Co. KG i.G., vertreten durch die GmbH i.G., vertreten durch den Geschäftsführer (Beklagten) einen Kaufvertrag (Bl. 112 bis 117 d.A.) in dem es u.a. wie folgt heißt:

§ 1

Präambel

Über das Vermögen der Fa. GmbH wurde am 01.08.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Seitdem betreibt der Verkäufer das Unternehmen weiter.

Der Käufer möchte im Wege der übertragenden Sanierung den Geschäftsbetrieb mit allen dazugehörigen Wirtschaftsgütern der Fa. GmbH übernehmen.

Dies vorausgeschickt, treffen die Parteien folgende Vereinbarung:

§ 2

Kaufgegenstand

1.

Der Kaufgegenstand ist in Anlage 1 zu diesem Vertrag niedergelegt.

2.

Kaufgegenstand ist weiter der Kundenstamm und der gesamte Goodwill des Verkäufers.

3.

Ebenfalls ist Kaufgegenstand der gesamte Auftragsbestand des Verkäufers zum Übergabestichtag.

§ 3

Kaufpreis

Der Kaufpreis wird wie folgt aufgeteilt:

Gesamtkaufpreis EUR …

Der Kaufpreis ist wie folgt fällig:

Er ist vor dem 08.12.2004 auf nachfolgendes Insolvenzkonto einzuzahlen, wobei es auf die Gutschrift auf dem Konto ankommt.

Dieser Vertrag wird erst wirksam, wenn der Käufer den gesamten Kaufpreis fristgerecht gezahlt hat.

§ 5

Betriebsübergang/Stichtag

Die Kaufgegenstände gem. § 2 und der Betrieb des Verkäufers gehen mit Stichtag vom 01.12.2004 auf den Käufer über.

§ 6

Die Käuferin übernimmt sämtliche von dem Verkäufer bestellte Ware.

Ebenfalls übernimmt die Käuferin den gesamten Warenbestand, …

§ 7

Geschäftsräume

Die Käuferin beabsichtigt, mit den Vermietern des Verkäufers (drei dem Käufer bekannte Anwesen) einen neuen Mietvertrag abzuschließen.

Bereits im November 2004 richteten der Insolvenzverwalter sowie die Fa. GmbH & Co. KG i.G. ein Rundschreiben an die Geschäftspartner des Unternehmens (Bl. 7 d.A.), in dem es wie folgt lautet:

Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass der Fortbestand des Unternehmens mit seinen Mitarbeitern gewährleistet ist und die Geschäfte ab 01.12.2004 unter geänderter Geschäftsleitung weitergeführt werden.

Die neue Firmierung lautet: GmbH & Co. KG mit Firmensitz wie bisher …

Die bestehenden Aufträge werden durch das Nachfolge-Unternehmen übernommen und termingerecht zur Auslieferung gebracht…

Nach der übertragenen Sanierung durch den Insolvenzverwalter Rechtsanwalt übergibt er die GmbH zum 01.12.2004.

Der Kaufpreis wurde in der Folgezeit nicht entrichtet. Der Insolvenzverwalter richtete daraufhin eine E-mail an den Beklagten (Bl. 13 d.A.), in der es u.a. wie folgt heißt:

Der Betrieb wird von mir am Montag, den 20.12.2004, stillgelegt, falls das Geld bis 12.00 Uhr an diesem Tag nicht eingegangen ist. Die Schadenersatzansprüche werde ich später beziffern.

Nachdem auch in dieser Frist der Kaufpreis nicht bezahlt wurde, kündigte der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 21.12.2004 (Bl. 4 d.A.) das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.03.2005. Jedenfalls ab dem 21.12.2004 wurde der Betrieb nicht mehr fortgeführt.

Der Kläger hat vorgetragen, ab 01.12.2004 habe die GmbH & Co. KG i.G. den Betrieb de...

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