Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines Tarifvertrags. Auslegung der Begriffe „Anlagen” und „Anlagenteile” in Nr. 6.1 der Anlage 3 zum ZTV für die Arbeitnehmer der DB AG

 

Leitsatz (redaktionell)

Aus der Tarifhistorie ergibt sich, dass Arbeiten an heißen maschinentechnischen Anlagen bzw. Teilen von Schienenfahrzeugen nicht unter die Erschwerniszulagenregelung gem. Ziffer 6.1 der Anlage 3 zum ZTV fallen.

 

Normenkette

BGB § 133; Zulagentarifvertrag für die Arbeitnehmer der DB AG (ZTV) Anlage 3 Nr. 6.1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 19.12.2007; Aktenzeichen 19a Ca 11937/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 08.07.2009; Aktenzeichen 10 AZR 672/08)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19.12.2007 – 19a Ca 11937/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Erschwerniszulage. Der Kläger, der seit Jahren bei der Beklagten als Schlosser beschäftigt ist, begehrt eine Erschwerniszulage nach der Anlage 3 Ziffer 6.1 zu § 7 des sog. Zulagentarifvertrages (im Folgenden: ZTV), der für den Bereich der Beklagten gilt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit die Tarifverträge für die Arbeitnehmer der Deutschen Bahn AG, darunter auch der ZTV, Anwendung. In Ziffer 6.1 der Anlage zum ZTV ist unter der Überschrift „Arbeiten unter starker Hitze- oder Kälteeinwirkung” bestimmt, dass bei Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten in heißen Anlagen oder an heißen Anlagenteilen eine Erschwerniszulage gezahlt wird, und zwar nach Zulagengruppe B (EUR 0,90 je Stunde), wenn der Arbeitnehmer dabei Lufttemperaturen von 40 bis 50° C ausgesetzt ist, und nach Zulagengruppe C, wenn er einer Lufttemperatur von mehr als 50° C ausgesetzt ist. Nach § 7 Abs. 2 Ziffer 1 ZTV werden die Erschwerniszulagen für die Dauer der Beschäftigung mit den zulageberechtigenten Arbeiten gezahlt, wenn diese am Arbeitstag mindestens eine Stunde wahr genommen werden. In § 7 Abs. 1 Ziffer 2 ZTV ist bestimmt, dass bei der Ermittlung der zu vergütenden Zeiten Zeiten von mehr als 30 Minuten auf volle Stunden aufgerundet werden. Beim Zusammentreffen mehrerer Erschwerniszulagen sind sie nach § 7 Abs. 2 Ziffer 3 ZTV nebeneinander zu zahlen.

Der Kläger, der Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an Diesellokomotiven der Baureihe 218 ausführt, ist dabei zeitweise Lufttemperaturen von 40 bis 50° C und zeitweise Lufttemperaturen von mehr als 50° C ausgesetzt, die nicht klimabedingt sind, sondern vom Arbeitsgegenstand ausgehen.

Er verfolgt mit der Klage jeweils eine Zulage nach Zulagengruppe B und C für je eine Arbeitsstunde, die er bei entsprechenden, in der Anlage zum ZTV Ziffer 6.1 genannten Temperaturen in der Zeit vor 30.06.2007 geleistet hat.

Die Beklagte, die sich nicht auf eine tarifvertragliche Ausschlussfrist beruft, ist der Auffassung, dass die vom Kläger ausgeführten Arbeiten an Schienenfahrzeugen keine Arbeiten an einer heißen Anlage bzw. an heißen Anlagenteilen im Sinne von Ziffer 6.1 der Anlage 3 zum ZTV sind, weil die eisenbahnspezifische Auslegung ergebe, dass Schienenfahrzeuge nicht vom Anwendungsbereich der tarifvertraglichen Erschwerniszulagenregelung betreffend Arbeiten an heißen Anlagen bzw. Anlagenteilen erfasst seien. Dies folge vor allem aus einem Umkehrschluss aus Nummer 2 der Anlage 3 zum ZTV und aus der Tarifgeschichte.

Das Arbeitsgericht München hat mit Endurteil vom 19.12.2007, auf das hinsichtlich des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug, der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichts verwiesen wird, die Klage auf Zahlung von EUR 2,09 brutto nebst Zinsen abgewiesen, weil der einschlägige Tarifvertrag, wie Nummer 2 der Anlage zum ZTV zeige, zwischen Fahrzeugen und sonstigen maschinentechnischen Anlagen unterscheide. Daraus ergebe sich, dass nach Sinn und Zweck und dem tatsächlichen Willen der Tarifvertragsparteien Arbeiten an Fahrzeugen oder sonstigen maschinentechnischen Anlagen nicht mit Arbeiten in heißen Anlagen oder an heißen Anlageteilen gleichgesetzt werden könnten. Diese Differenzierung zwischen Anlagen und Fahrzeugen habe im einschlägigen Tarifvertrag selbst seinen Niederschlag gefunden. Unabhängig von der Sinnhaftigkeit dieser Differenzierung müsse der diesbezügliche wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien respektiert werden.

Der Kläger hat gegen das ihm am 14.01.2008 zugestellte Endurteil vom 19.12.2007 mit einem am 11.02.2008 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist mit einem am 10.04.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er weist darauf hin, der Wortlaut der Tarifregelung sei nicht eindeutig, und trägt vor, die fraglichen Arbeiten würden nicht von außen, sondern in der Lok, nämlich im Maschinen- und Getrieberaum, durchgeführt, insbesondere am Auspuff, im Motor und im Getriebe, die sprachlich al...

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