Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Übung. Tariflohnerhöhung bei tarifgebundenem Arbeitgeber

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kann eine betriebliche Übung zur Erhöhung von Löhnen und Gehältern entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Betrieb nur entstehen, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 151, 611; TVG § 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Rosenheim (Urteil vom 05.06.2003; Aktenzeichen 2 Ca 890/02 Tr)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 09.02.2005; Aktenzeichen 5 AZR 284/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers vom 29. Juli 2003 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Rosenheim – Kammer Traunstein – vom 5. Juni 2003 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Für den Kläger wird die Revision zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über tarifliche Entgeltansprüche.

Der Kläger ist auf der Grundlage eines schriftlichen Anstellungsvertrages vom 27. Juli 1994 (Blatt 7/8 der Akte) bei der Beklagten als technischer Angestellter (Qualitätstechniker) beschäftigt. Eingestuft nach den Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Bayerischen Metallindustrie vom 1. Juni 1994 in die Gehaltsgruppe IV/1. Gruppenjahr hatte er in der Vergangenheit jeweils die ausgehandelten tariflichen Gehaltserhöhungen erhalten, in den Jahren 2002 und 2003 allerdings nur mehr teilweise.

Der Kläger ist damit nicht einverstanden. Er verlangt auch für die Jahre 2002/2003 Zahlung der vollen tariflichen Erhöhungen und Leistungen gemäß dem Gehalts-TV 2002 und stützt dieses Verlangen auf Nr. 11. seines Arbeitsvertrages dahin, dass im Übrigen die Bestimmungen des MTV für die Angestellten der Bayerischen Metallindustrie in der jeweils gültigen Fassung gelten sowie auf betriebliche Übung.

Die Beklagte gehört keinem Arbeitgeberverband an.

Mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 13. November 2002 hat der Kläger sein Zahlungsbegehren auch gerichtlich geltend machen lassen. Es ist vor dem angerufenen Arbeitsgericht Rosenheim – Kammer Traunstein – aber erfolglos geblieben. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des klageabweisenden Endurteils vom 5. Juni 2003 wird Bezug genommen.

Mit der am 29. Juli 2003 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese seinen Prozessbevollmächtigten am 30. Juli 2003 zugestellte Entscheidung verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter. Die Berufungsbegründung ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 3. September 2003 eingegangen. Darin wird dem Erstgericht vorgehalten, die Grundsätze der betrieblichen Übung nicht richtig angewandt zu haben. Die Beklagte habe, seitdem der Kläger in ihrem Betrieb tätig gewesen sei, also seit 1994, die jeweiligen tariflichen Lohnerhöhungen der Bayerischen Metallindustrie auch an ihre Arbeitnehmer bezahlt. Einschränkungen oder Abweichungen habe es dabei nicht gegeben. Der Kläger sieht darin überdeutliche Anhaltspunkte im Verhalten der Beklagten dafür, dass sie auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen in voller Höhe übernehmen wolle.

Der jetzige Einschnitt sei der erste Versuch, sich von ihrem vorherigen Verhalten loszusagen. Dabei müsse angemerkt werden, dass die Beklagte allen Arbeitnehmern, die von ihr die volle tarifliche Erhöhung nicht gefordert hatten, diese Lohnerhöhung nachträglich bezahlt habe. Ausgegrenzt von der vollen Tariflohnerhöhung seien der Kläger und diejenigen, die diese Erhöhung gefordert hatten. Darin wird auch ein anspruchsbegründender Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gesehen, so dass die Berufungsanträge lauten:

Die Beklagte wird verurteilt,

  1. an den Kläger EUR 123,89 brutto (Restlohn Juni 02) nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskont-Überleitungs-Gesetz vom 9.6.1998 ab 1.7.2002 sowie EUR 2,00 Mahnauslagen zu bezahlen;
  2. an den Kläger EUR 227,55 brutto (Restlohn Juli 02) nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskont-Überleitungs-Gesetz vom 9.6.1998 ab 1.8.2002 sowie EUR 1,50 Mahnauslagen zu bezahlen;
  3. an den Kläger EUR 3,89 brutto (Restlohn August 02) nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskont-Überleitungs-Gesetz vom 9.6.1998 ab 1.9.2002 zu bezahlen;
  4. an den Kläger EUR 3,89 brutto (Restlohn September 02) nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskont-Überleitungs-Gesetz vom 9.6.1998 ab 1.10.2002 sowie EUR 2,00 Mahnauslagen zu bezahlen;
  5. an den Kläger EUR 3,90 brutto (Restlohn Oktober 02) nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskont-Überleitungs-Gesetz vom 9.6.1998 ab 1.11.2002 zu bezahlen;
  6. an den Kläger EUR 6,05 brutto (Restlohn November 02) nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskont-Überleitungs-Gesetz vom 9.6.1998 ab 1.12.2002 zu bezahlen;
  7. an den Kläger EUR 219,29 brutto (R...

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