Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlung. Betriebsvereinbarung. Billigkeit. Leistungsprämie

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Betriebsvereinbarungen über die Gewährung von Leistungsprämien sind nach § 75 BetrVG unbillig, wenn durch sie eine sachwidrige Gruppenbildung vorgenommen wird.

2. Ein individueller Zahlungsanspruch eines Arbeitnehmers wegen Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes kann sich daraus ergeben, dass der Arbeitgeber entweder nach Kenntnis von seinem Rechtsirrtum die bis dahin rechtsgrundlos gewährten Leistungen weiter erbringt oder rechtlich durchaus mögliche Rückforderungsansprüche nicht geltend macht.

 

Normenkette

BetrVG § 50 Abs. 1, § 75

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 08.10.2002; Aktenzeichen 30 Ca 4279/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.04.2005; Aktenzeichen 1 AZR 76/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 8.10.2002 30 Ca 4279/02 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Der Tenor wird aber in Ziffer 1) neu gefasst:

Die Klage wird als derzeit unbegründet abgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Leistungsprämie für das Jahr 2000.

Der Kläger ist als so genannter Kombifahrer, also als Bus- und Straßenbahnfahrer, für die Beklagte tätig.

Die Beklagte hat ihre Beschäftigten in Geschäftsbereiche und diese in Abteilungen eingeteilt. Ein Geschäftsbereich ist der Geschäftsbereich Betrieb (VB-B), der aus 13 Abteilungen besteht. Dazu gehören unter anderem die Abteilungen B 20 (Center Service-Dienste), B 22 (Center Fahrdienst Straßenbahn), B 23 (Center Fahrdienst Bus-Ost) und B 24 (Center Fahrdienst Bus-West).

Der Kläger ist der Abteilung B 20 (Center Service-Dienste) zugeordnet, die die Zentralreserve darstellt. Aufgabe von B 20 ist es, abteilungsübergreifend bei personellen Engpässen in den Centern B 22, B 23 und B 24 Fahrpersonal kurzfristig zur Verfügung zu stellen. Diese Fahrer werden im gesamten Liniennetz sowie zu Sonderfahrten und auch in der Fahrgastinformation eingesetzt.

Die Beklagte und die … haben am 10./22.5.2001 mit dem Gesamtbetriebsrat der Beklagten und dem Betriebsrat der … eine gemeinsame Betriebsvereinbarung über eine Leistungsprämie abgeschlossen (Fotokopie Bl. 19 – 29 d. A.).

Gemäß § 3 Ziff. 1 der Betriebsvereinbarung (BV) wird über die Gewährung einer Leistungsprämie und die Festlegung der Gesamtausschüttungssumme von der Geschäftsführung jährlich neu entschieden. Die Geschäftsführung weist jedem Ergebnis-Center bzw. jeder Organisationseinheit einen Betrag zu. Gemäß § 3 Ziff. 2 BV soll die Leistungsprämie die Erbringung einer überdurchschnittlichen Leistung honorieren. Entsprechend sind die Bewertungsgrundsätze aufzustellen. Nach der Regelung in § 3 Ziff. 6 BV erhalten in einem Bewertungsbereich mindestens 10 % und höchstens 30 % der Beschäftigten eine Leistungsprämie (Ausnahme Fahrbetrieb VB: mindestens 10 % und höchstens 40 %).

Gemäß § 4 BV wird zur Ausgestaltung der in der Betriebsvereinbarung zu treffenden Festlegungen für jedes Ergebnis-Center bzw. für jede sonstige Organisationseinheit eine örtliche Kommission gebildet. Gemäß § 6 BV legt die örtliche Kommission die Bewertungsbereiche in ihrem Ergebnis-Center bzw. in ihrer sonstigen Organisationseinheit fest und legt gemäß § 7 die Höhe der Zuteilungssumme für den Bewertungsbereich aus dem Ergebnis-Center bzw. der sonstigen Organisationseinheit insgesamt zugewiesenen Leistungsprämienbetrag fest.

Gemäß § 8 BV erfolgt die Bewertung der Beschäftigungen anhand der Bewertungskriterien „Arbeitserfolg” und „Zusammenarbeit/Kommunikationsfähigkeit”. Dabei legt die örtliche Kommission für jeden Bewertungsbereich für die beiden Kriterien die Anzahl der Indikatoren fest (mindestens 8, höchstens 12) und wählt die Indikatoren aus, die im Bewertungsbereich einheitlich zu verwenden sind.

Gemäß § 9 BV erfolgt die Bewertung der Prämienberechtigten auf der Basis der Indikatoren durch ein Punktesystem. Die örtliche Kommission legt für jeden Bewertungsbereich fest, wie viel DM ein Punkt bei der Bewertung entspricht; ferner legt sie die Punktzahl fest, bei der Mitarbeiter, die diese Punktzahl unterschreiten, keine Prämie erhalten.

Gemäß § 11 BV bewerten die Vorgesetzten die Beschäftigten nach den in § 8 genannten Kriterien anhand der vorgegebenen verbindlichen Indikatoren. Die schriftliche Bewertung erfolgt mit einem Formblatt nach Muster in Anlage 2 zur Betriebsvereinbarung.

Dem Kläger wurde mit Schreiben vom 21.9.2001 (Bl. 15 d. A.) mitgeteilt, dass die Auswertung der Bewertungsbögen für ihn keine Leistungsprämie ergeben hat. Mit dem Schreiben wurde dem Kläger auch sein Bewertungsbogen für die Leistungsprämie zugesandt. Danach hat der Kläger insgesamt 31 Punkte erreicht. Im Beschwerdeverfahren wurde die Punktzahl auf 32 Punkte korrigiert.

Im Geschäftsbereich Betrieb Bewertungs-Center B 20 erhielten die Mitarbeiter erst ab 33 Punkte eine Leistungsprämie.

Mit der Klage zum Arbeitsgericht München fordert der Kläger für das Jahr 2000...

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