Entscheidungsstichwort (Thema)

Stichtagsregelung zugunsten von Gewerkschaftsmitgliedern in Tarifsozialplan. Unbegründete Zahlungslage auf höhere Abfindung bei Anknüpfung an Stichtag vor Bekanntgabe des Verhandlungsergebnisses

 

Leitsatz (amtlich)

Regelungen in einem Tarifsozialplan, die Arbeitnehmern in einem gewissen Umfang verbesserte Leistungen (Berechnung des BeE-Monatsentgelts auf Basis von 80% - statt 70% - des Bruttomonatsgehalts, weitere Abfindung von € 10.000,--, Höchstbetrag der Abfindung von € 120.000,-- statt € 110.000,--) gewähren, die an einem Stichtag vor Bekanntgabe des Verhandlungsergebnisses Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaft waren, verstoßen als sog. einfache Differenzierungsklauseln nicht gegen Art. 9 Abs. 3 GG und auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3; BetrVG §§ 75, 77, 112 Abs. 1; BGB § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 27.02.2013; Aktenzeichen 9 Ca 11966/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.01.2016; Aktenzeichen 4 AZR 830/13)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 27.02.2013 - 9 Ca 11966/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob der Kläger Ansprüche aus einem Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag hat, der nach seinem Wortlaut nur für Personen gilt, die am Stichtag Mitglied der Gewerkschaft waren.

Der Kläger war bei der Beklagten zu 2) bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 01.10.1997 angestellt. Er verdiente zuletzt monatlich EUR 5.707,30 brutto. Er war zu keiner Zeit Mitglied der IG Metall. Die Beklagte zu 1) ist die von der Beklagten zu 2) gebildete Transfergesellschaft.

Durch dreiseitigen Vertrag zwischen dem Kläger, der Beklagten zu 2) und der Beklagten zu 1) vom 04.04.2012 (vgl. Bl. 13 ff. d. A.) endete das Arbeitsverhältnis zwischen der Beklagten zu 2) und dem Kläger mit Ablauf des 30.04.2012. Er trat infolge des Vertrages zum 01.05.2012 zur Beklagten zu 1) über. Vom 15.05.2012 bis 05.10.2012 war das Transferarbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) ruhend gestellt.

Der dreiseitige Vertrag basierte ausweislich seiner Präambel auf dem Transfer- und Sozialtarifvertrag zwischen der Beklagten zu 2) und der IG Metall Bezirksleitung Bayern vom 04.04.2012 (vgl. Bl. 23 ff. d. A.), der sich in seiner Präambel auf den Interessenausgleich zwischen der Beklagten zu 2) und ihrem Betriebsrat vom 04.04.2012 (vgl. Bl. 34 ff d. A.) bezog. Der Vertrag bezieht sich ferner mehrfach auf den ebenfalls zwischen der Beklagten zu 2) und der IG Metall Bezirksleitung Bayern am 04.04.2012 abgeschlossenen Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag (vgl. Bl. 31 ff. d. A.).

Im genannten Interessenausgleich wurde von den Betriebsparteien u. a. geregelt, dass der Betrieb in der SMS in A-Stadt geschlossen wird und am Standort A-Stadt vier Unternehmen geführt werden, in welche in Namenslisten aufgeführte Arbeitnehmer aufgenommen werden. Ferner enthält der Interessenausgleich folgende Regelung:

"5. Sozialplan

Der Betriebsrat und das Unternehmen stimmen dahingehend überein, dass ein gesonderter Sozialplan nicht aufgestellt wird, weil in dem als

- Anlage 7

bezeichneten Transfer- und Sozialtarifvertrag vom 04.04.2012 Regelungen zur Milderung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen enthalten sind, die beide Betriebsparteien als Ausgleichmaßnahmen i. S. d. § 112 BetrVG anerkennen und die sie für alle betroffenen Beschäftigten abschließend übernehmen.(...)"

Der dreiseitige Vertrag enthält unter "Abschnitt A: Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit NSN" u. a. Regelungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2) und zur Abfindungszahlung. Ziffer 2. lautet wie folgt:

"2. Abfindungszahlung

2.1. Die Höhe der Abfindung ist gem. § 7 Abs. 1 des Transfer- und Sozialtarifvertrages abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Der Höchstbetrag für die Abfindung beträgt gem. § 7 Abs. 2 Transfer- und Sozialtarifvertrag EUR 110.000,00. Im Übrigen findet § 7 Abs. 3 Anwendung.

Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages fallen, erhalten gem. § 3 des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrages als weiteren Bestandteil der Abfindung zusätzlich EUR 10.000,00, der Höchstbetrag für die Abfindung beträgt EUR 120.000,00."

Unter "Abschnitt B: Begründung eines Vermittlungs- und Qualifizierungsverhältnisses mit der NSN TG" enthält der Vertrag u. a. in Ziffer 4. folgende Regelung:

"4. Monatliche Vergütung

Der/die Arbeitnehmer/-in erhält gemäß § 5 Abs. 3 des Transfer- und Sozialtarifvertrages auf der Basis der von der NSN an die NSN TG zur Vergütung gestellten Gehaltsdaten, ab Eintritt in die NSN TG- unter Anrechnung von Zahlungen der Agentur für Arbeit - bis zu ihrem/seinen Ausscheiden monatlich 70% ihres/seines BruttoMonatsEinkommens. Das BruttoMonatsEinkommen ist das 13,5-fache des bisherigen BruttoMonatsEinkommens dividiert durch zwölf.

Der/die Arbeitnehmer/-in, die unter de...

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