Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf einer Altersversorgungszusage. Gesamtzusage einer Altersversorgung. Widerruf. Widerrufsvorbehalt. Gesamtzusage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Widerruf einer im Wege der Gesamtzusage unter Änderungsvorbehalt erteilten betrieblichen Altersversorgungszusage.

2. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht verletzt, wenn eine Arbeitgebermaßnahme – hier: Ablösung einer Gesamtzusage durch eine Neufassung der entsprechenden Richtlinien des Arbeitgebers – nicht selbst zu einer Benachteiligung der davon betroffenen Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern führt, sondern erst die nachfolgende Rechtsentwicklung. Der Gleichbehandlungsgrundsatz schützt nicht vor späteren, im Zeitpunkt der zu beurteilenden Arbeitgebermaßnahme nicht vorhersehbaren Nachteilen, die durch Änderungen der Rechtslage entstehen.

 

Normenkette

BetrAVG § 1; BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Regensburg (Urteil vom 09.10.2003; Aktenzeichen 4 Ca 55/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.01.2006; Aktenzeichen 3 AZR 583/04)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 9.10.2003 – 4 Ca 55/01 – in Ziff. 1 und 2 abgeändert:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf betriebliche Altersversorgung.

Der am 11.2.1940 geborene Kläger war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in deren Niederlassung R. in der Zeit vom 1.5.1965 bis 28.2.2001 als Vermessungsingenieur beschäftigt. Er erhielt zuletzt eine monatliche Bruttovergütung von ca. 9.450,– DM. Seit 1.3.2001 bezieht er gesetzliche Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.817,16 Euro. Außerdem erhält er seit 1.3.2001 von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) eine Zusatzversorgungsrente in Höhe von zunächst 967,24 Euro.

Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin hatten Richtlinien für die Gewährung von zusätzlichen betrieblichen Ruhestands-, Dienstunfähigkeits- und Hinterbliebenenzuwendungen geschaffen. Nach dem Eingangsteil der Richtlinien vom 18.7.1962 gewährt die R. ihren Angestellten und ständigen Arbeitern bereits seit dem Jahre 1935 bzw. 1937 zu den gesetzlichen Rentenversicherungen eine zusätzliche Altersund Hinterbliebenenversorgung. Diese zusätzliche Versicherung, die später in einer Betriebsvereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat (vom 15.3.1957 – Betriebsvereinbarung Nr. 2) festgehalten worden sei, beginne in der Regel nach einer Betriebszugehörigkeit von 3 bis 6 Monaten. Sie bestehe bei Angestellten nach einmaliger Wahl entweder in einer Versicherung bei der VBL oder in einer Überversicherung bei der AV – gemeint ist in der Angestelltenversicherung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte – oder in einer gemischten Kapitalversicherung mit Einschluß einer zehnprozentigen Rentenzahlung bei vorzeitiger Invalidität. In § 5 der Richtlinien ist vorgesehen, daß das Gesamtruhegeld bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit 50 % des durchschnittlichen Monatsarbeitsverdienstes der letzten 12 Monate bei Eintritt des Versorgungsfalles beträgt und für jedes weitere volle Dienstjahr um 1 Prozent bis zum 35. Dienstjahr, somit bis zum Höchstsatz von 75 Prozent, steigt. Nach § 5 Abs. 4 der Richtlinien werden vom Gesamtruhegeld abgesetzt die Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, soweit sie nicht auf freiwilligen Beiträgen ohne Beteiligung des Arbeitgebers beruhen, die Renten aus der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversicherung bei der VBL sowie Kapitalwerte oder Renten aus Lebens- und Rentenversicherungen, die als Ersatz für die vorgenannten Versicherungen abgeschlossen wurden. Nach § 8 der Richtlinien ist unter der Überschrift „Änderung der Richtlinien” bestimmt, daß diese Richtlinien auf dem Stand der Rentengesetzgebung von Mitte 1962 beruhen und mit Zustimmung des Aufsichtsrates der R. jederzeit geändert werden können, wenn grundsätzliche Änderungen der in den Rentenversicherungsgesetzen oder den Satzungen der VBL festgelegten Vorschriften für die Beitrags- und Rentenbemessung dies erforderlich machten.

In der Betriebsvereinbarung Nr. 2 in der Fassung vom 15.3.1957 ist unter Ziff. 2 bestimmt:

„Für die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der R. AG gilt folgende Regelung:

Den ständigen Arbeitnehmern der R. AG. wird eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung zu den reichsgesetzlichen Altersversicherungen gewährt. Sie entspricht der Höhe nach den Sätzen, die für Arbeitnehmer im Dienst der Bundesrepublik Geltung haben.

Die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Angestellten kann – soweit nicht eine Beschränkung durch tarifvertragliche Vereinbarung etc. vorliegt – nach einmaliger freier Wahl erfolgen, durch

  1. Überversicherung bei der Angestelltenversicherung (BfA) oder
  2. Abschluß einer gemischten Kapitalversicherung mit Einschluß einer 10 %igen Ren...

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