Entscheidungsstichwort (Thema)

Retention-Prämie. Zusage einer Retention-Prämie kurz vor Insolvenz. Anfechtung der Zusage durch den Insolvenzverwalter. unentgeltliche Leistung

 

Normenkette

InsO §§ 130, 134, 55, 119; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 20.12.2010; Aktenzeichen 4 Ca 16985/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.09.2013; Aktenzeichen 6 AZR 913/11)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München (Az.: 4 Ca 16985/09) vom 20.12.2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten an die Klägerin eine sogenannte „Retention Payment” zu bezahlen.

Die Klägerin war bei der Q. AG (nachfolgend: Schuldnerin) zuletzt als leitende Angestellte und Senior Director im kaufmännischen Bereich mit einem Jahreszieleinkommen von 0,– EUR brutto beschäftigt.

Der Q.-Konzern und die Schuldnerin gerieten im Verlaufe der Jahre 2007 und 2008 in finanzielle Schwierigkeiten, nachdem der Umsatz um einen Milliardenbetrag zurückging. Insbesondere im Geschäftsjahr 2008 verzeichnete die Schuldnerin einen Jahresfehlbetrag von etwa 3,671 Mrd. EUR.

Infolgedessen war die Schuldnerin gezwungen, zum 23.01.2009 Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Mit Beschluss des Amtsgerichtes München – Insolvenzgericht – vom gleichen Tag wurde die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Schuldnerin angeordnet und der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt gem. § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO bestellt. Mit Beschluss des Amtsgerichtes München – Insolvenzgericht – vom 01.04.2009 wurde das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser traf die Entscheidung, den Betrieb stillzulegen. Die Stilllegung erfolgte in verschiedenen Abschnitten. Im Rahmen der Stilllegung wurde das Arbeitsverhältnis der Klägerin am 27.05.2009 zum 31.08.2009 betriebsbedingt gekündigt. Ab dem 01.06.2009 war die Klägerin von ihrer Hauptleistungspflicht unwiderruflich freigestellt.

Im Laufe des Jahres 2008 kam es insbesondere in der Presse, aber auch in Internetforen, zu Berichten über die finanzielle und wirtschaftliche Situation der Schuldnerin. Dabei wurde insbesondere über deren Verluste und deren „tiefrote Zahlen” berichtet. Ebenfalls im Jahr 2008 gab es Bemühungen der Schuldnerin, die schwierige finanzielle Situation zu lösen. Zum einen gab es Bemühungen, einen Investor für sie zu finden, der möglicherweise auch die Schuldnerin übernehmen sollte. Hierdurch sollte erreicht werden, dass ihr weiteres Kapital zufließen sollte. Als Bewerber war insoweit die Fa. M. im Gespräch. Mit der Fa. M. wurde um den 10.10.2008 ein Vertrag geschlossen, wonach ein Joint Venture mit der Fa. Ino. von der Schuldnerin für 400,– Mio. US-$ veräußert wurde. Letztlich kam es jedoch nicht zu einem Einstieg der Fa. M. bei der Schuldnerin. Des Weiteren wurde eine Finanzhilfe durch die Muttergesellschaft der Schuldnerin, die Fa. Inf., in Betracht gezogen. Schließlich wurden seit Sommer 2008 auch Gespräche mit dem Freistaat Sachsen hinsichtlich einer möglichen Finanzierungshilfe geführt. Auch eine Unterstützung durch eine portugiesische Investitionsbank war angedacht. Maßgebliche Gespräche hierzu wurden vor allem nach Oktober 2009 geführt. Die Regierung von Sachsen hatte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers AG (nachfolgend: PwC) mit der Erstellung eines Gutachtens zur Darstellung der operativen Geschäftsentwicklung in den auf die mögliche Kreditierung folgenden Jahre beauftragt. Die Fa. PwC hat wiederum die Fa. Arthur D. Little GmbH (nachfolgend: ADL) unterbeauftragt. Die Fa. PwC nahm am 04.12.2008 gutachterlich Stellung bezüglich der risikomäßigen Vertretbarkeit der Ausgabe eines Betriebsmittelkredits. In dem Gutachten wurde unter Hinweis auf bestehende Risiken die Ausreichung eines Betriebsmittelkredites als möglich erachtet. Am 21.12.2008 wurde zunächst die Unterstützung der Schuldnerin durch den Freistaat Sachsen verbreitet und begrüßt. Im Januar 2009 hingegen wurde die Finanzierungshilfe endgültig abgelehnt. Der Klägerin, die bei der Schuldnerin zumindest in dem Bereich Marktforschung und Entwicklung und Pflege von Markt- und Preismodellen tätig war, wurde im Zusammenhang mit der Erstellung der Gutachten durch die Firmen PwC und ADL die Aufgabe einer Kontaktperson bei der Schuldnerin für diese Firmen im Rahmen der anzustellenden Due-Diligence-Prüfung übertragen. In diesem Zusammenhang leitete die Klägerin zumindest Anfragen der Gutachterfirmen an entsprechende Abteilungen der Schuldnerin weiter, ebenso wie Antworten der Abteilungen an die Gutachterfirmen.

Im August/September 2008 beauftragte die Schuldnerin Herrn Rechtsanwalt Dr. K. mit der Überprüfung der Frage, ob bereits eine Verpflichtung der Schuldnerin bestehe, Insolvenzantrag zu stellen. Hierzu sollten wöchentliche Liquiditätsberi...

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