Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhestandsversetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine arbeitsvertragliche Regelung über die einseitige Befugnis des Arbeitgebers zur Versetzung des Arbeitnehmers in den (einstweiligen) Ruhestand ist wegen Umgehung zwingender, einer Parteivereinbarung nicht zugänglicher, Kündigungsschutzvorschriften nichtig;

2. eine nichtige „Versetzung in den (einstweiligen) Ruhestand” kann nicht als (außerordentliche oder auch ordentliche) Kündigung ausgelegt oder in eine solche gemäß § 140 BGB umgedeutet werden;

3. Zur Verwirkung des Rechtes auf gerichtliche Geltendmachung der Rechtsunwirksamkeit einer Ruhestandsversetzung.

 

Normenkette

BGB § 626; KSchG § 1; BGB § 134; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 24.05.2007; Aktenzeichen 11 Ca 18581/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 05.02.2009; Aktenzeichen 6 AZR 151/08)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen die Entscheidung zur Feststellungsklage unter Ziffer 1. des Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 24. Mai 2007 – 11 Ca 18581/06 – wird zurückgewiesen.

II. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Gegenstand des vorliegenden Teilurteils ist der vom Kläger geltend gemachte Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses über den Zeitpunkt seiner Versetzung in den Ruhestand durch die beklagte Arbeitgeberin hinaus.

Der am 00.00.1948 geborene Kläger war seit 01.07.1978 für die Beklagte, einer öffentlich-rechtlichen Bank mit dem Rechtsstatus einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts – nach seinem unbestritten gebliebenen Vorbringen: seit 01.08.1991 als Leiter des Unternehmensbereiches Beteiligungen und seit 01.01.1992 als Bankdirektor und zunächst gleichzeitig Geschäftsführer einer privat-rechtlichen Beteiligungsgesellschaft der Beklagten – mit einer Vergütung von zuletzt ca. 150.000,– EUR (brutto) jährlich beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag zuletzt ein „Dienstvertrag” vom 01.01.1992 (Anl. K1, Bl. 31 bis 36 d. A.) zugrunde, der auszugsweise bestimmt:

„…

I. Allgemeines

§ 1 Dienstverhältnis

Herr Sch. steht seit dem 01.07.1978 im Dienste der Bank … Er erhält im Versorgungsfall Versorgungsbezüge nach Maßgabe dieses Vertrages.

II. Aktivitätsbezüge

§ 4 Höhe

(1)

(2)

Während einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit gewährt die Bank Herrn Sch. seine Gehaltsbezüge entsprechend den für die bayerische Staatsbeamten geltenden Regelungen fort. Bei fortdauernder Krankheit kann Herr Sch. entsprechend den jeweils für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen in den Ruhestand versetzt werden. Die Versetzung in den Ruhestand erfolgt jeweils zum Ende des Monats, in welchem die andauernde Dienstunfähigkeit festgestellt wird, frühestens jedoch mit Ablauf des 182. Kalendertages nach Krankheitsbeginn. Vom Beginn der Ruhestandsversetzung an erhält Herr Sch. Versorgungsbezüge nach § 6 Absatz 1. Nach Beendigung der Dienstunfähigkeit erfolgt eine erneute Berufung ins aktive Dienstverhältnis.

III. Versorgungsbezüge

§ 6 Höhe

(1)

Die Bank verpflichtet sich, Herrn Sch. im Versorgungsfall (§ 4 Abs. (2), § 9 und § 10 Abs. (2) a) bis c) ein Ruhegehalt zu gewähren, das nach den jeweils für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften berechnet wird. Versorgungsfähiger Bezug ist das Grundgehalt gemäß § 4 Abs. (1) Satz 1. Zulagen sind nur dann versorgungsfähig, wenn diese ausdrücklich als versorgungsfähig bezeichnet sind. Im Fall einer Änderung der Bezüge ist die im Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls vereinbarte Gruppe und Stufe maßgebend.

IV. Vertragsbeendigung

§ 9 Eintritt in den Ruhestand

Wenn Herr Sch. während der Laufzeit dieses Vertrages das 65. Lebensjahr vollendet, tritt er – unbeschadet der Rechte nach Art. 56 Abs. 3 BayBG – unter Beendigung des Dienstverhältnisses mit Ablauf des Monats, in dem er die Altersgrenze erreicht hat, in den Ruhestand.

§ 10 Vertragskündigung

(1) Herr Sch. kann diesen Vertrag mit 3monatiger Frist zum Quartalsschluß kündigen. In diesem Falle erlöschen die Ansprüche von Herrn Sch. und seiner Hinterbliebenen nach §§ 6, 7 und 11 mit Beendigung dieses Vertrages. Für die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gelten die gesetzlichen Vorschriften.

(2) Die Bank kann diesen Vertrag mit der Folge der Vertragsbeendigung oder Ruhestandsversetzung nur aus folgenden Gründen und nur unter Beachtung folgender Regelungen kündigen:

  1. aus wichtigem Grund:

    aa) Wenn der wichtige Grund in einem grobschuldhaften Verhalten von Herrn Sch. liegt, kann die Bank diesen Vertrag frist- und entschädigungslos kündigen.

    bb) Wenn der wichtige Grund nicht in einem grobschuldhaften Verhalten von Herrn Sch. liegt, kann die Bank Herrn Sch. durch Kündigung mit 3monatiger Frist zum Quartalsschluß in den Ruhestand versetzen.

  2. wegen organisatorischer Veränderungen:

    Bei einer Eingliederung der Bank in eine andere juristische Person, bei Zusammenschluß der Bank mit einer anderen juristischen Person oder bei einer anderen wesentlichen organisatorischen Veränderung der Bank kann die Bank Herrn Sch. durch Kün...

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