Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltskosten. Erstattungsanspruch. Anspruch einer Gewerkschaft auf Erstattung von Anwaltskosten für die Durchführung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Gewerkschaft hat nach Durchführung eines arbeitsgerichtlicher! Beschlussverfahrens gegen einen Arbeitgeber weder aus § 40 BetrVG noch aus dem Gesichtspunkt der positiver. Vertragsverletzung einen Erstattungsanspruch für Rechtsanwaltskosten, da weder § 40 BetrVG analog verwendbar ist, noch zwischen der Gewerkschaft und dem Arbeitgeber, in dessen Betrieb die Gewerkschaft vertreten ist, ein gesetzliches Schuldverhältnis besteht.

 

Verfahrensgang

ArbG Passau (Beschluss vom 05.12.2000; Aktenzeichen 4 BV 12/00)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes Passau vom 5.12.2000 – 4 BV 12/00 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beteiligten zu 2) zur Zahlung von Rechtsanwaltskosten.

Die Beteiligten zu 1) haben die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren 3 BV 8/98 vor dem Arbeitsgericht Passau vertreten. Streitgegenstand war das Zugangsrecht eines Beauftragten der Gewerkschaft HBV zum Betrieb der Beteiligten zu 2). Die Gewerkschaft HBV hat in diesem Beschlussverfahren obsiegt.

Nach Beendigung des Beschlussverfahrens haben die Beteiligten zu 1) der Beteiligten zu 2) die Rechtsanwaltskosten in Höhe von DM 1.837,25, die durch die Beauftragung mit der Prozessführung durch die Gewerkschaft HBV im Verfahren 3 BV 8/98 Arbeitsgericht Passau entstanden sind, in Rechnung gestellt unter Hinweis darauf, dass die Gewerkschaft HBV einen Kostenerstattungsanspruch habe, den sie an die Beteiligten zu 1) abgetreten habe. Die Beteiligte zu 2) hat die Zahlung dieser Rechtsanwaltskosten abgelehnt mit der Begründung, eine Rechtsgrundlage für das Zahlungsbegehren bestehe nicht; es sei weder ein prozessualer noch ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch der Gewerkschaft HBV gegeben. Die Beteiligten zu 1) verlangen im vorliegenden Beschlussverfahren von der Beteiligten zu 2) die Zahlung dieser Anwaltsgebühren.

Die Beteiligten zu 1) haben beantragt:

  1. Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, an die Beteiligten zu 1) DM 1.837,25 nebst 9,42 % Zinsen hieraus seit dem 19.10.2000 zu zahlen.
  2. Für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1):

    Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, an die Beteiligten zu 1) weitere DM 440,80 nebst 9,42 % Zinsen hieraus seit dem 19.10.2000 zu zahlen.

hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 2) die Kosten der Beteiligten zu 1) für dieses Beschlussverfahren zu tragen hat.

Das Arbeitsgericht Passau hat durch Beschluss vom 5.12.2000 die Anträge abgewiesen.

Die Beteiligten zu 1) haben gegen diesen Beschluss, der ihnen am 11.1.2001 zugestellt wurde, am 12.2.2001 Beschwerde eingelegt und sie gleichzeitig begründet.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes Passau vom 5.12.2000 ist zulässig, aber unbegründet. Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, denen sich das Beschwerdegericht anschließt, wird gemäß §§ 64 Abs. 6, 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen (zur Anwendbarkeit des § 543 ZPO auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren siehe BAG AP Nr. 2 zu § 92 ArbGG 1979). Die in der Beschwerde vorgebrachten Einwände sind bereits zutreffend vom Arbeitsgericht gewürdigt worden; sie sind nicht geeignet, im Ergebnis und in der Begründung zu einer anderen, hiervon abweichenden rechtlichen Beurteilung zu führen.

Ergänzend ist noch folgendes auszuführen:

  1. Die Anträge der Beteiligten zu 1) könnten nur dann Erfolg haben, wenn der Gewerkschaft HBV gegen die Beteiligte zu 2) im Zusammenhang mit der Führung des Beschlussverfahrens 3 BV 8/98 Arbeitsgericht Passau ein prozessualer oder ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch zustehen würde; denn nur dann wäre eine wirksame Abtretung an die Beteiligten zu 1) möglich.
  2. Es besteht aber weder ein prozessualer noch ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch.

Das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren ist gemäß § 12 Abs. 5 ArbGG gerichtskostenfrei ausgestaltet und kennt keine Kostenentscheidung; eine entsprechende Anwendung der §§ 91 ff ZPO ist ausgeschlossen (nahezu einhellige Ansicht, vgl. BAG AP Nr. 9 zu § 92 ArbGG 1953; Germelmann u. a. § 12a ArbGG Rz. 2; § 84 ArbGG Rz. 29 f).

Es besteht aber auch kein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch zu Gunsten der Gewerkschaft HBV.

a) Ein materieller Kostenerstattungsanspruch ist zum Beispiel in § 40 BetrVG geregelt, diese Bestimmung gilt aber bereits nach ihrem Wortlaut nur im Verhältnis zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, und kann nicht – wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat – analog auf das Verhältnis Gewerkschaft – Arbeitgeber angewandt werden.

Analogie ist die Übertragung der für einen oder mehrere bestimmte Tatbestände im Gesetz...

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