Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung. Auslegung einer Rückkehrklausel in einem Geschäftsführervertrag. Wiederaufleben des Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Vereinbarung, nach der das Arbeitsverhältnis nach der Abberufung als Geschäftsführer wiederaufleben soll und in der ein Rückkehrrecht auf die bisherige Stelle zugesichert wird, schließt eine betriebsbedingte Kündigung des wiederbelebten Arbeitsverhältnisses grundsätzlich nicht aus. Die Kündigung ist nicht von einer vorherigen tatsächlichen Beschäftigung abhängig.

2. Die eine betriebsbedingte Kündigung auslösnde unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers ist nicht allein deshalb als missbräuchlich anzusehen, weil ihr ggf. nicht ausschließlich wirtschaftliche Erwägungen zu Grunde liegen. Dass Streitigkeiten mit dem Arbeitnehmer vorausgegangen sind, lässt eine unternehmerische Entscheidung noch nicht als missbräuchlich erscheinen.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2; BGB §§ 133, 157; KSchG § 1 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Rostock (Urteil vom 18.01.2010; Aktenzeichen 5 Ca 1724/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.12.2012; Aktenzeichen 2 AZR 867/11)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 18.01.2010 – 5 Ca 1724/08 – abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 21.10.2008 nicht zum 31.12.2008 aufgelöst worden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde trägt die Klägerin zu 1/3, die Beklagte zu 2/3.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten und einer betriebsbedingten Kündigung.

Die Beklagte ist ein kommunaler Versorgungsträger, der etwa 100 Arbeitnehmer beschäftigt. Sie stellte die am 02.08.1970 geborene Klägerin zum 01.08.2003 als außertarifliche Angestellte für die Leitung der Abteilung Kaufmännische Dienste ein. Die Klägerin verfügt über einen Hochschulabschluss als Diplom-Kauffrau mit der Spezialisierung Rechnungswesen/Controlling und betriebliche Steuerlehre. Sie ist verheiratet und zwei Kindern gegenüber unterhaltspflichtig.

Mit der dem Arbeitsvertrag vom 31.07.2003 beigefügten Stellenbeschreibung übertrug die Beklagte der Klägerin die folgenden Aufgaben:

„…

Aufgaben

  • Verantwortlich für die Personalführung in der Abteilung Kaufmännische Dienste
  • Anleitung und Weiterbildung der Mitarbeiter entsprechend den aktuellen Anforderungen und Entwicklungen, insbes. in der Versorgungswirtschaft
  • Gestalten und Weiterentwickeln von strategischen Grundsätzen, Konzeptionen und Methoden des Unternehmens im Verantwortungsbereich in Abstimmung mit der Geschäftsführung
  • Optimierung der Arbeitsabläufe im Verantwortungsbereich
  • Organisation, Koordination und Kontrolle des Arbeitsablaufes zur Sicherung einer termin- und anforderungsgerechten sowie ordnungsgemäßen Buchführung unter Beachtung der aktuellen und der spezifischen Anforderungen in der Versorgungswirtschaft
  • Konsequente Umsetzung der aktuellen Anforderungen des Handels-, Steuer- und Energiewirtschaftsrechts im Verantwortungsbereich
  • Sicherstellung des termin- und anforderungsgerechten Erstellen der Bilanzen und Jahresabschlüsse, der Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Monatsauswertungen und Berichterstattungen
  • Organisation und Durchsetzung eines effizienten Controlling im Unternehmen
  • Abstimmung und Lösung von übergreifenden Fragen und Aufgaben mit anderen Fachabteilungen
  • Bearbeiten von Fragen der Wirtschaftsprüfungen und Prüfungen durch Finanzbehörden
  • Durchsetzung eines effizienten Forderungsmanagements im Verantwortungsbereich in Abstimmung mit der Abteilung Kunden und Märkte

…”

Im Zusammenhang mit dem vorgesehenen Wechsel der Klägerin in die Geschäftsführung fasste der Aufsichtsrat der Beklagten am 13.12.2004 den folgenden Beschluss:

„…

Hierbei sollte nach 3-jähriger Tätigkeit dem neuberufenen Geschäftsführer sicher gestellt werden, dass bei eventueller Abberufung die vorherige Funktion sowie das Arbeitsrechtsverhältnis zur Weiterbeschäftigung vertraglich gesichert wird.

…”

Der Aufsichtsrat berief die Klägerin am 23.05.2005 zur Geschäftsführerin. Die Parteien schlossen daraufhin am 31.05.2005 einen Dienstvertrag, in dem es u. a. heißt:

„…

§ 1

Tätigkeit und Aufgabenbereich

(1) Frau A. wird mit Wirkung vom 1. Juni 2005 als Geschäftsführerin der Gesellschaft angestellt.

(2) Innerhalb der Geschäftsführung übernimmt Frau A. den Kaufmännischen Bereich.

§ 2

Vertragsdauer

Der Anstellungsvertrag ist bis zum 31. Mai 2008 befristet. Er verlängert sich jeweils um fünf Jahre, es sei denn eine der Vertragsparteien kündigt drei Monate vor Auslaufen des Anstellungsvertrages schriftlich an, dass eine Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses nicht gewollt ist. Das Recht zur fristlosen Kündigung bleibt unberührt.

Das zwischen der Gesellschaft und Frau A. bestehende Arbeitsverhältnis ruht für die Laufzeit des Geschäftsführervertrages. Sofern ...

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