Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrags. Anspruch auf Rückzahlung der im Aufhebungsvertrag vereinbarten Vertragsabstandssumme. Sittenwidrigkeit. Vertragsspielervertrag mit minderjährigem Fußballspieler. Zustimmung des Vormundschaftsgerichts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein im Vergleichswege abgeschlossener Aufhebungsvertrag kann nach § 779 BGB unwirksam sein, wenn der Regelungsplan des Vertrages auf gemeinsamen Annahmen beruht, die sich später als falsch herausstellen. Geht der Aufhebungsvertrag auf eine zuvor ausgesprochene Kündigung und Anfechtung des Arbeitsvertrages zurück, und ist im Rahmen der Kündigung und Anfechtung auch von Sittenwidrigkeit und unwirksamen Vertragsregelungen die Rede gewesen, gehört die Verbindlichkeit des Vertrages bis zum Zeitpunkt der Kündigung und Anfechtung nicht zu der unstreitigen Grundlage für den Vergleichsabschluss.

2. Eltern, die ihrem Kind gestatten, einen Vertragsspielervertrag als jugendliche Fußballer abzuschließen, der das Kind auch nach Erreichen der Volljährigkeit noch mehr als 1 Jahr bindet, bedürfen dafür nicht der Zustimmung des Vormundschaftsgerichts nach §§ 1643, 1822 BGB. Denn ein solcher Vertrag fällt unter § 1822 Nr. 7 BGB und diese Vorschrift geht als lex specialis § 1822 Nr. 5 BGB vor (ebenso Schlachter, Minderjährigenschutz bei langfristigen Arbeitsverträgen im Berufssport, FmRZ 2006, 155, 157). § 1643 BGB, der regelt, wann Eltern für Rechtsgeschäfte ihrer Kinder der Zustimmung des Vormundschaftsgerichts bedürfen, verweist aber nicht auf § 1822 Nr. 7 BGB.

3. Mögliche Verstöße des Fußballvereins gegen die Regeln des Jugendarbeitsschutzgesetzes bei der Durchführung des Vertragsspielervertrages berühren nicht die Wirksamkeit des Vertrages selbst.

4. Die Vereinbarung einer Abstandszahlung als Vorbedingung des Arbeitgebers für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu einem ordentlich nicht kündbaren Vertragsspielervertrag mit mehrjähriger Bindungsdauer ist nicht in jedem Falle sittenwidrig im Sinne von § 138 BGB. Denn solange sich die Zahlung als pauschalierte Schadensersatzzahlung noch in dem Rahmen bewegt, der durch § 23 BBiG aufgezeigt wird, verstößt es nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen, wenn man in einem ausbildungsähnlichenVertragsverhältnis die Nachteile der vorzeitigen Trennung für den Arbeitgeber mit in Rechnung stellt. Maßgeblich sind insoweit die Aufwendungen, die der Arbeitgeber tätigen muss, um die entstandene Lücke wieder zu schließen (wie BAG 17. Agust 2000 – 8 AZR 578/99 – AP Nr. 7 zu § 3 BBiG = NZA 2001, 150 = DB 2001, 488 zu einem Fall der direkten Anwendung von § 23 BBiG).

 

Normenkette

BGB § 779 Abs. 1, §§ 1643, 1822 Nrn. 5, 7, § 138 Abs. 1; BBiG 2005 § 23; JArbSchG § 5 Abs. 1

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.04.2013; Aktenzeichen 8 AZR 453/12)

 

Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen einer Zahlungsklage um die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages, der nur dadurch zu Stande gekommen war, dass der hier klagende Arbeitnehmer sich bereit erklärt hatte, seinem damaligen Arbeitgeber eine Abstandssumme für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen.

Der 1991 in H. geborene Kläger schloss sich zum 1. Juli 2005 dem beklagten Verein als Mitglied an, um dort eine Laufbahn als Fußballspieler einzuschlagen. Die Parteien nebst der gesetzlichen Vertreter des Klägers unterzeichneten wenige Monate später am 12. März 2006 einen befristeten Vertragsspielervertrag ohne Kündigungsmöglichkeit mit einer Laufzeit vom 1. Juli 2006 bis zum 30. Juni 2010 und einer einseitigen Verlängerungsoption für den beklagten Verein für ein weiteres Jahr (wegen der weiteren Einzelheiten dieses Vertrages wird auf die als Anlage K 1 überreichte Kopie, hier Blatt 21 ff., Bezug genommen). Mit dem Vertrag war für den Kläger die Übersiedlung nach C-Stadt verbunden und indirekt auch die Aufnahme des Schulbesuches in einer Schule nebst Internat in C-Stadt, mit der der Beklagte bei jungen Spielern wie dem Kläger kooperiert („Internatsfußballer”). Für den Schulbesuch mussten monatlich Schulkosten in Höhe von 170,00 EUR entrichtet werden.

Der Vertragsspielervertrag sieht für den Kläger eine Vergütung in Abhängigkeit von der Dauer der Zusammenarbeit in Höhe von monatlich 150,00 bis 250,00 Euro brutto vor. In Abhängigkeit vom Einsatz des Klägers in Fußballmannschaften des Beklagten besteht Anspruch auf zusätzliche Prämien nach einer Anlage zu diesem Vertrag.

Der Beklagte widmet sich mit beachtlichem Aufwand und Erfolg – letztlich aber auch im eigenen Geschäftsinteresse – systematisch der Ausbildung von talentierten Fußballspielern zu Profifußballern. Der Kläger nahm an diesem Trainings- und Ausbildungsprogramm gleichzeitig mit bis zu 25 anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen parallel zu seinem Schulbesuch teil. Gleichzeitig spielte der Kläger für den Beklagten in der Juniorenbundesliga. Des Weiteren ist er in jene...

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