Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung einer Personalreferentin der Zentralverwaltung bei Betriebsteilübergängen im Bereich der Produktionsstätten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird nicht der gesamte Betrieb, sondern nur ein Betriebsteil übernommen, muss der Arbeitnehmer dem übertragenen Betriebsteil oder Bereich angehören, damit sein Arbeitsverhältnis gemäß § 613a BGB auf den Erwerber übergeht. Es ist stets erforderlich, dass der Arbeitnehmer in den übertragenen Betriebsteil tatsächlich eingegliedert war, sodass es insbesondere nicht ausreicht, dass er Tätigkeiten für den übertragenen Teil verrichtet hat, ohne in dessen Struktur eingebunden gewesen zu sein.

2. Die Arbeitsverhältnisse von Mitarbeitern einer Zentralverwaltung für mehrere Produktionsstätten und weitere Gesellschaften des Unternehmensverbandes sind nicht notwendig von einem Betriebsteilübergang der Produktionsstätten erfasst.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2; BGB § 613a Abs. 1 S. 1, Abs. 4; KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Entscheidung vom 02.02.2017; Aktenzeichen 5 Ca 825/16)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 02.02.2017 - 5 Ca 825/16 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung, insbesondere darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin von einem Betriebsteilübergang erfasst wird.

Die 1976 geborene Klägerin schloss am 22.05.2012 mit der einen Arbeitsvertrag zum 01.06.2012 über eine Vollzeitbeschäftigung als Personalreferentin mit einem Monatsgehalt von zunächst € 4.000,- brutto. Zum 10.02.2014 übertrug die Arbeitgeberin ihr die Aufgaben der Personalleiterin und zahlte ihr zuletzt eine Vergütung von € 6.200,- brutto monatlich. Die Klägerin ist ledig und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet.

Die in W. ansässige betrieb drei Werke, in denen sie Holzpellets und Holzhackschnitzel für Heizungsanlagen produzierte. In W., zugleich Stammsitz des Unternehmens, waren rund 50 Arbeitnehmer in der Produktion beschäftigt. Eine weitere Betriebsstätte befand sich in E. in der Nähe von F. i.B., in der ebenfalls rund 50 Arbeitnehmer tätig waren. Das dritte Werk in H. nahe U. beschäftigte rund 40 Arbeitnehmer. Die zentrale Verwaltung dieser Produktionsstätten sowie weiterer, dem Unternehmensverbund angehöriger Gesellschaften befand sich in W.. In dem Bürogebäude in W. waren zwischen 100 und 130 Mitarbeiter untergebracht, denen insbesondere die Aufgabenbereiche Buchhaltung, Vertrieb, Einkauf, Projektentwicklung, Disposition, Energiemanagement, IT, Versicherung und Reporting oblagen. Hinzu kam die Personalabteilung, die neben der Klägerin aus zwei weiteren Arbeitnehmern bestand. Die Personalabteilung betreute nicht nur die Arbeitnehmer der drei oben genannten Werke, sondern auch die Beschäftigten weiterer verbundener Gesellschaften, nämlich der G. P. S. GmbH in T. mit etwa 30 Arbeitnehmern, der G. P. B. GmbH und der G. H. P. GmbH. In der zentralen Verwaltung waren u. a. in der Buchhaltung rund 10 Arbeitnehmer beschäftigt, im Bereich Vertrieb rund 30 Arbeitnehmer, im Bereich Einkauf (Rohstoff- und technischer Einkauf) 9 Arbeitnehmer, im Bereich Logistik/Logistik International 11 Arbeitnehmer.

Mit Beschluss vom 10.02.2016 bestellte das Amtsgericht Schwerin (Aktenzeichen 580 IN 64/16) die Beklagte zur vorläufigen und mit Beschluss vom 22.02.2016 zur vorläufigen G. P. S. GmbH (Aktenzeichen 580 IN 99/16).

Zum 01.05.2016 eröffnete das Amtsgericht Schwerin das Insolvenzverfahren über das Vermögen der G. P. GmbH, nachdem es bereits zum 01.04.2016 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der G. P. S. GmbH eröffnet hatte. Die zur Insolvenzverwalterin bestellte Beklagte veräußerte mit Kaufvertrag vom 01.05.2016 die Produktionsanlagen und -mittel in W. an die neu gegründete W. P. GmbH. Die Käuferin übernahm zudem das Verwaltungsgebäude einschließlich der Ausstattung (Möbel, Hard- und Software, Telefonanlage). Die Werke in E. und H. verkaufte die Insolvenzverwalterin an die JRS R. & Söhne GmbH & Co. KG.

Die Beklagte stellte mit Schreiben vom 01.05.2016 die Klägerin unwiderruflich von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei und kündigte mit Schreiben vom 12.05.2016, der Klägerin zugegangen am 13.05.2016, das Arbeitsverhältnis aus dringenden betrieblichen Erfordernissen ordentlich zum 31.08.2016. Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer am 02.06.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage gewandt. Im Verlauf des Verfahrens hat sie der W. P. GmbH den Streit verkündet.

Die veräußerten Werke gingen zum 01.07.2016 auf die neuen Inhaber über. Die W. P. GmbH stellte nach und nach die folgenden Mitarbeiter aus der früheren Zentralverwaltung neu ein:

Früherer Verwaltungsbereich

Anzahl

Name

Neuer Aufgabenbereich

Buchhaltung

2

Frau S.

Herrn J.

Buchhaltung, Accounting, Verkauf Teamleiter Buchhaltung, Accounting, Personal

Vertrieb

2

Herrn H.

Frau M.

Leiter Verkauf, ...

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