Rechtsmittel zugelassen

 

Leitsatz (amtlich)

Begriff „grob fehlerhaft” i.S.d. § 1 Abs. 5 KSchG

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 20.11.1997; Aktenzeichen 14 Ca 6373/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.01.1999; Aktenzeichen 2 AZR 624/98)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.11.1997 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die 35 Jahre alte Klägerin, verheiratet, ohne Kinder, ist ausgebildete Rechtsanwaltsgehilfin und bei der Beklagten seit dem 01.10.1992 als Kreditverwalterin tätig. Die Beklagte kündigte das Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin am 23.06.1997 mit Wirkung zum 30.09.1997 aufgrund eines Strategie- und Planungskonzepts, durch das die Abteilung „Produktionsbereich Passiv/Dienstleistung” und „Produktionsbereich Aktiv” zusammengefaßt wurden. Zuvor hatten der bei der Beklagten gebildete Betriebsrat und die Beklagte einen Interessenausgleich und Sozialplan über die Reorganisationsmaßnahme und den Personalabbau abgeschlossen. Die Klägerin ist unter Ziffer 3 der Interessenausgleichsvereinbarung vom 16.06.1997 namentlich in der Auflistung der reorganisationsbedingt zu kündigenden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen genannt.

Zur Frage der Sozialauswahl hat die Klägerin darauf verwiesen, daß ihr Ehemann arbeitslos ist, während die Beklagte eine Mitarbeiterin V, die über die gleiche Ausbildung verfügt wie sie selbst, weiterbeschäftige. Diese sei zwar ebenso lange tätig wie sie, aber erst 25 Jahre alt ,und ihr Ehemann verfüge über ein eigenes Einkommens aus Berufstätigkeit. Außerdem hat die Klägerin auf den erst seit 2,5 Jahren beschäftigten Mitarbeiter K verwiesen, der 28 Jahre alt und dessen Ehefrau berufstätig ist.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 23.06.1997 zum 30.09.1997 beendet worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht;
  2. die Beklagte wird verurteilt, sie bis zum rechtskräftigen Abschluß dieses Rechtsstreites zu unveränderten Bedingungen wie bisher gegen ein monatliches Entgelt in Höhe von 5.312,– DM weiterhin als Sachbearbeiterin zu beschäftigen;
  3. das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, welche 2,5 Monatsgehälter nicht unterschreiten sollte, aufzulösen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Zum Mitarbeiter K verweist sie darauf, daß dieser nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann als Kreditsachbearbeiter auf einer anderen hierarchischen Ebene arbeite als die Klägerin und in der Tarifgruppe VIII eingruppiert sei, während die Klägerin Vergütung nur nach der Tarifgruppe VII erhalte. Die Sozialdaten der Klägerin und von Frau V seien im wesentlichen gleich, Frau V besuche darüber hinaus eine Abendschule, um sich über ihre vorhandenen Kenntnisse in der Kreditverwaltung hinaus zur geprüften Bankkauffrau weiterbilden zu lassen.

Das Arbeitsgericht hat nach dem Antrag der Beklagten erkannt. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 35 – 37 d.A. verwiesen.

Gegen dieses am 23.12.1997 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.01.1998 Berufung eingelegt und diese am 06.02.1998 begründet.

Sie meint, das Arbeitsgericht habe die Auswahlkriterien hinsichtlich der vergleichbaren sozialen Schutzbedürftigkeit zwischen der Klägerin und ihren Kollegen bzw. Kolleginnen falsch bzw. nicht angewandt. Würde man der Ansicht des Arbeitsgerichts folgen, dann gäbe es eine Sozialauswahl de facto überhaupt nicht mehr. Der Ehemann der vergleichbaren Kollegin Frau V habe eine gutverdienende Stellung inne, während die Klägerin ihren Ehemann seit langem mit unterhalten müsse, weil er arbeitslos sei und offenbar auch keine Chancen mehr habe, dieses Dilemma zu beenden. Frau V habe ebenfalls auf der Kündigungsliste gestanden, und sie sei dann nach einem einladenden Gespräch mit dem Hinweis auf ihre anzustrebende Zusatzqualifikation wieder herausgenommen worden.

Auch sei das von der Klägerin erworbene Finanzierungsdiplom mit einem Bankkaufmann mindestens gleichzusetzen. Den Kollegen K habe sie selbst eingearbeitet.

Die Klägerin beantragt,

das angegriffene Urteil aufzuheben und nach den erstinstanzlichen Anträgen der Klägerin zu erkennen, wie sie sich aus dem Tatbestand des angegriffenen Urteils ergeben.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.

Sie verweist darauf, daß vor Ausspruch der Kündigung das in § 1 Abs. 5 S. 1 KSchG vorgesehene Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden und die Klägerin namentlich in der Betriebsvereinbarung vom 16.06.1997 benannt worden sei, so daß eine gesetzliche Vermutung dafür bestehe, daß die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt war. Die Sozialauswahl sei nicht grob fehlerhaft vorgenommen worden:

Die von der Klägerin wahrgenommene Tätigkeit sei auf der untersten Stufe der Kreditabteilung anzusiedeln gewesen, die Klägerin sei effektiv zu hoch eingruppiert gewesen. Dies führe nicht zu einer Anerkennung der Gleichwertigkeit des Finanzierungsdi...

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