Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung der Eigenkündigung durch Arbeitnehmer. Parteivernehmung

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen einer Parteivernehmung von Amts wegen

 

Normenkette

BGB § 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1; ZPO §§ 447-448

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 07.02.2008; Aktenzeichen 17 Ca 8675/07)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.02.2008 – 17 Ca 8675/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, insbesondere die Wirksamkeit einer Kündigung des Klägers.

Der am 14.05.1949 geborene Kläger war seit dem 16.06.1999 bei der Beklagten, die eine Spedition betreibt und ausschließlich Transportarbeiten für die Firma R. ausführt, als Fahrer beschäftigt. Im Zusammenhang mit einer Auslieferungsfahrt vom 28.09.2007 beschwerte sich eine Mitarbeiterin des R. Marktes in Düsseldorf über den Kläger wegen sexueller Belästigung. Die Beklagte erfuhr davon am 02.10.2007. Danach fand zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten in Anwesenheit von dessen Ehefrau, der Zeugin U., ein Gespräch statt. Dabei unterzeichnete der Kläger ein von der Beklagten vorgefertigtes auf den 28.09.2007 rückdatiertes Schreiben, wonach der Kläger sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten „fristgerecht zum 13.10.2007” kündigt. Mit Schreiben vom 12.10.2007 erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegenüber der Beklagten die Anfechtung der Eigenkündigung wegen arglistiger Täuschung und Irrtums. Mangels Sprachkenntnisse habe er das Schreiben nicht lesen können, ihm sei mitgeteilt worden, dass die Unterzeichnung für eine innerbetriebliche Umorganisation notwendig sei, er habe nicht gewusst, dass es sich um eine Kündigungserklärung gehandelt habe. Mit Schreiben vom 16.10. kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 30.11.2007. Das Arbeitsgericht hat die auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und Weiterbeschäftigung gerichtete Klage des Klägers abgewiesen. Auf das Urteil (Bl. 59 – 66 d. A.) wird verwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, der weiter der Auffassung ist, die Eigenkündigung vom 28.09. sei wegen arglistiger Täuschung der Beklagten wirksam angefochten. Er behauptet weiter, das Personalgespräch habe am 11.10. stattgefunden, von der Beschwerde einer R.-Mitarbeiterin sei keine Rede gewesen, die Beschwerde treffe auch nicht zu. Die Beklagte habe sich auf diese Weise von ihm als teuersten und ältesten Mitarbeiter entledigen wollen. Das Arbeitsgericht hätte die von beiden Parteien angebotenen Beweise erheben müssen. In diesem Zusammenhang sei von erheblicher Bedeutung, welchen Wahrheitsgehalt das Schreiben der R.-Mitarbeiterin gehabt habe. Auch der Kläger sei in der ersten Instanz als Zeuge in eigener Sache nicht gehört worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil abzuändern und nach seinen erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Befragen des Gerichts erklärt, er biete Beweis für seinen Sachvortrag bezüglich des Gesprächs, das zur Unterzeichnung der Eigenkündigung vom 28.09.2007 geführt habe, durch Vernehmung von ihm selbst als Partei an. Die Beklagte hat der Parteivernehmung des Klägers widersprochen. Das Berufungsgericht hat den Parteien nach Beratung mitgeteilt, dass eine Parteivernehmung des Klägers von Amts wegen nicht in Betracht kommt. Der persönlich geladene Kläger erschien erst nach Terminsende der mündlichen Verhandlung.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig, in der Sache hat sie keinen Erfolg.

1. Das Arbeitsgericht hat die als Feststellungsklage auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, insbesondere der Nichtbeendigung durch die Kündigungserklärung des Klägers vom 28.09.2007 und Weiterbeschäftigung gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der Kündigung des Klägers mit Schreiben vom 28.09.2007 zum 13.10.2007 geendet.

2. Der Kläger hat mit dem von ihm unterzeichneten Schreiben, datiert auf den 28.09.2007, unzweifelhaft sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten gekündigt („betrifft: Kündigung des Arbeitsverhältnisses”; „Hiermit kündige ich das Arbeitsverhältnis bei der Firma U. fristgerecht zum 13.10.2007”). Die Kündigungserklärung ist als einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung mit Zugang an den Erklärungsempfänger (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB), also mit Übergabe des Kündigungsschreibens an die Beklagte bzw. deren Geschäftsführer wirksam geworden.

3. Zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Kündigungserklärung des Klägers nicht gemäß § 142 Abs. 1 BGB nichtig ist.

a. Selbs...

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