Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der sachgrundlosen Befristung eines Arbeitsvertrages

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtfertigt sich aus sozialen Gesichtspunkten i.S. von § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG, wenn die Einstellung des Arbeitnehmers nur im Rahmen einer Initiative zur Inklusion schwerbehinderter Akademiker außerhalb des Stellenplans erfolgt, ohne dass es tatsächlich einen entsprechenden Personalbedarf gegeben hat.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Entscheidung vom 16.09.2015; Aktenzeichen 5 Ca 867/15)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 16.09.2015 - 5 Ca 867/15 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich der Revision - trägt der Kläger.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 31. März 2015 geendet hat.

Der Kläger, der mit einem Grad der Behinderung von 60 als schwerbehinderter Mensch anerkannt ist, war vom 1. September 2001 bis zum 20. Juni 2004 bei der beklagten B D in dem beim Bu ressortierenden Bun mit Sitz in K tätig. Die Beklagte stellte ihn auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 21. März 2013 erneut befristet für den Zeitraum vom 1. April 2013 bis zum 31. März 2015 ein. Im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses war der Kläger als Sachbearbeiter im Geschäftsbereich der Beauftragten der Bund am Dienstort B beschäftigt. Der befristeten Einstellung im Jahr 2013 ging eine Initiative der Z (Z ) zur Inklusion schwerbehinderter Akademikerinnen und Akademiker voraus, zu deren Unterstützung sich die Beauftragte der Bund bereit erklärt hatte.

Mit seiner am 14. April 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 17. April 2015 zugestellten Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung zum 31. März 2015 geltend gemacht und seine Weiterbeschäftigung als Sachbearbeiter verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag vom 21. März 2013 sei nicht wirksam zum 31. März 2015 befristet worden. Die Befristung sei wegen seiner Vorbeschäftigung bei der Beklagten nicht ohne Sachgrund gerechtfertigt. Ein Sachgrund iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG liege nicht vor.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund des befristeten Arbeitsvertrags vom 21. März 2013 mit Ablauf des 31. März 2015 geendet hat, sondern darüber hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,
  2. die Beklagte zu verurteilen, ihn als Sachbearbeiter weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den Standpunkt eingenommen, die Befristung sei ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 TzBfG wirksam. Das frühere Arbeitsverhältnis stehe einer weiteren sachgrundlosen Befristung nicht entgegen, da das Ende des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses bei der erneuten Einstellung länger als drei Jahre zurückgelegen habe. Diese Rechtsauffassung habe bei Abschluss des Arbeitsvertrags mit dem Kläger im März 2013 im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gestanden. Sie habe den Arbeitsvertrag mit dem Kläger im Vertrauen auf diese Rechtsprechung abgeschlossen. Eine mögliche Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung dürfe in einem solchen Fall keine Berücksichtigung finden. Die Befristung sei jedenfalls nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG sachlich gerechtfertigt, weil sie aus sozialen Gründen erfolgt sei. Die vorübergehende Einstellung des Klägers sei - ohne entsprechenden Personalbedarf und außerhalb des Stellenplans - nur aufgrund der Initiative zur Inklusion schwerbehinderter Akademikerinnen und Akademiker erfolgt und stelle eine reine Fördermaßnahme in Form einer berufspraktischen Qualifikation zugunsten des Klägers dar. Dem Kläger habe im Rahmen einer zweijährigen Befristung ein Zugang zum ersten Arbeitsmarkt ermöglicht werden sollen, wobei in der zweiten Hälfte der Beschäftigung eine Unterstützung zur weiteren Stellensuche erfolgt sei. Eine Anschlussbeschäftigung sei von vornherein ausgeschlossen gewesen, auch weil der Kläger nicht über den für eine Dauerbeschäftigung erforderlichen Bildungsabschluss verfüge. Die Berufung des Klägers auf die Unwirksamkeit der Befristung sei vor dem Hintergrund seiner Kenntnis von diesen Umständen auch rechtsmissbräuchlich.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat die Befristung ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 TzBfG für wirksam gehalten. Es hat - weitgehend unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts - im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in den Entscheidungen vom 6. April 2011 (7 AZR 716/09) und vom 21. September 2011 (7 AZR 375/10) angenommen, die länger als drei Jahre zurückliegende Vorbeschäftigung stehe der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht entgegen. Die Revision des Klägers war erfolgreich. Sie führte zur Aufhebung der angefochtenen ...

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