Entscheidungsstichwort (Thema)

Einsatz von Leiharbeitnehmern

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vermutungswirkung für einen betriebsbedingten Kündigungsgrund nach § 1 Abs. 5 KSchG kann widerlegt werden, wenn nachgewiesen wird, dass Arbeitnehmer auf Stammarbeitsplätzen durch Leiharbeitnehmer ersetzt werden sollen.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 18.02.2009; Aktenzeichen 3 Ca 3997/07)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.02.2009 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer betriebsbedingten Kündigung des Klägers.

Der am 30.10.1963 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltspflichtige Kläger war bei der Beklagten seit dem 24.06.1985 als Abfahrer tätig. Sein monatlicher Verdienst betrug zuletzt rund 2.800,00 EUR brutto.

Die Beklagte, in deren Papierproduktionsbetrieb der Kläger arbeitete, beabsichtigte aus wirtschaftlichen Gründen ihren Arbeitnehmerbestand auf 999 Arbeitnehmer zu reduzieren.

Aus diesem Grund wurde ein Interessenausgleich (Bl. 12 ff. d. A.) mit einer Namensliste (Bl. 31 d. A.) der zu kündigenden Arbeitnehmer mit dem bei der Beklagten amtierenden Betriebsrat beschlossen. Für die zu kündigenden Arbeitnehmer galt ein Sozialplan (Bl. 22 ff. d. A.), der im Fall des Klägers zu einer Sozialplanabfindung von ca. 33.000,00 EUR führte.

Auf der Namensliste der zu kündigenden Arbeitnehmer war auch der Kläger verzeichnet.

Nach Anhörung des Betriebsrates vom 25.04.2007 (Bl. 32 f. d. A.) und der Zustimmung des Betriebsrates am 30.04.2007 (Bl. 35 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers durch Kündigungsschreiben vom 30.04.2007 zum 31.10.2007 (Bl. 3 d. A.).

Ab dem 30.04.2007 wurde der Kläger von der Arbeitsleistung freigestellt.

Die Kündigungs- und Weiterbeschäftigungsklage hat das Arbeitsgericht durch Urteil vom 18.02.2009 abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auch innerhalb der verlängerten Frist begründete Berufung des Klägers.

Der Kläger bestreitet, dass ein ausreichender betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliege. Die Vermutungswirkung, die von der Namensliste ausgehe, sei widerlegt. Denn in der Abteilung des Klägers seien zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung zahlreiche Leiharbeitnehmer beschäftigt gewesen. Auch nach Ausspruch der Kündigung und nach Ablauf der Kündigungsfrist seien bis in das Jahr 2009 hinein zahlreiche Leiharbeitnehmer beschäftigt gewesen. Das Beschäftigungsbedürfnis für den Kläger sei zum Zeitpunkt der Kündigung nicht entfallen gewesen. Dies werde durch den ständig fortgeführten Leiharbeitnehmereinsatz offensichtlich.

Zudem sei die Sozialauswahl zu beanstanden. Der Kläger sei trotz seiner mehr als 20jährigen Betriebszugehörigkeit gekündigt worden, während andere Mitarbeiter, die nur halb so lang oder noch kürzer beschäftigt gewesen seien, nicht gekündigt worden seien. Bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit habe die Beklagte nicht auf die unterschiedlichen Lohngruppen abstellen dürfen, zumal die monetären Unterschiede zwischen den Lohngruppen recht gering seien.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 18.02.2009

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 30.04.2007 nicht aufgelöst worden sei,
  2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bei Obsiegen hinsichtlich des Antrages zu 1) zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte bringt vor, der Kläger habe es nicht vermocht, die Vermutungswirkung der Namensliste zu widerlegen. Unrichtig sei die Behauptung der Klägerseite, bei der Beklagten seien ständig auch nach Ausspruch der Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist Leiharbeitnehmer beschäftigt worden. Ende Februar 2007 hätten die letzten Leiharbeitnehmer das Werk verlassen. Ein erneuter Einsatz von Leiharbeitnehmern sei erst temporär zu Urlaubsvertretungszwecken ab Mai 2007 erfolgt. Auch die soziale Auswahl könne nicht beanstandet werden. Zutreffend habe die Beklagte sich bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit an den Unterschiedlichen Lohngruppen orientiert und nur diejenigen Arbeitnehmer für vergleichbar gehalten, die jeweils derselben Lohngruppe zugeordnet seien.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben über den Einsatz von Leiharbeitnehmern ab November 2007 durch Vernehmung der Zeugen W., K., M., K., D. und R.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll der Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 25.01.2010 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht eingelegt und nach Verlängerun...

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