Rechtsmittel zugelassen

 

Leitsatz (amtlich)

Der (Kündigungs-)Druck von Mitarbeitern ist kein Kündigungsgrund i.S. von § 55 BAT („Unkündbare Angestellte”)

 

Normenkette

BAT § 55

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Urteil vom 17.12.1993; Aktenzeichen 6d Ca 682/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 31.01.1996; Aktenzeichen 2 AZR 158/95)

 

Tenor

Die weitergehende Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 17.12.1993 – 6d Ca 682/93 – wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß die Feststellung des Arbeitsgerichts entfällt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien zu den bisherigen Bedingungen fortbesteht.

Die Kosten beider Instanzen trägt die Beklagte zu 3/5, die Klägerin zu 2/5.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, geboren am 17.04.1948, war aufgrund schriftlichen (BAT-) Arbeitsvertrages vom 21.05.1969 (Bl. 5 d.A.) seit dem 01.07.1969 Angestellte in einem Kindergarten der Beklagten (Gemeinde), ab 01.01.1978 dessen Leiterin gegen Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT (zuletzt fünf Gruppenleiterinnen und weiteres Personal).

Mit Schreiben vom 28.06.1992 (richtig: 1993) hat die Beklagte der Klägerin zum 31.12.1993 gekündigt und ihr zugleich angeboten, ab 01.01.1994 als Gruppenleiterin im Kindergarten tätig zu werden gegen Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV b BAT (Bl. 6 d.A.). Die Klägerin hat am 09.07.1993 gegen die Kündigung Klage erhoben und das Angebot der Beklagten unter Vorbehalt angenommen. Sie hat sich auf das Kündigungsschutzgesetz berufen sowie auf § 55 Abs. 3 BAT („Unkündbarkeit”) und ferner geltend gemacht, die Rechte der Personalvertretung seien nicht gewahrt worden, die politischen Organe nicht in Kenntnis gesetzt worden und der Elternausschuß nicht gehört worden.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, daß die Änderungskündigung der Beklagten vom 28.06.1992, der Klägerin persönlich am 28.06.1993 ausgehändigt, unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien zu den bisherigen Bedingungen unverändert fortbesteht;
  2. im Falle des Obsiegens möge das Gericht des weiteren urteilen, daß die Klägerin zu den bisherigen Bedingungen als Leiterin des Kindergartens in … weiter von der Beklagten zu beschäftigen ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht:

Die Kündigung sei unter dem Gesichtspunkt der Druckkündigung gerechtfertigt. Das Personal des Kindergartens habe eine Änderung der Besetzung der Leitung des Kindergartens gefordert und erklärt, mit der Klägerin nicht weiter zusammenzuarbeiten; wenn keine Änderung der Verhältnisse erfolge, werde man kündigen. Ein Teil der Kindergärtnerinnen habe die Kündigungsandrohung sogar in die Tat umgesetzt. Auch die Elternschaft habe vehement die Abberufung der Klägerin von der Position der Kindergartenleitung gefordert. Selbst die zuständige Heimaufsichtsbehörde habe erhebliche Bedenken gegen die pädagogischen Fähigkeiten der Klägerin vorgetragen, den Kindergarten zu leiten. Die Beklagte habe mehrfach versucht, eine Befriedung aller Beteiligten herbeizuführen. Dies sei ihr jedoch nicht gelungen. Daraufhin habe sie sich im Interesse des Betriebsfriedens und der geregelten, unbeeinträchtigten und pädadogischen Betreuung der Kinder gezwungen gesehen, die Kündigung auszusprechen.

Die Kündigung sei aber auch wegen der Störungen und Kosten gerechtfertigt, die durch krankheitsbedingte Abwesenheiten der Klägerin verursacht worden seien. Die Klägerin habe im Jahr 1990 an 111 Tagen gefehlt, im Jahre 1991 an 0 Tagen, im Jahre 1992 an 62 Tagen, im Jahre 1993 bis zur Kündigung und einschließlich einer Kur an 71 Tagen. Ihr hätten vormittags Leitungsaufgaben obgelegen, nachmittags die Betreuung der Kinder. Relevant sei weniger der Ausfall der Klägerin in der Nachmittagsbetreuung der Kinder als die Notwendigkeit, während ihrer Erkrankung einer der Gruppenleiterinnen die Leitungsarbeiten zu übertragen. Dadurch würden diese Mitarbeiterinnen so belastet, daß sie die ihr anvertrauten Kinder nicht ordnungsgemäß betreuen könnten, da Ersatzpersonal nicht verfügbar sei. Es seien nur die Ergänzungskräfte und die übrigen Kinder der Gruppenleiterinnen vorhanden, die den Ausfall der jeweils als Vertreterin eingesetzten Gruppenleiterin in der pädagogischen Gruppenarbeit auffangen müßten. Während der Erkrankung der Klägerin hätten praktisch keine kindergartenüblichen Veranstaltungen wie Ausflüge, Elternabende, zusätzliche Bastelveranstaltungen, Feste, Besuchsnachmittage, Schulentlassungsfeiern etc. stattfinden können. Die im wesentlichen mit der Vertretung der Klägerin beauftragte Frau M. sei durch die zusätzlichen Arbeiten, die mit der Leitung des Kindergartens auf sie zugekommen seien, so belastet gewesen, daß sie am Ende völlig entnervt und völlig überfordert ihre Stelle aufgegeben habe und eine neue Stellung in einem kleinen Kindergarten angenommen habe. Der Kindergartenbetrieb sei ab Mitte des Jahres 1992 nur noch auf den absolut wesentlichen Kern beschränkt abgelaufen, nämlich die schlichte Annahme und Betreuung der Kinder. Die Gesamtplanu...

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