Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschlussfrist. zweistufig. Tarifvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen einer zweistufigen, tariflichen Ausschlussfrist (hier: § 31 MTV Telekom).

 

Normenkette

MTV Telekom § 31

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 06.07.2006; Aktenzeichen 3 Ca 3941/05)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 01.12.2010; Aktenzeichen 1 BvR 1682/07)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 06.07.2006 – 3 Ca 3941/05 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütungszahlung aus Annahmeverzug bzw. Schadensersatz sowie Erstattungszahlung an die Bundesagentur für Arbeit.

Der Kläger absolvierte bei der Beklagten vom 01.09.2001 bis zum Bestehen seiner Abschlussprüfung am 06.07.2004 eine Berufsausbildung zum Fachinformatiker Fachrichtung Systemintegration. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 06.07.2005 wurde die Beklagte verpflichtet, an den Kläger das Angebot abzugeben, ihn ab dem 07.07.2004 befristet für 12 Monate in ein Vollzeitarbeitsverhältnis des konzerneigenen Betriebs der Beklagten „V” zu übernehmen. Der Kläger nahm dieses Angebot mit Schreiben vom 19.09.2005 und 25.10.2005 an. In dem Berufungsverfahren beantragte der Kläger „äußerst hilfsweise” die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 19.704,00 EUR brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes zu zahlen. Mit dem Schreiben vom 25.10.2005 forderte der Kläger von der Beklagten Zahlung der Bruttovergütung für die Zeit vom 07.07.2004 bis 06.07.2005 in Höhe von 19.766,80 EUR abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 4.850,22 EUR. Nach vorprozessualer Ablehnung der Beklagten verlangt er diese Vergütung nunmehr mit seiner am 28.12.2005 eingegangenen Klage weiter. Das Arbeitsgericht hat der Klage auf Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs sowie der Erstattung auf Arbeitslosengeld in Prozessstandschaft für die Bundesanstalt für Arbeit stattgegeben. Auf das Urteil wird verwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiter die Auffassung vertritt, dass ein Annahmeverzugsanspruch nicht besteht. Darüber hinaus sei der Vergütungsanspruch verfallen.

Die Beklagte beantragt,

unter teilweise Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, die Ansprüche seien nicht verfallen. Die Anwendung des Tarifvertrages werde bestritten. Die Vergütungsansprüche könnten erst verfallen, wenn sie entstanden und fällig geworden seien. Dies sei frühestens mit Annahme des Vertragsangebotes der Beklagten der Fall gewesen, also mit dem 25.10.2006. Im Übrigen sei die Vergütung in dem Berufungsverfahren hilfsweise eingeklagt und mit Schreiben vom 25.10.2005 rechtzeitig geltend gemacht. Schließlich stehe dem Kläger, soweit tatsächlich Verfall eingetreten sei, gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch in Höhe des Entgeltanspruchs wegen Verstoß gegen das Nachweisgesetz zu. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

1. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Zwar geht das Berufungsgericht mit dem Arbeitsgericht davon aus, dass dem Kläger für die Zeit vom 07.07.2004 bis 06.07.2005 ein Annahmeverzugsanspruch zusteht in Höhe von 19.766,80 EUR brutto abzüglich an ihn geleisteten Arbeitslosengeldes in Höhe von 4.863,98 EUR gemäß §§ 293 ff., 615 BGB aufgrund des in diesem Zeitraum bestehenden Arbeitsverhältnisses.

a) Gemäß § 296 BGB bedurfte es wegen der Weigerung der Beklagten, den Kläger zu beschäftigen und damit ihrer fehlenden Mitwirkungshandlung keines tatsächlichen oder wörtlichen Angebotes des Klägers im Sinne der §§ 294, 295 BGB.

b) Der Annahmeverzugsanspruch scheitert auch nicht daran, dass die rückwirkende Beschäftigung des Klägers durch den Zeitablauf nicht mehr möglich ist. Bezüglich der rückwirkenden Begründung des Vertragsverhältnisses hat bereits das Landesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 06.07.2005 – 3 Sa 294/05 – zu Recht darauf hingewiesen, dass mit dem Inkrafttreten des § 311 a Abs. 1 BGB seit dem 01.01.2003 der Wirksamkeit eines Vertrages nicht mehr entgegen steht, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB n.F. nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorgelegen hat. (vgl. dazu BAG Urteil vom 27.04.2004 – 9 AZR 522/03 –). Erst recht muss dies für die mit Vertragsschluss rückwirkend begründeten Annahmeverzugsansprüche gelten.

2. Der für die Zeit vom 07.07.2004 ...

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