Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinschaftsbetrieb. gemeinsamer Betrieb. Betriebszusammenfassung. Geltungsbereich des KSchG. Auslandsbetrieb. Kleinbetriebsklausel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der im Kündigungsschutzgesetz geregelte Kündigungsschutz gilt nur für die im Geltungsbereich des Grundgesetzes liegenden Betriebe.

2. Eine Betriebszusammenfassung im Rahmen des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist dann nicht möglich, wenn der gemeinsame Betrieb aus einem einzigen in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Unternehmen, das unter die Kleinbetriebsklausel fällt, und im übrigen nur aus im Ausland Gelegenen Unternehmen bestehen würde; die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG müssen im Inland erfüllt sein (wie LAG Hamm vom 05.04.1989 – 2 (13) Sa 1280/88).

3. Eine räumliche Trennung der Betriebsstätten schließt zwar das Vorliegen eines gemeinsamen Betriebes nicht aus. Es müssen darin aber an die Darlegung der übrigen für einen Gemeinschaftsbetrieb sprechenden Umstände erhöhte Anforderungen gestellt werden.

 

Normenkette

KSchG § 23 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 28.02.1996; Aktenzeichen 15 Ca 8015/95)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 28.02.1996 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln –15 Ca 8015/95 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Streitwert: unverändert.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristgemäßen Kündigung vom 23.08.1995 (Bl. 28). Die beklagte Gesellschaft ist ein Unternehmen australischen Rechts mit Sitz in Australien. Sie unterhielt in Deutschland (Hürth-Efferen) eine zunächst unselbständige Niederlassung mit der Aufgabe, ihre Produkte zu vertreiben. Der Kläger wurde von ihr ab Januar 1986 als deren Leiter eingestellt. Als die Niederlassung noch im selben Jahr in eine rechtlich selbständige Vertriebs-GmbH umgewandelt wurde, wurde der Kläger ihr Geschäftsführer. In einem Arbeitsvertrag vom 06.01.1988 unterstellten die Parteien ihre Vereinbarung den Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland.

Mit Beschluß ihrer alleinigen Gesellschafterin, nämlich der Beklagten, vom 04.07.1995 berief die Vertriebs-GmbH den Kläger als Geschäftsführer ab, und die Beklagte kündigte den Vertrag der Parteien mit Schreiben vom 23.08.1995. Hiergegen richtet der Kläger die vorliegende Kündigungsschutzklage.

Von der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird abgesehen, § 543 Abs. 1 ZPO.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, das Kündigungsschutzgesetz finde keine Anwendung. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Er vertritt weiterhin die Anwendbarkeit des KSchG mit dem Hinweis auf die von den Parteien getroffene Rechtswahl und seine Ansicht, die Vertriebs-GmbH müsse wegen personeller und organisatorischer Verflechtung zusammen mit der Beklagten als ihrem australischen Mutterunternehmen als gemeinsamer Betrieb i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG gesehen werden. Unstreitig beschäftigt die Beklagte in ihrem australischen Betrieb über 50 Arbeitnehmer; demgegenüber beschäftigt die Vertriebs-GmbH in Hürth-Efferen regelmäßig nicht mehr als fünf Arbeitnehmer, wie im heutigen Termin unstreitig geworden ist.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß das zwischen Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die am 02.09.1995 zugegangene Kündigung der Beklagten vom 23.08.1995 nicht beendet worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Klage für unschlüssig, weil sie im Geltungsbereich des KSchG keinen Betrieb unterhalte. Der Betrieb in Hürth-Efferen sei ein solcher der Vertriebs-GmbH. In ihrem australischen Betrieb habe der Kläger niemals gearbeitet.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, die zu den Akten gereichten Urkunden sowie ergänzend, auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist nicht begründet. Die angegriffene Entscheidung ist zu Recht ergangen. Die angegriffene Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis der Parteien wie vorgesehen. Sie ist unter keinem erkennbaren Gesichtspunkt unwirksam, insbesondere nicht nach den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes. Dieses ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar:

Eine originäre Anwendbarkeit des KSchG scheidet aus: Der im KSchG geregelte Kündigungsschutz gilt für die im Geltungsbereich des Grundgesetzes liegenden Betriebe (Etzel in GK-KR, 4. Aufl., § 1 KSchG Rn. 155). Die Beklagte unterhält im Geltungsbereich des Grundgesetzes keinen Betrieb. Der Betrieb in Hürth-Efferen wird von der Vertriebs-GmbH unterhalten.

Der Betrieb in Hürth-Efferen ist für den Kläger kein solcher i.S.d. KSchG: Zum einen gehört dieser nach eigenem Vortrag des Klägers nicht seinem Vertragspartner und damit nicht seinem Arbeitgeber, wohingegen Identität von Arbeitgeber und Inhaber des Beschäftigungsbetriebes vom KSchG grundsätzlich vorausgesetzt wird. Zum anderen fällt d...

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