Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinbarung von Kündigungsschutz. Auflösungsantrag des Betriebserwerbers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein vertraglich vereinbarter „Verzicht auf die Probezeit” kann als Vereinbarung ausgelegt werden, dass auf die Wartezeit gemäß § 1 l KSchG verzichtet wird.

2. Geht das Arbeitsverhältnis nach Ausspruch der Kündigung auf einen Betriebserwerber gemäß § 613 a BGB über, so kann dieser auch noch in der 2. Instanz dem Prozess beitreten, um einen Auflösungsantrag zu stellen.

 

Normenkette

KSchG §§ 1, 9; BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 21.02.2001; Aktenzeichen 5 Ca 911/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 21.02.2001 – 5 Ca 911/00 – abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) nicht durch die ordentliche Kündigung vom 23.03.2000 zum 30.05.2000 aufgelöst worden ist.
  2. Die Auflösungsanträge der Beklagten zu 1) und zu 2) werden zurückgewiesen.
  3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
  4. Von den Kosten des Rechtsstreits hat jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen. Die erstinstanzlichen Gerichtskosten haben die Klägerin und die Beklagte zu 1) je zur Hälfte zu tragen. Von den zweitinstanzlichen Gerichtskosten hat die Klägerin die Hälfte zu tragen. Die andere Hälfte hat die Beklagte zu 1) – zu 50 % davon gesamt-schuldnerisch mit der Beklagten zu 2) – zu tragen.
  5. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Klägerin und die Beklagte zu 1) streiten darum, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung vom 23.03.2000 zum 30.05.2000 aufgelöst worden ist, über die Entfernung von vier Abmahnungen aus der Personalakte und über Weiterbeschäftigung. Die Beklagte zu 2), die dem Rechtsstreit in der II. Instanz als Partei beigetreten ist, nachdem die Niederlassung, in der die Klägerin bei der Beklagten zu 1) beschäftigt war, im Wege des Betriebsübergangs auf sie übergegangen ist, verfolgt einen hilfsweisen Auflösungsantrag.

Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Kündigung 55 Jahre alt. Sie ist unverheiratet und hat ein volljähriges Kind. Seit dem 13.10.1999 ist sie als Schwerbehinderte anerkannt.

Bei der Beklagten zu 1) ist sie seit dem 01.11.1999 als Sachbearbeiterin im Personalmanagement zu einem monatlichen Bruttoeinkommen von 5.700,00 DM tätig gewesen. Im Betrieb der Beklagten zu 1) waren regelmäßig mehr als fünf Mitarbeiter beschäftigt.

Zuvor war die Klägerin seit dem 01.07.1996 im Personal- und Managementbereich bei der Fa. TG für DmbH beschäftigt, die wie die Beklagte zu 1) eine Tochtergesellschaft der DTAG ist.

Bei der T. war die Klägerin von Frau V. eingestellt worden, die dort im Personalbereich tätig war und später bei der Beklagten zu 1) die Vorgesetzte der Klägerin war.

Die Klägerin und Frau Vogt waren befreundet. Sie pflegten, wie die Klägerin es unbestritten ausdrückte, ein inniges Verhältnis. Dazu legt die Klägerin Briefe von Frau V. (Bl. 29–31 d.A) vor, u. a. einen vom 10.08.1999 (Bl. 29 d. A.). Dieser beginnt mit „Liebe A.” und endet mit „Deine A.” U. a. heißt es darin:

„Nun erhol Dich gut und komm zu Ruhe. Nichts, aber auch gar nichts ist augenblicklich wichtiger, als Deine Gesundheit. Nur wer gesund und ausgeglichen ist, kann sich selbst und seine ganze Arbeitskraft einsetzen…

Ich wünsche Dir einen guten Schutzengel, der Dich überall hin begleitet und Dich vor allem Bösen schützt…

Liebe Anne, ich drücke Dich im Geiste und schicke Dir ganz liebe Grüße. Werde bald gesund und wieder so froh wie eh und jeh.”

Frau V. wechselte in der zweiten Jahreshälfte 1999 zu der Beklagten zu 1), wo sie Leiterin des Personalmanagements wurde. Auf Initiative von Frau V. bewarb auch die Klägerin sich bei der Beklagten zu 1).

Das Arbeitsverhältnis mit der T. wurde durch Aufhebungsvertrag zum 31.12.1999 beendet. Die Klägerin wurde bereits ab dem 01.11.1999 freigestellt, so dass sie die Arbeit bei der Beklagten zu 1) beginnen konnte.

In dem Aufhebungsvertrag (Anlage B 7) heißt unter „Abwicklung”:

„T. zahlt Frau Weine Prämie in Höhe von 50.000,00 DM brutto. Diese wird fällig mit Zahllauf Oktober. Frau W. erhält per Unterzeichnung einen Verrechnungsscheck in Höhe des voraussichtlichen Nettobetrages der Abfindung.”

In einem Vermerk des für die T. Herrn O. vom 21.09.1999 heißt es dazu:

„Am 10.09.1999 sprach ich mit Frau W. die Sache nochmals durch, nachdem Dr. M. einer Aufhebung, auch mit Freistellung und Abgeltung zustimmte. Der von mir unterbreitete Entwurf sah keine Zahlung vor. Damit war sie nicht einverstanden. Sie erläuterte mir nochmals ihre gesundheitliche Situation und die Auswirkungen ihrer anerkannten Schwerbehinderung. Auf die Frage hin, was sie sich vorstelle (50.000,00 DM netto), einigten wir uns auf 50.000,00 DM brutto und Freistellung mit Ablauf des 14.09.1999.

Ich sah sodann in dem Entwurf die Zahlung einer Abfindung vor. Frau W. zog sich zurück und sprach den Entwurf mit einer mir nicht bekannten Person durch....

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