Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugang. Einwurfeinschreiben

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Beweisqualität von Einwurfeinschreiben für den Zugang der Kündigung.

 

Normenkette

KSchG §§ 4, 7; BGB § 130

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 29.07.2008; Aktenzeichen 16 Ca 7181/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 29.07.2008 – 16 Ca 7181/07 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von betriebsbedingten Kündigungen des Arbeitsverhältnisses der Klägerin.

Die am 01.01.1969 geborene Klägerin, geschieden, Mutter von zwei Kindern, war seit dem 02.01.1996 bei der Gemeinschuldnerin, der Firma B. GmbH, als Sortiererin beschäftigt. Im Betrieb der Gemeinschuldnerin waren ca. 60 Mitarbeiter tätig.

Am 01.06.2007 wurde das Insolvenzverfahren gegenüber dem Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.

Gemäß Schreiben des Beklagten vom 18.06.2007 wurde die Klägerin ab dem 02.07.2007 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt.

Der Beklagte vereinbarte mit dem bei der Gemeinschuldnerin bestehenden Betriebsrat den Interessenausgleich vom 24.07.2007 mit Namenslisten, der vorsah, dass von den insgesamt etwa 60 Mitarbeitern der Gemeinschuldnerin 13 namentlich bezeichnete Mitarbeiter, darunter die Klägerin, gekündigt werden sollten.

Die Parteien streiten über den Zugang der Kündigungserklärung des Beklagten vom 24.07.2007 mit Wirkung zum 31.10.2007.

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin erneut vorsorglich mit Schreiben vom 30.08.2007 zum 30.11.2007.

Die Klägerin hat mit ihrer Kündigungsschutzklage vom 28.08.2007 – beim Arbeitsgericht in Köln eingegangen am 29.08.2007 – die Feststellung begehrt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch Kündigung aufgelöst sei, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbestehe. Durch Klageänderung vom 03.09.2007 hat die Klägerin sodann die Unwirksamkeit der Kündigungen vom 24.07. und 30.08.2007 geltend gemacht.

Die Klägerin hat hierzu behauptet, die Kündigung vom 24.07.2007 sei ihr nicht zugegangen. Nach ihrer Rückkehr aus ihrem Jahresurlaub Ende Juli 2007 habe sich die Klägerin im Betrieb über ihren Arbeitsantritt informiert. Dabei sei ihr erklärt worden, dass sie eine Kündigung erhalten habe, was tatsächlich allerdings nicht geschehen sei. Die von der Klägerin während ihrer Urlaubsabwesenheit beauftragte Zeugin P. habe den Briefkasten der Klägerin in deren Abwesenheit stets geleert und dabei keine Kündigung vorgefunden. Die Klägerin hat zudem geltend gemacht, die Kündigungen vom 24.07. und 30.08.2007 seien mangels Kündigungsgrund und wegen fehlerhafter Sozialauswahl sozial ungerechtfertigt. Zudem sei zu beiden Kündigungen der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Auch fehle es an der notwendigen Massenentlassungsanzeige.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 24.07.2007 zum 31.10.2007 und nicht durch die Kündigung vom 30.08.2007 zum 30.11.2007 aufgelöst ist, sondern zu unveränderten Bedingungen sowohl über den 31.10.2007 als auch über den 30.11.2007 hinaus fortbesteht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, die Kündigung vom 24.07.2007 sei der Klägerin durch Einwurf-Einschreiben am 28.07.2007 zugegangen. Der Beklagte hat sich diesbezüglich auf den von der Zustellerin ausgefüllten Einlieferungsbeleg ebenso wie auf den entsprechenden Zustellungsbeleg berufen. Zudem sei auch ein hinreichender betriebsbedingter Kündigungsgrund gegeben, da der Arbeitsplatz infolge der auf der Anpassung des Personalbestandes an die Auftragslage beruhenden Betriebsänderung gemäß § 125 InsO entfallen sei. Die Sozialauswahl sei mit Rücksicht auf die dem Interessenausgleich vom 24.07.2007 als Anlage 2 beigefügte Namensliste auch gegenüber der Klägerin nicht grob fehlerhaft erfolgt. Die Massenentlassungsanzeige sei ordnungsgemäß unter dem 29.06.2007 getätigt worden. Auch die einmonatige Entlassungssperre sei mit Rücksicht auf den Ablauf der Kündigungsfrist gegenüber der Klägerin zum 31.10.2007 eingehalten worden.

Das Arbeitsgericht Köln hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen S. und P. im Termin vom 27.07.2008.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom selben Tag die Klage als unbegründet abgewiesen, da die Kündigung vom 24.07.2007 gemäß der gesetzlichen Fiktion aus § 7 KSchG als sozial gerechtfertigt und damit wirksam anzusehen sei, weil die Klägerin die Klagefrist nach § 4 S. 1 KSchG habe verstreichen lassen. Im Wesentlichen hat das Arbeitsgericht hierzu ausgeführt, nach Beweisaufnahme aus dem Termin vom 29.07.2008 sei vom Zugang der Kündigung am 28.07.2007 gegenüber der Klägerin auszugehen. Aus der Aussage der Postzustellerin, der Zeugin S., sei ein Zugang des Einwurf-Einschreibens unter diesem Datum zu schließen. Dieses Bewei...

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