Rechtsmittel zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialplan. Eigenkündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist grundsätzlich mit dem in § 75 BetrVG enthaltenen Gleichbehandlungsgebot vereinbar, wenn die Betriebsparteien einem Sozialplan Wirksamkeit nur für die Zukunft beimessen und für Eigenkündigungen, die vor Durchführung der Betriebsänderung und vor Abschluß von Interessenausgleich und Sozialplan ausgesprochen werden, keine Abfindung vorsehen.

 

Normenkette

BetrVG §§ 75, 112; GG Art. 3, 12

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 08.07.1994; Aktenzeichen 5 Ca 8024/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.01.1996; Aktenzeichen 10 AZR 155/95)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 8. Juli 1994 – 5 Ca 8024/93 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine Abfindung aus einem zwischen der Beklagten und ihrem Betriebsrat am 01.04.1993 vereinbarten und am 01.05.1993 in Kraft getretenen Sozialplan. Nachdem die Klägerin in erster Instanz geringfügig mehr begehrt hatte, begehrt sie in zweiter Instanz den Betrag von 74.129,26 DM brutto, der ihr unstreitig als Abfindung zufließen würde, wenn sie trotz ihrer ca. 8 1/2 Monate vor Inkrafttreten des Sozialplans ausgesprochenen Eigenkündigung unter die Regelung des Sozialplans fiele.

Die Klägerin war seit dem 01.01.1981 bis zum 30.09.1982 bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte unterhielt zuletzt Betriebe in Köln und Münster mit jeweils etwa 300 Mitarbeitern. Die Klägerin war im Sekretariat der Abteilung Verwaltung der Beklagten mit einem Monatsbruttogehalt von 5.200,00 DM tätig. Sie war Gleitzeitbeauftragte und Verantwortliche für die Organisation von Veranstaltungen im Betrieb in Köln, zusätzlich Abteilungssekretärin.

Am 01.04.1993 wurde zwischen der Beklagten und ihrem Betriebsrat ein Interessenausgleich abgeschlossen, der folgenden Wortlaut hat:

  1. „Der Betrieb in Köln wird spätestens bis zum 31.12.1995 nach Münster verlagert. Das Unternehmen wird zu gegebener Zeit im Raum Köln neue Arbeitsplätze schaffen. Hierbei handelt es sich um Funktionen des Vertriebs einschl. der Redaktion „G.” sowie Tätigkeiten zur logistischen/technischen Unterstützung der …-Annahmestellen im Rheinland.
  2. Die Verlagerung erfolgt in Etappen je nach technischen, organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten.
  3. Der Betriebsrat wird über die jeweils vorzunehmenden Verlagerungsmaßnahmen mindestens vier Wochen vor Umsetzung unterrichtet.
  4. Die Regelungen zum Ausgleich oder zur Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen, die die Mitarbeiter/innen von … in Köln im Zusammenhang mit der Betriebsänderung treffen, sind in einer Betriebsvereinbarung über einen Sozialplan geregelt.”

Bei Abschluß dieses Interessenausgleichs war ein erheblicher Teil der Arbeitnehmer noch bei der Beklagten in Köln beschäftigt.

Die Präambel des am gleichen Tage unterzeichneten Sozialplans (Bl. 9–18 d. A.) legt folgendes fest:

„Zwischen der Geschäftsführung und dem Betriebsrat Köln der … GmbH & Co. – im folgenden … genannt – wird zum Ausgleich oder zur Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen im Zusammenhang mit der Betriebsverlagerung des … von Köln nach Münster für die in Köln beschäftigten Mitarbeiter/innen des … der folgende Sozialplan vereinbart.”

§ 1 des Sozialplans regelt den Geltungsbereich und lautet:

„Die nachfolgenden Betstimmungen gelten für alle beim … Köln beschäftigten Mitarbeiter/innen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Sozialplanes von der Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG betroffen sind.

Soweit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der in der Präambel genannten Betriebsänderung erfolgt, ist der Sozialplan unabhängig davon anzuwenden, ob das Arbeitsverhältnis vom Unternehmen oder dem Arbeitnehmer gekündigt wird oder ob es im gegenseitigen Einvernehmen endet.”

§ 3 enthält Regelungen für ein Weiterbeschäftigungsangebot an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort Münster. § 4 enthält eine Regelung über eine Vermittlung eines Arbeitsplatzes beim …-Konzern, § 6 eine Regelung darüber, daß Mitarbeitern die bei Abschluß des Sozialplanes mindestens 20 Jahre ununterbrochen beim. … beschäftigt sind, aber bis 1995 nicht mehr die Voraussetzungen der Vorruhestandsregelung (§ 7) erfüllen können, bei Vorliegen der fachlichen und persönlichen Voraussetzungen ein neuer Arbeitsplatz im Raum Köln unter Wahrung ihrer Besitzstände angeboten wird. § 7 enthält eine Vorruhestandsregelung. § 5 S. 1 regelt sodann den Anspruch auf Abfindung wie folgt:

„Werden Arbeitsverhältnisse beendet, weil Angebote des … auf Weiterbeschäftigung am Standort Münster oder auf Vermittlung eines Arbeitsplatzes beim … Konzern nicht angenommen werden oder wenn trotz Vorliegens der Voraussetzung der Vorruhestandsregelung eine Eigenkündigung des Mitarbeiters erfolgt, so erhalten diese Mitarbeiter/innen eine Abfindung.

Keine Abfindung gemäß § 5 erhalten Mitarbeiter/innen,

  • die ein Weiterbeschäftigungs- bzw....

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