Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Insolvenzsicherung hinsichtlich Zusagen auf Kapitalleistungen in der betrieblichen Altersversorgung

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 7 Abs. 1a S. 3 BetrAVG erfasst nicht Versorgungsansprüche, die als Kapitalleistung und nicht als regelmäßige Renten zu verbringen sind. Die Auslegung derNorm ergibt vielmehr, dass sie auf wiederkehrende Leistungen und nicht ein- oder mehrmalige Kapitalleistungen zugeschnitten ist. Eine andere Auslegungwürde in Extremfällen zum Verlust der gesamten betrieblichen Altersversorgung führen und wäre nicht unionrechtskonform.

 

Normenkette

BetrAVG § 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 1a S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 09.09.2014; Aktenzeichen 18 Ca 2639/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.09.2016; Aktenzeichen 3 AZR 412/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 09.09.2014 - 18 Ca 2639/14 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Leistungen der Insolvenzsicherung in Höhe von 25.583,29 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.04.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob der Beklagte als Träger der Insolvenzsicherung für Ansprüche des Klägers auf Versorgungsleistungen einzustehen hat, die nach der für ihn zuletzt bei der insolventen Arbeitgeberin geltenden Versorgungsregelung als Kapitalleistung zu zahlen war, und zwar, "wenn das Arbeitsverhältnis mit oder nach Vollendung des 60. Lebensjahres endet und sich kein Arbeitsverhältnis zu einem anderen Unternehmen der B -Gruppe anschließt". Dazu ist geregelt, dass der Mitarbeiter im Erlebensfall "auf Antrag" den Anspruch auf das Versorgungsguthaben erwirbt. Als Einmalkapital ist das Versorgungsguthaben grundsätzlich zum 28. Februar des auf den Versorgungsfall folgenden Jahres zur Auszahlung fällig. Weiter ist geregelt, dass, wenn das Versorgungsguthaben 90.000,00 DM übersteigt, die Auszahlung in Raten erfolgt. Dazu wird das Versorgungsguthaben in gleiche Teilbeträge geteilt. Jeder Teilbetrag wird ab dem Versorgungsfall bis zu seiner Fälligkeit als Rate nach jeweils 12 Monaten um 6 % des zuvor erreichten Stands, bei weniger als 12 Monaten zeitanteilig, angehoben. Die erste Rate ist bei dieser ratenweisen Zahlung am 28. Februar des auf den Versorgungsfall folgenden Jahres fällig, weitere Raten jeweils am 28. Februar des Folgejahres. Die Teilbeträge werden so festgelegt, dass sie dem Wert von DM 30.000,00 möglichst nahekommen.

Dem Kläger war nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28.11.2008 von seiner Arbeitgeberin die Höhe seiner unverfallbaren Anwartschaft des Kapitalkontos mitgeteilt worden (Bl. 6 ff d. A.).

Der Kläger hat am 2009 sein 60. Lebensjahr vollendet. Er erkundigte sich seinerzeit bei der S GmbH, ob er nunmehr einen Anspruch auf dieses Guthaben habe. Daraufhin wurde ihm mitgeteilt, dass er seinen Anspruch erst geltend machen könne, wenn er eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehe. Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 26.04.2011 rückwirkend ab dem 01.02.2011 bis zum 30.09.2014 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung bewilligt. Er machte gegenüber der S GmbH mit Schreiben vom 24.05.2011 und vom 19.07.2011 seinen Anspruch auf das Versorgungsguthaben geltend. Nachdem die S GmbH die Erfüllung verweigert hatte, erhob der Kläger am 29.06.2011 Klage auf Auszahlung des Versorgungsguthabens in Höhe von 25.597,07 € vor dem Arbeitsgericht Hildesheim. Seiner Klage wurde mit Teil-Versäumnisurteil vom 15.11.2011 stattgegeben.

Die frühere Arbeitgeberin stellte im September 2011 den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Beschluss vom 15.09.2011 wurde das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet und ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Dieser prüfte 15 Monate, um im Dezember 2012 zu der Empfehlung zu gelangen, dass das Amtsgericht das Insolvenzverfahren eröffnen könne. Durch Beschluss vom 20.12.2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der früheren Arbeitgeberin eröffnet.

Der Beklagte verweigert die Zahlung unter Hinweis darauf, dass seine Leistungspflicht erst nach der Insolvenzeröffnung, nämlich am 01.01.2013, entstanden ist und er gemäß § 7 Abs. 1a S. 3 BetrAVG nur für Ansprüche hafte, die bis zu 12 Monaten vor Eintritt der Leistungspflicht entstanden sind.

Wegen des übrigen - zum größten Teil unstreitigen - Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz und wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird im Übrigen gemäß § 69 Abs. 3 S. 2 ArbGG auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Die Bezugnahme gilt auch für die vom Arbeitsgericht in Bezug genommenen Schriftsätze nebst Anlagen und Ergebnisse der mündlichen Verhandlungen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 09.09.2014 die Klage abgewiesen. Gegen dieses ihm am 07.10.2014 zugestell...

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