Rechtsmittel zugelassen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Gewinnabführung innerhalb eines Konzerns begründet noch keine „Gewerbsmäßigkeit” von Arbeitnehmerüberlassungen im Konzern.

2. Die Auslegung des § 1 Abs. 2 AÜG durch das BAG dahin, daß bei Vorliegen der dortigen Voraussetzungen das Arbeitsverhältnis zum „Verleiher” endet, bedarf der Einschränkung dahin, daß die Beendigung nicht gegen den Willen des Arbeitnehmers stattfindet.

 

Normenkette

AÜG § 1 Abs. 1-2, § 10 Abs. 1 S. 1, § 13

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 09.02.1996; Aktenzeichen 2 Ca 6262/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 05.12.1997; Aktenzeichen 7 AZR 764/96)

BAG (Urteil vom 03.12.1997; Aktenzeichen 7 AZR 764/96)

 

Tenor

Die Berufung der verbliebenen Beklagten 1) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 09.02.1996 – 2 Ca 6262/95 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte 1).

Streitwert: 13.473 DM.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte 1) (AG) betreibt Luftfahrt und ist beherrschendes Unternehmen in einem Konzern. Ihr Sitz ist in Köln. Hier befinden sich auch fünf Tochtergesellschaften mit rund 300 Mitarbeitern. Diese sind von der Beklagten 1) eingestellt worden und zu den Tochtergesellschaftern versetzt oder abgeordnet worden. Sie werden von einem zentralen Personaldienst der Beklagten 1) verwaltet. Die Personalkosten erhält die Beklagte 1) von den Tochtergesellschaften erstattet. Sie erhält auch die Gewinne der Tochtergesellschaften. Sie besitzt die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Die Mitarbeiter bei der Beklagten 1) und bei den Tochtergesellschaften haben einen gemeinsamen Betriebsrat gewählt.

Die Klägerin, geboren am 16.05.1955, ist bei der Beklagten 1) zur Luftverkehrskauffrau ausgebildet und ab 17.01.1979 als solche beschäftigt worden gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 10.01.1979 (Bl. 8 d. A.). Mit Schreiben vom 12.12.1990 wurde sie per 01.01.1991 mit ihrem Einverständnis von der Beklagten 1) zu der Kölner Tochtergesellschaft Delvag Luftfahrtversicherungs-AG (80 Mitarbeiter) versetzt (Bl. 213 d. A.), unter Änderung (Arbeitszeitverkürzung) des Arbeitsvertrages mit der Beklagten 1) (Bl. 214 d. A.). Seitdem ist sie dort als Sachbearbeiterin in der Schaden-Transportversicherung tätig.

Unter dem 08.05.1995 hat die Beklagte 1) den genannten 300 Mitarbeitern, darunter der Klägerin, schriftlich mitgeteilt, daß formal zum 01.07.1995 ihr Arbeitsverhältnis zur Beklagten 1) in Konsequenz der Regelungen der §§ 10 Abs. 1, 13 AÜG ende und unter unveränderten tariflichen Arbeitsbedingungen auf die Tochtergesellschaft übergehe, bei der Klägerin auf die Delvag Luftfahrtversicherungs-AG. Die Klägerin bestreitet einen Übergang und hat am 01.07.1995 Klage gegen die Beklagte 1) und die Delvag Luftfahrtversicherungs-AG (Beklagte 2) erhoben und beantragt, soweit es noch interessiert,

festzustellen, daß das am 17.01.1979 begründete Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) nicht zum 01.07.1995 auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist, sondern unverändert mit der Beklagten zu 1) fortbesteht.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben geltend gemacht: Ausgelöst worden sei die Überleitung der Arbeitsverträge durch die Androhung des Landesarbeitsamtes Düsseldorf, gegen die Beklagte sowie die jeweilige Tochtergesellschaft ein Bußgeld wegen Verstoßes gegen das AÜG zu erlassen. Die Prämissen des Landesarbeitsamtes seien nicht offenkundig unrichtig. Das AÜG finde trotz der dort ausgesprochenen Konzernprivilegierung Anwendung. Die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter in den betroffenen Tochtergesellschaften in Köln seien auf Dauer angelegte Arbeitsverhältnisse der jeweiligen Tochtergesellschaft ohne besondere Rückkehroption zu der Beklagten 1). Es existiere kein Arbeitsplatz bei der Beklagten 1). Die zentrale Personalabteilung erteile keine inhaltlichen Weisungen und besitze kein Direktionsrecht gegenüber den betroffenen Mitarbeitern. Ob betriebsverfassungsrechtlich ein einheitlicher Betrieb vorliegen, sei unerheblich. Es sei zwischen der Leitung eines Betriebes und der Frage eines einheitlichen Betriebsrates zu unterscheiden. Eine Erlaubsnis zur Arbeitnehmerüberlassung decke lediglich den Einsatz für einen befristeten Zeitraum. Die Beklagte 1) erziele durchaus auch mittelbare wirtschaftliche Vorteile mit dem Einsatz der Mitarbeiter in den Tochtergesellschaften. Dieser Vorteil realisiere sich im wirtschaftlichen Gewinn, welchen die Tochtergesellschaften durch den Einsatz des Personals erzielen und der von der Beklagten 1) im Rahmen der Gewinnabführung realisiert werde. Die Rechtsfolgen richteten sich nach § 10 AÜG. Aus § 13 AÜG ergeben sich ebenfalls die Rechtsfolgen eines Zustandekommens eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Tochtergesellschaft und den Mitarbeitern. Unabhängig hiervon habe die Beklagte zu 1) zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, die arbeitsvertraglichen Bedingungen der Mitarbeiter zu verschlechtern. Sie habe die Mitarbeiter gemeinsam mit der jeweiligen Tochtergesellschaft die Festschreibung der Bedingungen i...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge