Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz wegen unterlassener Zuweisung eines Arbeitsplatzes. Leistungswille für vertragliche Tätigkeit. Annahmeverzug des Arbeitgebers. Umfang des Direktionsrechts. Entzug der VS-Ermächtigung

 

Leitsatz (amtlich)

Ist die geschuldete Leistung im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben, obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen. Die so näher bestimmte Tätigkeit ist die i.S.v. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung. Auf diese muss sich der Leistungswille des Arbeitnehmers erstrecken.

Die Darlegungs- und Beweislast für die Verletzung der Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB hat bei der Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches nach § 280 Abs. 1 BGB der klagende Gläubiger. Erst wenn dieser seiner Darlegungslast genügt, obliegt es dem Arbeitgeber, den Vortrag substantiiert entgegen zu treten. Das gilt auch für den Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes.

 

Normenkette

BGB § 280; GewO § 106; BGB § § 293 ff., §§ 615, 241, 294-295, 297

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 24.04.2013; Aktenzeichen 2 Ca 47/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.05.2015; Aktenzeichen 5 AZR 88/14)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.04.2013 - 2 Ca 47/13 - wird zurückgewiesen.

  • 2.

    Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

  • 3.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der im Jahr 1959 geborene Kläger ist seit Januar 1990 bei der Beklagten beschäftigt. Er war bis Ende Januar 2006 im B f V als "fremdsprachlicher Vorauswerter" für den r Sprachraum tätig und mit der Vorauswertung von Informationsmaterial befasst, das bei Telefonüberwachungsmaßnahmen anfiel. Seit 1996 wurde er zusätzlich, auch auf Auslandsdienstreisen des Amtsleiters des B , als Dolmetscher für R eingesetzt. Er wurde zuletzt nach Entgeltgruppe 11 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) vergütet.

Voraussetzung für die Ausübung der dem Kläger übertragenen Arbeitsaufgaben - ebenso wie für alle anderen beim B f V auszuübenden Tätigkeiten - ist die Erteilung der Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen (VS-Ermächtigung) gemäß dem Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes. Dem Kläger wurde eine derartige VS-Ermächtigung bei Dienstantritt erteilt.

Im August 2002 erhielt das B f V Kenntnis über laufende Ermittlungen gegen eine Tätergruppe aus dem Bereich der r organisierten Kriminalität wegen Geldwäsche, schweren Menschenhandels, bandenmäßig betriebener illegaler Einschleusung von Ausländern in die Bundesrepublik und Urkundenfälschung. Als einer der Hauptverdächtigen galt der Schwager des Klägers. Dieser war bereits wegen einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz zu einer Haftstrafe verurteilt worden, hatte sich dem Vollzug der Haft jedoch durch Flucht in das osteuropäische Ausland entzogen. Nachdem bekannt geworden war, dass der Kläger Kontakt zu seinem Schwager hielt, wurde er am 03.12.2002 unter Fortzahlung seiner Vergütung von der Arbeitsleistung freigestellt. Am 11.08.2003 hob der Geheimschutzbeauftragte die VS-Ermächtigung des Klägers mit sofortiger Wirkung auf. Mit Bescheid vom 22.08.2003 begründete er seine Entscheidung und ordnete deren sofortige Vollziehung an. Die vom Kläger zur Überprüfung des Bescheids erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit rechtskräftigem Urteil vom 18.01.2006 ab.

Nach erfolgter Anhörung des Personalrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 30.01.2006 außerordentlich fristlos. Das Arbeitsgericht Köln stellte mit rechtskräftigem Urteil vom 08.06.2006 fest, dass das Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Daraufhin kündigte die Beklagte - nach nochmaliger Anhörung des Personalrats - das Arbeitsverhältnis erneut mit Schreiben vom 25.09.2006 außerordentlich mit Auslauffrist zum 31.03.2007. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Klägers hat das Arbeitsgericht mit Urteil vom 31.05.2007 abgewiesen. Die Berufung des Klägers wurde vom Landesarbeitsgericht Köln mit Urteil vom 11.01.2008 zurückgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts mir Urteil vom 26.11.2009 aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses hat mit Urteil vom 17.01.2012 der Klage insgesamt stattgegeben. Es hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 25.09.2006 nicht aufgelöst worden ist und hat die Beklagte verurteilt, den Kläger über den 31.03.2007 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß Arbeitsvertrag als Angestellten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt, dass im Kündigungszeitpunkt oder i...

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