Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Zeugnis. Berichtigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Streitwert einer Klage auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses beträgt nach ganz h.M. n Rspr. u. Lit. ein Brutto-Monatseinkommen des betroffenen Arbeitnehmers.

2. Bei einer Klage auf Berichtigung eines bereits erteilten Zeugnisses kommt je nach dem Verhältnis der Bedeutung des konkreten Berichtigungsbegehrens zum Gesamtwert des Zeugnisses ein Abschlag von dem o.a. Regelstreitwert in Betracht.

3. Wird neben einer Verbesserung der zentralen Leistungsbeurteilung noch die inhaltliche Änderung mehrerer weiterer Einzelfeststellungen des Zeugnisses eingeklagt, ist ein Abschlag vom vollen Regelwert eines Monatseinkommens nicht gerechtfertigt.

 

Normenkette

ZPO § 3; BRAGO §§ 8, 10

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 17.02.1999; Aktenzeichen 17 Ca 8681/98)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 04.03.1999 hin wird der Streitwertbeschluß des Arbeitsgerichts Köln vom 17.02.1999 wie folgt abgeändert:

Der Streitwert wird auf DM 2.800,00 (= 1 Bruttomonatsgehalt) festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Die Klägerin war vom 01.12.1993 bis 15.06.1998 als Angestellte in einer Arztpraxis beschäftigt. Anläßlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt sie ein qualifiziertes Zeugnis. Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin die Berichtigung, Ergänzung oder Streichung einzelner Zeugnisformulierungen in insgesamt 6 Punkten. U. a. verlangte sie auch eine Verbesserung der zusammenfassenden Leistungsbeurteilung: Anstelle der im Zeugnis enthaltenen Beurteilung „Sie erledigte alle ihr übertragenen Arbeiten anfangs verantwortungsbewußt und zu meiner vollsten Zufriedenheit, später zu meiner vollen Zufriedenheit”, wünschte die Klägerin die Beurteilung „Sie erledigte sämtliche ihr übertragenen Arbeiten verantwortungsbewußt und stets zu meiner vollsten Zufriedenheit”. Das Verfahren endete im Gütetermin mit einem rechtskräftigen Vergleich.

Das Arbeitsgericht hat den Streitwert auf ein halbes Bruttomonatseinkommen der Klägerin festgesetzt (DM 1.400,00). Hiergegen richtet sich die Beschwerde, die meint, der Streitwert habe einem vollen Monatseinkommen zu entsprechen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die gem. § 10 Abs. 3 BRAGO statthafte und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist begründet.

Bei der Zeugnisberichtigungsklage handelt es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit (LAG Düsseldorf LAGE § 12 ArbGG 1979 Nr. 17; Schaub, Arbeitsrechtliche Formularsammlung und Arbeitsgerichtsverfahren, 6. Aufl. § 104 V. 4 a), deren Wert sich nach dem objektiv betrachteten wirtschaftlichen Interesse der Klagepartei am Streitgegenstand richtet (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 56. Aufl. § 3 Rz. 3). Dabei ist als Orientierungswert der Wert einer Klage auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses zugrunde zu legen: Dieser entspricht nach herrschender Meinung und ständiger Rechtsprechung der Höhe eines Monatseinkommens des betroffenen Arbeitnehmers (LAG Hamm, AnwBl. 87, 497; LAG Schleswig-Holstein AnwBl. 87, 497; LAG Düsseldorf LAGE § 12 ArbGG 1979, Streitwert Nr. 17; LAG Köln AnwBl. 1992, 496 f; GK-ArbGG-Wenzel, § 12 Rz. 190; Hauck, ArbGG § 12 Rz. 22). An diesem „Verkehrswert” eines qualifizierten Arbeitszeugnisses, der sich in jahrzehntelanger Übung herausgebildet hat, ist schon aus Gründen der Rechtssicherheit festzuhalten.

Wird mit der Klage die Berichtigung – ggf. auch im Sinne einer Streichung oder Ergänzung einzelner Formulierungen – eines bereits erteilten qualifizierten Zeugnisses begehrt, so kann ein Abschlag von dem Wert der Zeugniserteilungsklage in Betracht kommen. Ob und in welcher Höhe ein solcher Abschlag vorzunehmen ist, richtet sich danach, in welchem Verhältnis die Bedeutung des konkreten Berichtigungsbegehrens nach den Umständen des Einzelfalls zum Wert des Gesamtzeugnisses steht (ähnlich: LAG Rheinland-Pfalz NZA 1992, 524; Hauck a.a.O.).

Für den vorliegenden Fall ergibt sich, daß ein Abschlag vom Regelstreitwert einer Zeugniserteilungsklage im Ergebnis nicht gerechtfertigt erscheint.

Zum einen begehrte die Klägerin mit ihrer Klage eine Berichtigung, Ergänzung oder Streichung von 5 verschiedenen Sachpunkten des Zeugnisses, wobei es nicht lediglich um reine Formulierungsfragen, sondern um inhaltliche Abänderungen ging. Zum anderen griff die Klägerin auch die in dem erteilten Zeugnis enthaltene allgemeine Leistungsbeurteilung an. Die Leistungsbeurteilung ist von zentraler Bedeutung für ein Zeugnis und prägt dessen Wert entscheidend mit. Wird, wie hier, zusätzlich zu weiteren inhaltlichen Veränderungen die nachhaltige, nicht nur geringfügige Verbesserung der Leistungsbeurteilung verlangt, so erscheint es gerechtfertigt, dem Klagebegehren einen Wert beizumessen, wie er der (Neu-)Erteilung eines Zeugnisses insgesamt entspricht (ebenso: LAG Rheinland-Pfalz a.a.O.; noch weitergehend wollen auch bei Berichtigungsklagen regelmäßig eine volles Monatseinkommen ansetzen: LAG Köln a.a.O.; LAG Düsseldorf JurBüro 1988, 1079 f; LAG Düss...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge