Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe für einen gemeinnnützigen Verein

 

Leitsatz (amtlich)

Die Bedürftigkeit einer juristischen Person für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist nicht gegeben, wenn trotz der Erwirtschaftung von Verlusten ausreichende liquide Mittel für eine Prozessführung zur Verfügung stehen.

 

Normenkette

ZPO § 116

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Beschluss vom 09.11.2009; Aktenzeichen 8 Ca 1883/09 d)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 09.11.2009 – 8 Ca 1883/09 d – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Mit der vorliegenden sofortigen Beschwerde wendet sich der Beklagte, ein eingetragener gemeinnütziger Verein für Sozialarbeit, gegen die Verweigerung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 09.11.2009.

Durch Kündigung vom 09.04.2009 kündigte der Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis, weil der Kläger unrechtmäßig Kundengelder einkassiert und für sich behalten habe.

Hiergegen erhob der Kläger im Hauptsacheverfahren 8 Ca 1883/09 d vor dem Arbeitsgericht Aachen Kündigungsschutzklage.

Die Beklagte begehrte für die Rechtsverteidigung gegen diese Kündigungsschutzklage Prozesskostenhilfe und machte geltend, die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 Nr. 2 ZPO lägen hierfür vor, insbesondere liege die Rechtsverteidigung im allgemeinen Interesse. Der Beklagte als gemeinnütziger Verein, der sich mit dem planmäßigen Ausbau und der praktischen Förderung von Hilfen für Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten befasse, erziele grundsätzlich keine Gewinne, sondern sei von Spenden und Unterstützungsleistungen abhängig. Deshalb liege es im allgemeinen Interesse, dass sich der Beklagte von solchen Mitarbeitern trenne, die die spärlichen Vereinsgelder zu privaten Zwecken missbraucht hätten.

Nach Einholung einer Stellungnahme der Bezirksrevision hat das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfeantrag durch Beschluss vom 09.11.2009 zurückgewiesen und zur Begründung darauf abgestellt, dass der Beklagte ein ausreichend hohes Geldguthaben habe, um die Prozesskosten selbst tragen zu können.

Hiergegen richtet sich die am 09.11.2009 beim Arbeitsgericht Aachen eingegangene Beschwerde des Beklagten. Zur Begründung seiner Beschwerde verweist der Beklagte darauf, dass er nach den vorliegenden Gewinn- und Verlustrechnungen im Jahre 2008 einen Verlust erwirtschaftet habe und auch im Jahre 2009 einen Verlust von 2.334,67 EUR (vorläufige Bilanz, Bl. 41 ff. d. PKH-Akte) aufgetreten sei.

Das in der Bescheinigung vom 14.09.2009 aufgelistete Kontoguthaben reiche noch nicht einmal aus für die Ausgaben von zwei Monaten. Zudem beziehe der Beklagte seine wirtschaftliche Grundlage im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln. Wenn nach § 115 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 90 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII eine natürliche Person als Hilfsbedürftiger davor geschützt sei, Vermögen aufwenden zu müssen, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung seiner Lebensgrundlage gewährt werde, mit dem Hintergrund, dass der Staat nicht mit der einen Hand dem Hilfsbedürftigen etwas wegnehmen solle, was er ihm zuvor gegeben habe, dann müsse dies vorliegend für den Beklagten als juristische Person geltend.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Rechtssache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

 

Entscheidungsgründe

II. Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet und musste daher zurückgewiesen werden.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft und innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist des § 127 Abs. 3 Satz 3 ZPO eingelegt worden.

2. In der Sache ist die sofortige Beschwerde nicht begründet. Die Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Nach dieser Bestimmung ist einer juristischen Person Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.

Es ist bereits nicht dargetan, dass der Beklagte wirtschaftlich nicht in der Lage wäre, die Kosten für die Rechtsverteidigung aufzubringen. Dazu reicht es nicht aus, darauf zu verweisen, dass der Beklagte in den Jahren 2008 und 2009 Verluste erwirtschaftet hat. Erwirtschaftete Verluste sagen nichts darüber aus, ob die Kosten, die je nach Streitwert kaum mehr als 1.500,00 EUR betragen dürften, aufgebracht werden können oder nicht. Dazu ist vielmehr auf die aktuelle Vermögens- und Liquiditätslage abzustellen, wie dies das Arbeitsgericht zutreffend getan hat. Hiervon ausgehend ist festzustellen, dass der Beklagte über Bankguthaben von mehr als 150.000,00 EUR verfügt. Vor diesem Hintergrund kann eine Bedürftigkeit nur angenommen werden, wenn dieses Guthaben angesichts feststehender Ausgaben bereits vollständig verplant wäre und mit Sicherheit angen...

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