Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsrat. Kosten. Schulungsteilnahme. Übernahme der Übernachtungskosten eines Betriebsratsmitglieds anlässlich einer Schulung

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Übernahme der Übernachtungskosten eines Betriebsratsmitglieds anlässlich einer Schulungsteilnahme nach § 37 Abs. 6 BetrVG kann es unter dem Gesichtspunkt der überholenden Kausalität auf die konkreten Umstände zum Zeitpunkt der Schulung ankommen: Ist die Übernachtung bei objektiver Betrachtung wegen extrem winterlicher Verhältnisse erforderlich, so sind die Kosten nach § 40 Abs. 1 BetrVG zu übernehmen, unabhängig davon, wann die Hotelbuchung vorgenommen wurde.

 

Normenkette

BetrVG § 37 Abs. 6, § 40 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 15.02.2012; Aktenzeichen 7 BV 152/11)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 27.05.2015; Aktenzeichen 7 ABR 26/13)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 15.02.2012 - 7 BV 152/11 -

abgeändert:

  • 1

    Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, das Betriebsratsmitglied D V von der Inanspruchnahme durch die Firma W , I f B , aus deren Rechnung vom 10.12.2010 - RG-Nr.: 1052913 - in Höhe von 314,16 € freizustellen.

  • 2

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Erstattungsfähigkeit von Übernachtungskosten, die anlässlich der Schulungsteilnahme eines Betriebsratsmitglieds in der Zeit vom 07. bis zum 10.12.2010 in Höhe von 314,16 € angefallen sind.

Der Betriebsrat hat beantragt,

der Antragsgegnerin aufzugeben, sein Mitglied D V von der Inanspruchnahme durch die Firma W , I f B , aus deren Rechnung vom 10.12.2010 - RG-Nr.: 1052913 - in Höhe von 314,16 € freizustellen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 15.02.2012 hat das Arbeitsgericht den Antrag zurückgewiesen, weil die Kosten für die Hotelübernachtung nicht im Sinne des § 40 BetrVG erforderlich gewesen seien. Frau V habe lediglich 44 km vom Schulungshotel entfernt gewohnt, so dass ihr eine tägliche Anreise ohne Weiteres zumutbar gewesen wäre. Auch die schwierigen Wetterverhältnisse in der Zeit vom 07. - 10.12.2010 hätten die Übernachtungen nicht nachträglich erforderlich werden lassen. Maßgeblich für die Beurteilung sei der Zeitpunkt der Kostenverursachung, hier der Buchungszeitpunkt vom 04.11.2010. Zu diesem Zeitpunkt sei die Wettersituation im Dezember 2010 nicht absehbar gewesen.

Mit seiner Beschwerde macht der Betriebsrat geltend, es könne nicht richtig sein, wenn das Arbeitsgericht ausschließlich auf den Zeitpunkt der Hotelbuchung vom 04.11.2010 und die dortigen Witterungsverhältnisse abstelle. Selbst wenn zu jenem Zeitpunkt die Erforderlichkeit der Hotelübernachtung nicht gegeben gewesen sei, so sei hier ein Fall der überholenden Kausalität eingetreten, weil zum Zeitpunkt der Schulung die Erforderlichkeit der Übernachtung vorgelegen habe. Genauso wäre der Fall nämlich zu beurteilen gewesen, wenn die Hotelbuchung nicht Anfang November 2010 veranlasst worden wäre und Frau V sich an Ort und Stelle wegen der widrigen Witterungsverhältnisse entschieden hätte, im Schulungshotel zu übernachten. Anfang Dezember 2010 habe Deutschland unter Schnee und Eis gelegen. Insbesondere in der Zeit vom 07. - 10.12.2010 habe durchgehend Eis- und Schneeglätte geherrscht, so dass es Frau V nicht zuzumuten gewesen sei, am 07., 08., und 09.12.2010 abends sowie am 08., 09. und 10.12.2010 morgens jeweils mit dem Pkw von der Schulung nach Haus und alsdann im Berufsverkehr von zu Hause wieder zur Schulung zu fahren.

Der Betriebsrat beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln vom 15.02.2012 - 7 BV 152/11 - der Antragsgegnerin aufzugeben, das Betriebsratsmitglied D V von der Inanspruchnahme durch die Firma W , I f B , aus deren Rechnung vom 10.12.2010 - RG-Nr.: 1052913 - in Höhe von 314,16 € freizustellen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie meint, es habe in der fraglichen Zeit das übliche Winterwetter geherrscht, so dass die tägliche Anreise zur Schulung in angepasster Fahrweise ohne Weiteres möglich gewesen sei. Im Übrigen verteidigt sie den angefochtenen Beschluss aus Rechtsgründen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes haben die Parteien auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Beschwerdegericht hat aufgrund des Beschlusses vom 08.11.2012 (Bl. 167 d. A.) eine Auskunft beim Deutschen Wetterdienst eingeholt, ob im Großraum K -B zwischen dem 07. und dem 10.12.2010 Schnee- und Eisglätte herrschten, die den Straßenverkehr erheblich beeinträchtigten. Die amtliche Auskunft ist unter dem Datum des 23.11.2012 erteilt worden (Bl. 172 ff. d. A.).

II. Die nach den §§ 87, 89 ArbGG zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist begründet.

1. Der mit der Beschwerde weiter verfolgte Freistellungsantrag des Betriebsrats ist zulässig. Insbesondere ist der Betriebsrat antragsbefugt. Zu den Kosten des Betriebsrats gehören auch die Schulungskosten seiner Mitglieder. Soweit einzeln...

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