Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtstellung des Betriebsrats hinsichtlich einer Betriebsvereinbarung betreffend eine Zeitgutschrift für Samstagsarbeit. Nachwirkung einer gekündigten Betriebsvereinbarung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Mit der erstmaligen Gewährung einer Zeitgutschrift für Samstagsarbeit stellt der Arbeitgeber einen Entlohnungsgrundsatz i.S. von § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG auf.

2. Ein solcher Entlohnungsgrundsatz wird durch den Arbeitgeber geändert, wenn er die Zeitgutschrift neu eingestellten Arbeitnehmern nicht mehr gewährt.

3. Vertraglich begründete Ansprüche von Arbeitnehmern auf Leistungen, die auf eine Gesamtzusage zurückgehen, können durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung nur dann abgelöst werden, wenn der Arbeitgeber sich bei der Zusage eine Abänderung durch Betriebsvereinbarung vorbehalten hatte.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10, § 77 Abs. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 22.11.2016; Aktenzeichen 14 BV 162/16)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 22.11.2016 - 14 BV 162/16 - abgeändert.

    Der Antrag der Arbeitgeberin wird zurückgewiesen.

    Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, bis zum Inkrafttreten einer die Betriebsvereinbarung über Zuschläge für Samstagsarbeit vom 08.12.2014 ablösenden Betriebsvereinbarung mit ihm oder einem entsprechenden Beschluss der Einigungsstelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in ihrem Betrieb an Samstagen arbeiten, einen Zeitzuschlag für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden nach folgenden Grundsätzen zu gewähren:

    • -

      Mitarbeiter, die vor dem 01.09.2010 eingetreten sind, 25 %

    • -

      Mitarbeiter, die ab dem 01.09.2010 eingetreten sind, nach zweiten Jahr des Arbeitsverhältnisses 10 % und nach jedem weiteren vollendeten Jahr weitere 5 % bis zu maximal insgesamt 25 %.

  • II.

    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Nachwirkung einer Betriebsvereinbarung.

Die antragstellende, nicht tarifgebundene Arbeitgeberin ist ein Einzelhandelsunternehmen, das in K eine Filiale mit ca. 150 Arbeitnehmern unterhält.

Die Arbeitgeberin veröffentlichte im März 2009 ein hausinternes Rundschreiben, in dem es hieß:

"ZEITKONTO/SAMSTAGSVERGÜTUNG

Ihr seid super! Für Eure hervorragende Arbeit in den Jahren seit unserer Eröffnung konnte unsere Filiale eine tolle Leistung erzielen. Daher gilt ab sofort folgende Regelung für die Arbeit der Voll- und Teilzeitkräfte am Samstag: 25 % der geleisteten Stundenzahl wird in einem separaten Stundenkonto gesammelt. Die Vergütung dieser Stunden wird noch geregelt. In Kürze erhaltet Ihr weitere Infos."

Seit September 2010 schloss die Arbeitgeberin mit neu eingestellten Arbeitnehmern arbeitsvertraglich eine Zeitgutschrift für die Arbeit an Samstagen aus. Den am 31.08.2010 beschäftigten Arbeitnehmern gewährte sie die Zeitgutschrift hingegen unverändert weiter.

In einem daraufhin von dem Betriebsrat angestrengten Beschlussverfahren, in dem er sich gegen die seiner Ansicht nach mitbestimmungswidrige Aufhebung der Regelung wandte, wies das Bundesarbeitsgericht den Antrag mit Beschluss vom 18.03.2014- 1 ABR 75/12 - als unbegründet zurück. Zwar habe die Arbeitgeberin - so das Bundesarbeitsgericht - den Betriebsrat bei der Einführung des Zeitzuschlags für Samstagsarbeit sowie bei der Änderung von dessen Anspruchsvoraussetzungen entgegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht ordnungsgemäß beteiligt. Dennoch könne der Betriebsrat von der Arbeitgeberin nicht die Gewährung eines Zeitzuschlags für die Arbeit an Samstagen auch an die nach dem 31.08.2010 eingestellten Arbeitnehmer verlangen. Denn es fehle sowohl an einer Betriebsvereinbarung, auf deren Grundlage die Arbeitgeberin gegenüber dem Betriebsrat verpflichtet sei, den an Samstagen beschäftigten Arbeitnehmern einen Zeitzuschlag zu gewähren, als auch an einer Regelungsabrede über die Gewährung einer solchen Zeitgutschrift für die Arbeit an Samstagen, da der Betriebsrat seine Zustimmung zu der im Frühjahr 2009 von der Arbeitgeberin eingeführten Leistung nicht erteilt habe.

Mit Schreiben vom 30.04.2014 teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin daraufhin mit, dass er der Gewährung der Samstagszuschläge nach dem Stand von März 2009 i.H.v. 25 % zustimme. Die Arbeitgeberin widersprach mit Schreiben vom 05.04.2014 einer Änderung der betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsgrundlage.

Nachdem Gespräche der Beteiligten über Vergütungsgrundsätze und Samstagszuschläge ergebnislos geblieben waren, leitete der Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht Köln ein Beschlussverfahren zur Einsetzung einer Einigungsstelle ein. In diesem Verfahren schlossen die Beteiligten am 17.06.2014 einen Vergleich, der nach Ablauf einer weiteren Verhandlungsfrist die Anrufung einer Einigungsstelle zu dem Thema "Vergütungsstruktur einschließlich der Samstagszuschläge" ermöglichte.

In dem schließlich durchgeführten Einigungsstellenverfahren schlossen die Beteiligten mit Datum vom 27.11.2014 eine "Betriebsvereinbarung Entlohnungsgrundsätze" (Bl. 58-61 der Akte) und mit ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge