Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Fahrtkosten zu einer auswärtigen Berufsschule

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Pflicht zur Übernahme von Fahrtkosten des Auszubildenden zu einer auswärtigen Berufsschule durch den Ausbilder besteht nach Berufsbildungsgesetz und dem TarifvertragAöD-BT BBiG nur, wenn der Ausbilder den Besuch der auswärtigen Berufsschule veranlasst hat.

2. Von einer Veranlassung in diesem Sinn ist auszugehen, wenn die Einflussnahme des Ausbilders auf den Besuch einer auswärtigen Berufsschule eine erhebliche Qualität erhält, etwa wenn der Ausbilder den Wunsch äußert, der Auszubildende möge nicht die nächstgelegene Berufsschule, sondern eine andere mit weiterem Anfahrtsweg besuchen.

 

Normenkette

TVAöD-BT BBiG § 10 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Urteil vom 02.02.2007; Aktenzeichen 2 Ca 1693/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.12.2009; Aktenzeichen 3 AZR 936/07)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 02.02.2007 – 2 Ca 1693/06 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf Fahrtkostenerstattung für den Besuch der Berufsschule.

Der Kläger befindet sich seit dem 01.08.2004 aufgrund eines Berufsausbildungsvertrages vom 04.05.2004 (Bl. 11 d.A.) in der W1 Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Beklagten in W2 in einem Berufsausbildungsverhältnis zum Kaufmann im Gesundheitswesen. Auf das Ausbildungsverhältnis war bis zum 30.09.2005 der Manteltarifvertrag für Auszubildende vom 06.12.1974 anwendbar. Seit dem 01.10.2005 gilt kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für Auszubildende des öffentlichen Dienstes vom 13.09.2005 (TVAöD-BT BBiG).

Der in W2 wohnende Kläger besucht die für seinen Ausbildungsgang nächstgelegene Berufsschule in D1.

Bis einschließlich Januar 2006 erstattete der Beklagte ihm die notwendigen Fahrtkosten zum Besuch der Berufsschule zweimal wöchentlich – mittwochs und freitags –. Seit Februar 2006 erbringt er keine Erstattungsleistungen.

Mit Schreiben vom 21.03.2006 (Bl. 10 d.A.) berief sich der Kläger auf § 10 Abs. 3 TVAöD-BT BBiG und machte seine Ansprüche auf Fahrtkostenerstattung dem Grunde und der Höhe nach rückwirkend und für die Zukunft geltend.

Mit Schreiben vom 28.03.2006 (Bl. 9 d.A.) lehnte der Beklagte eine weitere Übernahme der Fahrtkosten ab.

Mit Schreiben vom 12.05.2006 (Bl. 7 d.A.) machte der Kläger erneut seine Aufwendungen geltend und verlangte die Zahlung von 366,60 EUR.

In der Zeit vom 03.02.2006 bis zum 25.08.2006 entstanden dem Kläger Fahrtkosten i.H.v. insgesamt 773,80 EUR. Wegen der Einzelheiten der Forderungsberechnung wird auf die von dem Kläger mit der Klageschrift vorgelegte Kostenaufstellung (Bl. 8 d.A.) Bezug genommen.

Dem Streit der Parteien liegen folgende Tarifnormen zugrunde:

§ 10 Abs. 1 des bis zum 30.09.2005 gültigen Manteltarifvertrages:

Bei Dienstreisen, Abordnungen, Dienstgängen und Reisen zur Ablegung der in den Ausbildungsordnungen vorgeschriebenen Prüfungen erhält der Auszubildende eine Entschädigung in entsprechender Anwendung der für die entsprechenden Beamten des Ausbildenden geltenden Reisekostenbestimmungen in der jeweiligen Fassung unter Zugrundelegung der niedrigsten Reisekostenstufe. Bei Reisen zur Teilnahme am Unterricht, an Vorträgen, an Arbeitsgemeinschaften oder an Übungen zum Zwecke der Ausbildung sowie bei Reisen in den Fällen des § 16 Satz 2, werden die notwendigen Fahrtkosten bis zur Höhe der Kosten der Fahrkarte der jeweils niedrigsten Klasse des billigsten regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittels (im Eisenbahnverkehr ohne Zuschläge) erstattet; Möglichkeiten zur Erlangung von Fahrpreisermäßigungen (Schülerfahrkarten oder Fahrkarten für Berufstätige) sind auszunutzen. Bei Reisen zur Teilnahme am Unterricht an einer auswärtigen Berufsschule werden dem Auszubildenden Fahrtkosten in der in Satz 2 genannten Höhe insoweit erstattet, als sie monatlich 6 % der Ausbildungsvergütung eines Auszubildenden im ersten Ausbildungsjahr übersteigen. Satz 3 gilt nicht, soweit die Fahrtkosten nach landesrechtlichen Vorschriften von einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes getragen werden. In den Fällen der Sätze 3 und 4 werden Beträge von weniger als 1,53 EUR nicht ausgezahlt.

§ 10 Abs. 3 des seit dem 01.10.2005 geltenden TVAöD-BT BBiG in der für die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeber geltenden Fassung lautet wie folgt:

Ist der Besuch einer auswärtigen Berufsschule vom Ausbildenden veranlasst, werden die notwendigen Fahrtkosten sowie die Auslagen für Unterkunft und Verpflegungsmehraufwand nach Maßgabe des Absatzes 2 erstattet.

Mit seiner am 04.05.2006 bei dem Arbeitsgericht Hamm eingegangenen Klage verfolgt der Kläger seinen Anspruch auf Zahlung von Fahrtkosten i.H.v. 773,80 EUR weiter.

Er hat die Auffassung vertreten:

Der Beklagte habe den Besuch der Berufsschule deshalb veranlasst, weil es sich um eine von der IHK bzw. der Handwerkskammer vorgesehene...

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