Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

krankheitsbedingte Kündigung. langandauernde Erkrankung. völlige Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit. Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen leidensgerechten Arbeitsplatz. Nichtdurchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements. Anhörung des Betriebsrates vor Ausspruch der Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Nichtdurchführung des betriebliches Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX führt nicht zur Unwirksamkeit der krankheitsbedingten Kündigung eines nicht schwerbehinderten Arbeitnehmers, wenn feststeht, dass die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit eines Arbeitnehmers völlig ungewiss ist und eine Versetzungsmöglichkeit auf einen anderen leidensgerechten Arbeitsplatz nicht besteht.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 1-2; BetrVG § 102 Abs. 1; SGB IX § 84 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Hagen (Westfalen) (Urteil vom 27.09.2005; Aktenzeichen 5 Ca 2970/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.07.2007; Aktenzeichen 2 AZR 716/06)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 27.09.2005 – 5 Ca 2970/04 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung.

Der am 30.12.1962 geborene, verheiratete Kläger ist seiner Ehefrau sowie einem noch schulpflichtigen Sohn unterhaltspflichtig. Seine Vergütung betrug zuletzt 1.642,84 EUR monatlich.

Die Beklagte beschäftigt in ihrem Werk in S1xxxxxxxxx ca. 150 bis 200 Arbeitnehmer.

Der Kläger ist seit dem 26.03.2002 arbeitsunfähig krank. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger als Maschinenbediener die zu bearbeitenden Werkstücke per Hand aus Metallbehältern zu entnehmen, in die Spannvorrichtung der Bearbeitungsmaschine einzulegen und festzuspannen sowie den Fertigungsprozess zu starten. Nach dessen Beendigung war das bearbeitete Teil auszuspannen und per Hand in einen weiteren Metallbehälter abzulegen. Sowohl die Metallkisten mit den zu bearbeitenden Werkstücken als auch die mit den fertigen Teilen hatte der Kläger einige Meter mit einem handgeführten Hubwagen zu transportieren. Wegen der in stehender und kurzstreckig gehender Arbeitshaltung zu verrichtenden Tätigkeiten und der dabei bestehenden Arbeitsbedingungen im Einzelnen wird auf die Arbeitsplatzbeschreibung in dem vom Gericht eingeholten arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachten vom 24.06.2005 auf den Seiten 10 und 11 (Bl. 64 und 65 der Akte) Bezug genommen.

Während seiner ab dem 26.03.2002 bestehenden Arbeitsunfähigkeit, die ab dem 13.05.2002 zunächst zum Bezug von Krankengeld und dann von Leistungen der Arbeitsverwaltung führte, wurde dem Kläger am 24.02.2003 in der Universitätsklinik Essen ein Bandscheibenvorfall in Höhe der Lendenwirbelkörper vier und fünf operativ entfernt. Es folgte in der Zeit vom 21.07. bis 15.08.2003 eine ambulante Rehabilitationsbehandlung in Hattingen.

Mit Schreiben vom 03.09.2003 (Bl. 24 der Akte) fragte die Beklagte beim Kläger nach dem Stand der Erkrankung und wann mit einer Genesung zu rechnen sei. Daraufhin teilte der Kläger mit Schreiben vom 13.09.2003 (Bl. 25 und 26 d.A.) mit, dass er an einem Bandscheibenvorfall leide, genauere Angaben über seinen Gesundheitszustand aber nicht machen könne; er sei weiterhin nicht in der Lage, seine Arbeit aufzunehmen, weil es nicht besser, sondern eher schlimmer geworden sei; eine Operation sei ohne Erfolg geblieben, eine zweite Operation folge noch „in unabsehbarer Zeit”. Mit Schreiben vom 17.11.2003 (Bl. 27 der Akte.) lud die Beklagte den Kläger zu einem klärenden Sozialgespräch unter Teilnahme des Betriebsarztes und eines Betriebsratsmitglieds ein und bat den Kläger, seine Krankenunterlagen mitzubringen. Zu diesem Sozialgespräch am 28.11.2003 erschien der Kläger dann ohne diese Unterlagen, so dass der Werksarzt keine weitere Stellungnahme zum Gesundheitszustand des Klägers abgeben konnte (vgl. die Kopie des Gesprächsprotokolls auf Bl. 28 der Akte).

Wegen der Andauer der Beschwerden wurde der Kläger vom 08. bis 10.12.2003 nochmals im Universitätsklinikum Essen stationär behandelt. Dies führte jedoch genauso wie Massagen, Krankengymnastik und therapeutische Maßnahmen nicht zu einer nachhaltigen Beschwerdebesserung.

Mit Einwurfeinschreiben vom 06.10.2004 (Bl. 29 der Akte) bat die Beklagte den Kläger erneut, sich zu seinem Krankheitsbild detailliert zu äußern und bis zum 22.10.2004 um Mitteilung, wann er seine Arbeit wieder aufnehmen könne.

Nachdem keine Reaktion des Klägers hierzu erfolgte, teilte die Beklagte mit Schreiben vom 29.10.2004 (Bl. 31 und 32 der Akte) dem Betriebsrat ihre Absicht mit, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht wegen dessen Dauererkrankung seit dem 26.03.2002 und der völligen Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu kündigen. Nachdem der Betriebsrat in einer einberufenen Sondersitzung noch am selben Tage zugestim...

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