Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersdiskriminierung von Arbeitnehmern durch die nach Lebensalter gestaffelte Gewährung von Schichtfreizeittagen

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat der Arbeitgeber aufgrund eines Manteltarifvertrages seinen Mitarbeitern nach Alter gestaffelt zusätzliche Freizeit in Form von Schichtfreizeittagen gewährt, und sind zu einem späteren Zeitpunkt nach Wegfall des Anspruchs auf Gewährung von Schichtfreizeittagen aufgrund eines neuen Tarifvertrages die bis dahin gewährten Schichtfreizeittage aus Besitzstand festgeschrieben worden, so stellt es sich nicht als Diskriminierung wegen des Alters dar, wenn einem Arbeitnehmer bei fortschreitendem Lebensalter nicht die der früheren Regelung entsprechenden zusätzlichen Schichtfreizeittage gewährt werden.

 

Normenkette

AGG § 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Entscheidung vom 15.01.2015; Aktenzeichen 4 Ca 2444/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 29.04.2017; Aktenzeichen 6 AZR 119/16)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.01.2015 - 4 Ca 2444/14 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger weitere Schichtfreizeittage unter dem Gesichtspunkt der Altersdiskriminierung zu gewähren.

Der 1967 geborene Kläger ist seit dem 01.04.1988 für die Beklagte als Croupier im Schichtdienst in der Spielbank E zu einem durchschnittlichen Bruttomonatseinkommen von zuletzt ca. 4.000,00 € beschäftigt.

Im Jahr 2013 wurden dem Kläger 6 Schichtfreizeittage gewährt. Die Gewährung von Schichtfreizeittagen geht auf bei der Beklagten bestehende Haustarifverträge zurück. Mit Inkrafttreten des Manteltarifvertrages vom 27.05. / 08.07.1994 (im Folgenden MTV 1994) gewährte die Beklagte ihren Mitarbeitern Schichtfreizeittage. Gemäß § 5 Nr. 1 MTV 1994 stand den Arbeitnehmern, zu denen auch der Kläger gehörte, gestaffelt nach Lebensalter eine bestimmte Anzahl von Schichtfreizeittagen pro Kalenderjahr zu. In Schichten arbeitende Mitarbeiter erhielten bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres 6 Schichtfreizeittage, bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres 8 Schichtfreizeittage und danach 9 Schichtfreizeittage pro Kalenderjahr (wegen der Einzelheiten des MTV 1994 vgl. Bl. 19 ff. d.A.). In Ziffer 3 b der Protokollnotiz zum MTV 1994 ist ein Besitzstandsausgleich dahingehend geregelt, dass Mitarbeiter im Schichtdienst, die bis zum 31.12.1993 das 35. Lebensjahr vollendet haben, 1 Tag Schichtfreizeit, die das 36. Lebensjahr vollenden bis zum 40. Lebensjahr 2 Tage Schichtfreizeit und die das 41. Lebensjahr vollenden bis zum 50. Lebensjahr und darüber 3 Tage Schichtfreizeit zusätzlich erhalten.

Zum 01.03.2005 trat der Manteltarifvertrag vom 14.02.2005 (im Folgenden MTV 2005) in Kraft, der den MTV 1994 ablöste. Der MTV 2005 enthält keinen Anspruch mehr auf Schichtfreizeittage (wegen der Einzelheiten des MTV 2005 wird auf Bl. 23 ff. d. A. verwiesen). Der MTV 2005 enthält jedoch eine Zusatzvereinbarung ("Besitzstandsregelung"). Unter Nr. 1 dieser Zusatzvereinbarung heißt es wie folgt:

"Für Arbeitnehmer/innen, die zum Stichtag des Inkrafttretens des Manteltarifvertrages Anspruch auf Schichtfreizeit haben, werden diese Tage als Besitzstand festgeschrieben."

Zum 01.07.2012 trat der Manteltarifvertrag vom 12.10.2012 (im Folgenden MTV 2012) in Kraft, der ebenfalls keinen Anspruch mehr auf Schichtfreizeittage vorsah, und der den MTV 2005 ablöste (wegen der Einzelheiten des MTV 2012 wird auf Bl. 10 ff. d.A. verwiesen). Der MTV 2012 enthält eine wortgleiche Besitzstandsregelung wie der MTV 2005, die in der Zusatzvereinbarung zum MTV 2012 fixiert wurde.

Der Kläger vollendete unter der Geltung des MTV 1994 das 35. Lebensjahr. Der MTV 2005 trat vor Vollendung seines 40. Lebensjahres in Kraft. Die Beklagte gewährt dem Kläger 6 Schichtfreizeittage pro Jahr.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm ein Anspruch auf 12 Schichtfreizeittage pro Jahr zustehe. 12 Schichtfreizeittage stellten das Höchstmaß der von der Beklagten zu gewährenden Schichtfreizeittage dar. Dieses Höchstmaß erhielten die Arbeitnehmer, denen aus der Besitzstandsregelung in der Protokollnotiz zum MTV 1994 drei Schichtfreizeittage und nach § 5 MTV 1994 neun Schichtfreizeittage zustünden. Die Differenzierung hinsichtlich des Umfangs der Schichtfreizeittage nach dem Lebensalter verstoße gegen das Verbot der Altersdiskriminierung und benachteilige ihn unangemessen. Da der Umfang der Schichtfreizeittage unmittelbar an das Lebensalter der Beschäftigten anknüpfe, liege eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne des § 3 Abs. 1 AGG vor. Auch die den Besitzstand begründende Regelung in MTV 2005 und MTV 2012 leite sich aus einer altersdiskriminierenden tariflichen Regelung ab und sei daher selbst auch altersdiskriminierend. Die ungleiche Gewährung von Schichtfreizeittagen, gestaffelt nach Lebensalter, sei festgeschrieben und fortgeführt worden. Hierzu müsse weder die Zusatzvereinbarung zum MTV 2005 noch die Zusatzve...

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