Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustellungsverzögerung wegen unrichtiger Bezeichnung des Vertretungsorgans einer insolventen GmbH

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird über das Vermögen einer GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet, wird der Insolvenzverwalter als obligatorischer Fremdliquidator ihr für die Prozeßführung zuständiges Vertretungsorgan. Er ist keine von der GmbH verschiedene Partei. Die Klage ist daher stets gegen die GmbH, vertreten durch den amtlich bestellten Insolvenzverwalter, zu richten.

2. Soweit Zustellungsverzögerungen darauf beruhen, daß der Kläger die beklagte Partei unrichtig bezeichnet oder ihre Vertretungsorgane falsch angegeben hat, ist dies bei der Frage, ob die spätere erfolgreiche Zustellung noch „demnächst” (§ 270 Abs. 3 ZPO) erfolgt ist, zu berücksichtigen.

3. Scheidet ein Unternehmen aus einem gemeinsam unterhaltenen Betrieb aus, kann ein Teilbetriebsübergang auf die verbliebenen Teilhaber des Gemeinschaftsbetriebs vorliegen, wenn diese den bisherigen gemeinsamen Betrieb fortführen.

 

Normenkette

ArbGG § 46 Abs. 2, § 495; ZPO § 270 Abs. 3; GmbHG § 35 Abs. 1-2, §§ 36, 66 Abs. 1, § 68 Abs. 1, § 70 S. 1, § 71 Abs. 4; BGB §§ 121, 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Entscheidung vom 31.03.2000; Aktenzeichen 1 Ca 2431/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.01.2002; Aktenzeichen 2 AZR 57/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 31.03.2000 (1 Ca 2431/99) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000,00 DM = 10.225,84 [khgr] festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung der Beklagten zu 1), über die Frage des Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 2) und über die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Klägers.

Der am …………. geborene, ledige Kläger stand seit 1981 zur Beklagten zu 1) als kaufmännischer Angestellter in einem Arbeitsverhältnis. Er arbeitete zunächst im Innendienst und wurde 1998 in den Außendienst versetzt. Sein Bruttogehalt belief sich auf zuletzt 4.000,00 DM pro Monat.

Die Beklagte zu 1) beschäftigte regelmäßig vier Arbeitnehmer. Sie vertrat die Produkte, die von der Beklagten zu 2) hergestellt werden. Das sind Befestigungsmaterialien unterschiedlicher Art aus Metall und Kunststoff für den Einzelhandel und für Heimwerker. Aufgabe des Klägers war es, neue Kunden zu gewinnen und diesen die Waren aus dem Programm der Beklagten zu 2) zu verkaufen. Beide Beklagte waren in dem Industriegebiet West in U…. in einem Gebäude untergebracht.

Auf Antrag der Geschäftsführung der Beklagten zu 1) vom 12.03.1999 wurde über ihr Vermögen mit Beschluß des Amtsgerichts Dortmund vom 15.03.1999 (251 IN 1499) das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt R…… S…….aus D………… zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 17.03.1999 teilte die Beklagte zu 1) ihren Beschäftigten, darunter dem Kläger, u. a. folgendes mit:

In Abstimmung mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter haben wir die Entscheidung gefällt, daß der Betrieb umgehend eingestellt und geschlossen wird.

Hiermit stellen wir Sie ab sofort von der Arbeit frei. Soweit Überstunden aufgelaufen sind, werden diese im Rahmen der Freistellung durch Freizeit ausgeglichen. Eventuell bestehende Urlaubsansprüche werden ebenfalls auf die Freistellung angerechnet.

Bitte melden Sie sich sofort bei dem für Sie zuständigen Arbeitsamt arbeitslos, damit Ihnen keine finanziellen Nachteile entstehen.

Mit Beschluß des Amtsgerichts Dortmund vom 28.04.1999 (251 IN 14/99) wurde am gleichen Tage um 10.30 Uhr das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt R…… S…….aus D………… zum endgültigen Insolvenzverwalter bestellt. Dieser kündigte mit Schreiben vom 30.04.1999, dem Kläger am gleichen Tage ausgehändigt, dessen Beschäftigungsverhältnis zur Beklagten zu 1) wie folgt:

Über das Vermögen der oben genannten Gemeinschuldnerin wurde durch Beschluß dese Amtsgerichts Dortmund vom 28.04.1999 das Insolvenzverfahren eröffnet und Herr Rechtsanwalt R…… S…….zum Insolvenzverwalter bestellt.

Hiermit kündige ich das zwischen Ihnen und der oben genannten Firma bestehende Beschäftigungsverhältnis fristgerecht zum nächstmöglichen Termin, d. h. nach meinen Berechnungen zum31.08.1999.

Ich möchte darauf hinweisen, daß die Ihnen mitgeteilte Freistellung von der Arbeit weiterhin aufrechterhalten bleibt. Soweit Überstunden aufgelaufen sind, werden diese im Rahmen der Freistellung durch Freizeit ausgeglichen. Eventuell bestehende Urlaubsansprüche werden ebenfalls auf die Freistellung angerechnet.

Mit Klageschrift vom 12.05.1999, bei dem Arbeitsgericht Dortmund am 17.05. 1999 eingegangen, hat sich der Kläger gegen diese Kündigung zur Wehr gesetzt und seine Weiterbeschäftigung von der Beklagten zu 2) über den Ablauf der Kündigungsfrist geltend gemacht.

Die Klageschrift wurde der Beklagten zu 2) am 07.06.1999 zugestellt. Eine Zustellung an die Beklagte zu 1), deren Rubrum wie folgt gefaßt war:

„Firma V… – Verbindungselemente. O……… GmbH G, Insolvenz, R…...

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