Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsausbildungsverhältnis. Widerrechtliche Drohung, Anfechtung. Auszubildender

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Inaussichtstellen einer Strafanzeige gegen den Vater einer Auszubildenden zum Zweck der Auflösung des Berufsausbildungsverhältnisses mit der Auszubildenden stellt eine widerrechtliche Drohung i.S.v. § 123 BGB dar, soweit die Verhaltensweise des Vaters, das Berufsausbildungsverhältnis nicht unmittelbar berührt.

 

Normenkette

BGB § 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Urteil vom 12.02.2009; Aktenzeichen 4 Ca 4594/08)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 3 AZN 753/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 12.02.2009 – AZ. 4 Ca 4594/08 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch um die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses aufgrund Aufhebungsvertrages.

Die am 15.06.1985 geborene Klägerin, die für ein im Jahr 2003 geborenes Kind sowie zwischenzeitlich ein weiteres Kind unterhaltspflichtig ist, war seit dem 01.07.2008 im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses bei der Beklagten beschäftigt.

Grundlage war ein schriftlicher Berufsausbildungsvertrag vom 25.03.2008, nach dem die Ausbildung am 01.07.2008 begann und am 31.07.2011 enden sollte. Die Probezeit betrug drei Monate.

Die Ausbildungsvergütung betrug im ersten Ausbildungsjahr 380,00 EUR brutto.

Die Beklagte betreibt eine Rechtsanwaltskanzlei mit regelmäßig vier Arbeitnehmern außer den zur Berufsausbildung Beschäftigten.

Mit Schreiben vom 04.09.2008 kündigten die Beklagten das Ausbildungsverhältnis ordentlich mit sofortiger Wirkung innerhalb der Probezeit.

Mit Schreiben vom 13.09.2008 teilte die Klägerin daraufhin der Beklagten mit, sie sei zum Zeitpunkt der Kündigung am 04.09.2008 bereits schwanger gewesen.

Nach einer Bescheinigung über eine Schwangerschaft vom 18.09.2008 befand sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Ausstellung in der 6. Schwangerschaftswoche. Unter dem 15.09.2008 stellte die Beklagte bei der Bezirksregierung Arnsberg einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 05.11.2008 abgelehnt. Die Erteilung der Zustimmung verfolgt die Beklagte vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen weiter.

Mit Schreiben vom 26.09.2008 forderte die Beklagte die Klägerin auf, wieder zur Ausbildung zu erscheinen.

Unter dem 30.09.2008 nahm daraufhin die Klägerin ihre Tätigkeit bei der Beklagten wieder auf.

Unter welchen Umständen die Wiederaufnahme der Tätigkeit erfolgte, ist unter den Parteien streitig.

Unter dem 01.10.2008 erschienen gegen 12.00 Uhr zwei Polizeibeamte in der Kanzlei der Beklagten mit der Erklärung, es liege eine Anzeige wegen Freiheitsberaubung gegenüber der Klägerin vor.

Anlass des Erscheinens war ein Telefonat des Vaters der Klägerin vom 01.10.2008, 11.34 Uhr. In diesem Telefonat erklärte der Vater der Klägerin, seine Tochter habe Konflikte mit ihrem Chef, er habe sie deswegen in einen Abstellraum gesperrt, sie sei schwanger und das sei psychisch gefährlich.

Kurze Zeit später erschien der Vater der Klägerin in den Kanzleiräumlichkeiten und drohte mit einer Anzeige.

Zu einem späteren Zeitpunkt an diesem Tage fand ein Gespräch zwischen der Klägerin und den Gesellschaftern der Beklagten statt.

In diesem Gespräch wurde von Seiten der Beklagten jedenfalls mit einer Strafanzeige gedroht. Ob dabei mit einer Strafanzeige sowohl gegenüber der Klägerin, als auch gegenüber ihrem Vater gedroht wurde, ist unter den Parteien streitig. Jedenfalls übergaben die Beklagten der Klägerin auf deren Wunsch an diesem Tage eine Bescheinigung mit folgendem Inhalt:

„Ich sichere Ihnen hiermit zu, dass über den heutigen Vorfall anlässlich des Polizeieinsatzes unsererseits weder gegen Sie noch ihren Vater eine Strafanzeige erstattet wird. Wir werden auch keine zivilrechtlichen Schritte gegen Sie oder Ihren Vater unternehmen.”

Anschließend unterzeichneten die Parteien einen Aufhebungsvertrag, wonach das Ausbildungsverhältnis einvernehmlich mit sofortiger Wirkung aufgehoben wurde.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 13.10.2008 focht die Klägerin diesen Aufhebungsvertrag wegen Drohung mit einer Strafanzeige an.

Die Nichtbeendigung des Berufungsausbildungsverhältnisses durch die Kündigung der Beklagten und den Aufhebungsvertrag verfolgt die Klägerin mit der unter dem 24.09.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage und der unter dem 12.11.2008 eingegangenen Klageerweiterung.

Das Verfahren vor dem Schlichtungsausschuss der Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Hamm vom 29.10.2008 endete dahingehend, dass festgestellt wurde, ein Beschluss sei nicht möglich.

Die Klägerin hat sowohl die Kündigung, als auch den Aufhebungsvertrag für unwirksam angesehen.

Die Kündigung sei unwirksam, da sie zum Zeitpunkt des Zugangs bereits schwanger gewesen sei. Darüber hinaus sei die Kündigung nur erfolgt, weil sie sich bei anderen Rechtsanwälten im Hinblick auf ei...

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