Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines Arbeitsvertrages hinsichtlich der Höhe der Vergütung

 

Leitsatz (redaktionell)

Verweist der Arbeitsvertrag zunächst auf den Lohntarifvertrag für den Einzelhandel NRW und enthält er sodann eine bezifferte Vereinbarung für den zu zahlenden Stundenlohn, so ist dies so auszulegen, dass aufgrund der Bezugnahmeklausel das jeweils maßgebende Tarifentgelt vereinbart werden sollte.

 

Normenkette

Lohntarifvertrag für den Einzelhandel NRW

 

Verfahrensgang

ArbG Münster (Entscheidung vom 07.03.2014; Aktenzeichen 4 Ca 2099/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.10.2015; Aktenzeichen 4 AZR 649/14)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 07.03.2014 - 4 Ca 2099/13 - wird zurückgewiesen.

Auf den Antrag des Klägers wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 2.065,40 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 379,48 € seit 01.04.2014 und seit 01.05.2014 sowie aus je 435,48 € seit dem 01.06.2014, 01.07.2014 und 01.08.2014 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Engeltansprüche des Klägers gegen die Beklagte aufgrund einer streitigen Bindung an den Lohntarifvertrag für den Einzelhandel NRW.

Der Kläger ist seit dem 01.01.1998 bei der Beklagten als Haustischler beschäftigt, Grundlage der Beschäftigung war zunächst ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 12.11.1997.

In § 1 Ziffer 3 dieses Arbeitsvertrages heißt es auszugsweise:

"Die Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes NRW in ihrer jeweils geltenden Fassung und deren Nachfolgeverträge sind Bestandteil dieses Vertrages.".

In § 4 Ziffer 1 war der Passus zur Eingruppierung des Klägers nicht ausgefüllt.

§ 4 Ziffer 2 lautet:

"Das vereinbarte Entgelt beträgt: 21,54 DM pro Stunde"

In § 4 Ziffer 4 ist des Weiteren geregelt, dass über das tarifliche Entgelt hinausgehende Bestandteile gekürzt oder widerrufen werden können, zudem bei einer Erhöhung der Tarife angerechnet werden können.

Die Beklagte ist Mitglied des Einzelhandelsverbandes Ostwestfalen-Lippe, der wiederum Mitglied im Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen ist.

Die Beklagte war zunächst Mitglied mit Tarifbindung. Mit Schreiben vom 20.09.2004 erklärte sie gegenüber dem Einzelhandelsverband Ostwestfalen-Lippe den Ausschluss der Tarifbindung zum Ablauf des auf den Zugang dieser Erklärung folgenden Monats. Mit Schreiben vom 23.09.2004 bestätigte der Verband die Annahme des Antrages zum Wechsel in die Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (OT-Mitgliedschaft). Der Verband führt seit dem 01.11.2004 die Beklagte als Mitglied ohne Tarifbindung.

Bis zu diesem Zeitpunkt wurde der Lohn des Klägers regelmäßig entsprechend den Tarifabschlüssen erhöht.

Im März 2005 schlossen die Parteien eine Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages (Bl 7 der GA):

Diese hat folgenden Wortlaut:

"Die Parteien sind sich darüber einig, dass der zwischen ihnen bestehende Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.04.2005 wie folgt geändert wird. Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter. Ebenso bleibt die Dauer der Betriebszugehörigkeit gewahrt

Arbeitszeit

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden

Zuschläge

Auf Spät- und Mehrarbeitszuschläge besteht kein Anspruch

Sonderzahlungen

...

Urlaub

..."

Jedenfalls nach Abschluss dieser Vereinbarung gab die Beklagte Tariflohnerhöhungen im Einzelhandel nicht mehr an den Kläger weiter.

In dem Rechtsstreit 3 Ca 978/07 vor dem ArbG Münster, dessen Gegenstand im Wesentlichen war, ob es sich bei der Erhöhung von 37,5 Stunden auf 40 Stunden/ Woche um eine Arbeitszeiterhöhung mit oder ohne Lohnausgleich handelte schlossen die Parteien gem. § 278 Abs. 6 ZPO unter dem 09.07.2010 (Bl 59/60 der GA) einen Prozessvergleich, nach dem sich die Beklagte zur Zahlung eines bestimmten Betrages für Mehrarbeit im Zeitraum September 2006 bis Januar 2010 sowie zur Gewährung von Urlaubstagen rückwirkend ab 2007 verpflichtete. Ferner wurde eine Einigkeit der Parteien geregelt, dass der Kläger ab dem 01.01.2010 wöchentlich 37,5 Arbeitsstunden erbringt. Unberührt blieben Mehrarbeitsansprüche für die Zeit Oktober 2005 bis August 2006 und Ansprüche auf Urlaubsgutschrift für 2005 und 2006. Die Frage der Vergütungshöhe thematisierte der Kläger in diesem Verfahren nicht.

Einen weiteren außergerichtlichen Vergleich schlossen die Parteien unter dem 18.01.2011 (Bl 62 GA) über Ansprüche aus dem Zeitraum November 2005 bis August 2006.

Mit Schreiben vom 06.08.2012 beantragte der Kläger für die Zeit von Oktober 2012 bis November 2012 Elternzeit und gleichzeitig Teilzeit während der Elternzeit im Umfang von 30 Stunden. Die Beklagte entsprach dem Antrag mit Schreiben vom 11.08.2012. Unter dem 09.10.2012 unterschrieben der Kläger und sein Vorgesetzter ein als "Personalveränderung" betiteltes Schriftstück (Bl 63 GA), in dem u.a. die bisherige Arbeitszeit und die nunmehrige Arbeitszeit gegenübergestellt waren. Unter der Rubrik "Lohn/ Gehalt/ Garantiegehal...

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