Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Nichtbefolgung einer nicht billigem Ermessen entsprechenden Versetzung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine nicht aus anderen Gründen rechtsunwirksame, lediglich unbillige Weisung des Arbeitgebers begründet nicht die Verpflichtung des Arbeitnehmers, ihr vorläufig bis zur Rechtskraft eines Gestaltungsurteils nach § 315 Abs.2 Satz 2 BGB Folge zu leisten. Der Arbeitgeber ist deshalb nicht berechtigt, wegen der Weigerung des Arbeitnehmers, der Weisung nachzukommen, eine Abmahnung auszusprechen, und ist verpflichtet, Annahmeverzugslohn zu leisten (entgegen BAG 22.02.2012 - 5 AZR 249/11).

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1; GewO § 106

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Entscheidung vom 08.09.2015; Aktenzeichen 7 Ca 1224/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.10.2017; Aktenzeichen 10 AZR 330/16)

BAG (Beschluss vom 14.06.2017; Aktenzeichen 10 AZR 330/16 (A))

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 08.09.2015 - 7 Ca 1224/15 - wird zurückgewiesen unter Klarstellung des Tenors zu 1) wie folgt:

Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet war, in der Zeit vom 16.03.2015 - 30.09.2015 seine Arbeitsleistung gemäß der Weisung der Beklagten vom 23.02.2015 im Team RE1234, Team E /Archiv am Standort C zu erbringen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung, die Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers, Vergütungszahlungen an ihn sowie einen Rückzahlungsanspruch der Beklagten

.

Der 1962 geborene Kläger war seit dem 01.04.2001 bei ihr beschäftigt. Ursprünglich bestand das Arbeitsverhältnis mit der Deutschen U Immobilien und Service GmbH. Das Arbeitsverhältnis ging auf die Beklagten im Wege der Rechtsnachfolge über. Der Kläger war zuletzt zu einem Bruttolohn von 4.165,- € als Immobilienkaufmann am Standort E1 im Bereich Corporate and Public im Team RE2345 tätig, welches für Betriebskostenabrechnungen zuständig ist. Betriebskostenabrechnungen werden bei der Beklagten zentralisiert am Standort E1 durchgeführt. Bei der Beklagten sind 130 Mitarbeiter als Immobilienkaufleute tätig.

Das Team RE2345 ist dem Betrieb Real Estate Management (REM) zugerechnet, welcher sich vorrangig mit Verwaltungsaufgaben für das Facility Management beschäftigt und bei welchem zum 28.05.2015 724 Mitarbeiter tätig waren. Aktuell sind dort noch 690 Mitarbeiter beschäftigt.

In dem mit der Deutschen U Immobilien und Service GmbH geschlossenen Arbeitsvertrag des Klägers vom 02.02.2001 (Bl. 13-15 d.A.) ist u.a. geregelt:

"§ 1

Art und Ort der Beschäftigung

1. Der Arbeitnehmer wird im Aufgabenbereich Service Center Nord in N als Immobilienkaufmann vollzeitbeschäftigt.

2. Die E2 ist berechtigt, dem Arbeitnehmer auch eine andere, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit, gegebenenfalls auch unter Veränderung des Arbeitsortes/Einsatzgebietes oder des Aufgabenbereiches zu übertragen. Der Arbeitnehmer ist zuvor zu hören.

3. Die Beteiligung des Betriebsrates bleibt hiervon unberührt.

§ 2

Anzuwendende Regelungen (Tarifbindung)

Das Arbeitsverhältnis unterliegt den für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung."

Eine derartige Versetzungsklausel ist in allen von der Beklagten mit ihren Beschäftigten geschlossenen Arbeitsverträgen enthalten.

§ 4 des Tarifvertrages vom 14.10.1998 (Bl. 291-295 d.A.), geschlossen von der E2 und der Deutschen Postgewerkschaft bestimmt:

"Versetzung

Soll ein Arbeitnehmer vorübergehend oder auf Dauer versetzt werden, so sind die Betriebsinteressen mit den Arbeitnehmerinteressen abzuwägen. Ergibt sich nach Abwägung der betrieblichen Interessen die Möglichkeit einer Auswahlentscheidung, so sind soziale Gesichtspunkte angemessen zu berücksichtigen. Der Arbeitnehmer ist vor seiner Versetzung zu hören. Die Beteiligung des Betriebsrates nach dem Betriebsverfassungsgesetz bleibt hiervon unberührt."

Die Parteien schlossen 2009 und 2010 Änderungsverträge zum Arbeitsvertrag vom 02.02.2001 (Bl. 16-22 d.A.). Mit Änderungsvertrag vom 21.12.2009 wurde § 1 Abs. 1 des ursprünglichen Arbeitsvertrages dahingehend geändert, dass der Kläger in E1 im Team Competence Center KFM (Vertragsmanagement) als Assistent KFM vollbeschäftigt wurde. Mit Vertrag vom 10.03.2010 wurde er in E1 als Assistent KFM im Bereich RE3456 beschäftigt. Der letzte Änderungsvertrag vom 25.11.2010 enthält folgende Regelungen (Bl. 22 d.A.):

§ 1

Änderung des Arbeitsvertrages

1.

§ 1 Abs. 1 Ihres Arbeitsvertrages (Art und Ort der Beschäftigung) erhält folgende Fassung:

Der Arbeitnehmer wird in E1 alsImmobilienkaufmannim Bereich Corporate and Public im Team RE2345 vollbeschäftigt.

2. ...

§ 2

Schlussbestimmungen

1.

Alle übrigen Bestimmungen des Arbeitsvertrages bleiben unberührt.

2.

...

Zwischen den Parteien war vor dem Arbeitsgericht Dortmund (Az. 7 Ca 1917/13) ein Kündigungsrechtsstreit anhängig. Mit Urteil vom 17.12.2013 wurde festgestellt, dass da...

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