Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltung. Elternzeit. Verfall des Urlaubsanspruchs

 

Leitsatz (amtlich)

Ist der Urlaubsanspruch vor dem Beginn einer Elternzeit nicht vollständig erfüllt worden, so hat der Arbeitgeber nach § 17 Abs. 2 BErzGG den Resturlaub nach dem Ende der Elternzeit im laufenden oder spätestens im folgenden Urlaubsjahr zu gewähren.

Der so übertragene Urlaub verfällt auch dann mit Ablauf des folgenden Urlaubsjahres, wenn der Urlaub wegen der Inanspruchnahme einer zweiten Elternzeit nicht genommen werden kann (Abweichung von LAG Hamm, Urteil vom 20.02.2001 – 11 Sa 1061/00 –).

 

Normenkette

BUrlG § 3 Abs. 1, § 7 Abs. 4; BErzGG § 17 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

ArbG Rheine (Urteil vom 23.05.2006; Aktenzeichen 3 Ca 78/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.05.2008; Aktenzeichen 9 AZR 219/07)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 23.05.2006 – 3 Ca 78/06 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltungsansprüche.

Die am 21.01.1966 geborene Klägerin war in der Zeit vom 01.01.1988 bis zum 31.12.2005 als kaufmännische Angestellte bei der Beklagten tätig. Ihre Bruttomonatsvergütung betrug zuletzt cirka 2.500,– EUR. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt der Arbeitsvertrag vom 12.10.2000, in dem u.a. Folgendes vereinbart wurde:

VI. Urlaub

Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Der Arbeitnehmer erhält einen jährlichen Urlaub von 30 Arbeitstagen.

Die zeitliche Lage des Urlaubs ist rechtzeitig vor Antritt des Urlaubs mit der Geschäftsleitung abzustimmen und so zu wählen, dass die betrieblichen Belange nicht beeinträchtigt werden.

VIII. Tarifverträge

Soweit sich aus diesem Vertrag nichts anderes ergibt, finden die Haustarifverträge der S4xxxxxxx-Gruppe in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung.

Nach dem Haustarifvertrag der S4xxxxxxx Gruppe über die anzuwendenden Bekleidungsflächentarife vom 06.12.2002 gelten für kaufmännische Angestellte u.a. der Manteltarifvertrag für die kaufmännischen und technischen Angestellten und Meister in der Bekleidungsindustrie Westfalens vom 27.04.1971, gültig ab 01.06.1971, in der Fassung vom 17.01.1997, ausgenommen die Ziffer 3 des § 12.

Dieser Manteltarifvertrag enthält keine speziellen Regelungen der Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer.

Die Klägerin ist verheiratet und hat zwei Kinder. Für das erste am 08.10.2001 geborene Kind L1xx wurde der Klägerin auf ihren Antrag hin Elternzeit für die Zeit bis zum 07.10.2004 gewährt. Für die am 19.08.2003 geborene Tochter N3xx beantragte und erhielt die Klägerin Elternzeit bis zum 18.08.2006 bewilligt.

Mit Schreiben vom 15.07.2005 kündigte die Beklagte das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.12.2005, nachdem die Bezirksregierung M2xxxxx die Kündigung genehmigt hatte. Gegen die Kündigung wehrte sich die Klägerin mit der Kündigungsschutzklage ArbG Rheine 1 Ca 1211/05. In diesem Rechtsstreit hatte die Klägerin unter Ziffer 3 der Klageschrift vom 26.07.2005 auch den nunmehr mit der vorliegenden Klage verfolgten Urlaubsabgeltungsanspruch geltend gemacht. Der Kündigungsrechtsstreit ArbG Rheine 1 Ca 1211/05 wurde durch Vergleich vom 27.09.2005 beendet. Vor Abschluss des Vergleichs am 27.09.2005 nahm die Klägerin den nunmehr mit dem Klageantrag verfolgten Urlaubsabgeltungsanspruch zurück.

Die vorliegende Klage hat die Klägerin am 13.01.2006 erhoben. Mit der Klage verlangt sie Urlaubsabgeltung für 27,5 Urlaubstage.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe bei Antritt der ersten Elternzeit noch über einen Resturlaubsanspruch von 27,5 Tagen aus dem Urlaubsjahr 2001 verfügt.

Sie hat die Ansicht vertreten, dieser Resturlaubsanspruch sei bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht untergegangen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.152,60 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.01.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, falls ein Urlaubsanspruch der Klägerin aus 2001 noch bei Antritt der Elternzeit bestanden habe, sei dieser spätestens mit dem 31.12.2004 erloschen. Eine kettenartige, mehrmalige Inanspruchnahme von Elternzeit sei in § 17 des Bundeserziehungsgesetzes nicht vorgesehen. Im Übrigen sei der Anspruch nach § 18 Ziffer 1 und 2 des MTV für die kaufmännischen und technischen Angestellten und Meister in der Bekleidungsindustrie Westfalens verfallen.

Weiter hat sich die Beklagte auf Verwirkung berufen, da die Klägerin vor Vergleichsabschluss im Kündigungsschutzverfahren ArbG Rheine 1 Ca 1211/05 die mit der vorliegenden Klage verfolgten Ansprüche zurückgenommen habe und so den Vertrauenstatbestand geschaffen habe, dass diese Ansprüche nicht mehr weiterverfolgt würden.

Durch Urteil vom 23.05.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Den Wert des Streitgegenstandes hat es auf 6.136,54 EUR festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen hat da...

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