Die Revision wird für die Beklagte zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit einer im Formulararbeitsvertrag vereinbarten zweimonatigen Ausschlussfrist. keine geltungserhaltende Reduktion. AGB-Kontrolle von Verfallfristen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist in einem Arbeitsvertrag die Abgeltung von Über- und Mehrstunden durch das gezahlte Bruttogehalt vereinbart, ergibt die Auslegung, dass damit zunächst nur die gesetzlich zulässigen Überstunden erfasst sind.

2. Eine Vergütungsvereinbarung in einem Formulararbeitsvertrag ist gemäß § 307 BGB unwirksam, wonach die im gesetzlichen Rahmen anfallenden Überstunden durch die Grundvergütung mit ausgeglichen sein sollen.

3. Die in einem Formulararbeitsvertrag enthaltene Ausschlussfrist von zwei Monaten für alle nicht deliktischen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ist gemäß § 307 BGB unwirksam. Eine geltungserhaltende Reduktion auf das zulässige Maß von 3 Monaten ist nicht möglich.

 

Normenkette

BGB § 307

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Urteil vom 02.06.2004; Aktenzeichen 4 Ca 3984/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.09.2005; Aktenzeichen 5 AZR 52/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 02.06.2004 – 4 Ca 3984/03 – abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 754,31 EUR brutto zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Kläger zu 45 % und die Beklagte zu 55 % zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu 30 % und die Beklagte zu 70 % zu tragen.

Streitwert: 1.075,00

 

Tatbestand

Mit der bei Gericht am 21.11.2003 eingegangenen Klage begehrt der Kläger eine Überstundenvergütung für die Monate Juli und August 2003.

Der Kläger war bei der Beklagten seit Juli 2003 als Fleischermeister zu einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 2.100,– EUR bis zum 14.11.2003 aufgrund eines von der Beklagten bei zahlreichen Arbeitnehmern verwandten Formulararbeitsvertrags beschäftigt.

In dem Arbeitsvertrag heißt es in § 2, dass die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden beträgt, in § 3, dass Über- und Mehrstunden durch das gezahlte Bruttogehalt abgegolten sind und in § 8, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht auf einer strafbaren oder unerlaubten Handlung beruhen, mit Ablauf von zwei Monaten ab Fälligkeit verfallen, sofern sie nicht innerhalb dieser Frist schriftlich geltend gemacht worden sind.

Die Beklagte überwies den sich aus 2.100,– EUR brutto ergebenden Nettobetrag jeweils zum Ende eines Monats auf das Konto des Klägers.

Mit Fax vom 03.11.2003 machte der Kläger gegenüber der Beklagten eine Überstundenvergütung für die Monte Juli und August in Höhe von insgesamt 1.075,–EUR brutto geltend.

Der Kläger hat, unter Vorlage einer von ihm gefertigten Aufstellung über den Beginn und Ende der Arbeitszeit an den einzelnen Tagen, behauptet, dass er im Monat Juli 2003 235 Stunden und im August 2003 273 Stunden gearbeitet habe bei Berücksichtigung einer Pause pro Arbeitsschicht von einer Stunde bzw. von eineinhalb Stunden bei der Arbeitsschicht vom 15.08. bis 16.08.2003.

Die Stunden seien jeweils von seinem Vorgesetzen, dem Schichtleiter D4xxxxxx, angeordnet worden.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, trotz der Vereinbarung im Arbeitsvertrag, dass Über- und Mehrstunden mit dem vereinbarten Bruttogehalt abgegolten seien, habe er einen Anspruch auf zusätzliche Vergütung für die Stunden, die er über die gesetzliche Arbeitszeit von 48 Stunden pro Woche bzw. 8 Stunden pro Werktag gearbeitet habe. So müsse die Beklagte für Juli 2003 bei 27 Werktagen und somit 216 Stunden gesetzlicher Arbeitszeit noch 19 Stunden und für August 2003 bei 26 Werktagen und somit 208 Stunden gesetzlicher Arbeitszeit noch 67 Stunden vergüten. Bei einer vereinbarten 40-Stunden-Woche errechne sich ein Stundenlohn von 12,50 EUR, so dass sich ein Zahlungsanspruch von 1.075,– EUR ergebe.

Seine Ansprüche auf Überstundenvergütung für die Monate Juli und August 2003 seien auch noch nicht verfallen, da er die Gehaltsabrechnungen verspätet erhalten habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

  1. an ihn 1.075,– EUR brutto zu zahlen,
  2. ihm eine Abrechnung für die seinerseits in den Monaten Juli und August 2003 geleisteten Überstunden zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, der Kläger habe nicht nur eine Stunde, sondern jeweils zwei Stunden Pause gemacht. Im Übrigen werde die Stundenaufstellung von ihr überprüft und müsse weiterer Sachvortrag vorbehalten bleiben.

Mit weiterem Schriftsatz hat sie ihr diesbezügliches Vorbringen jedoch nicht ergänzt.

Sie hat die Ansicht vertreten, dass sofern der Kläger tatsächlich angeordnete Überstunden geleistet haben sollte, diese durch den vereinbarten Pauschallohn in Höhe von 2.100,–EUR abgegolten seien.

Jedenfalls sei der Kläger mit eventuellen Ansprüchen auf Überstundenvergütung für die Monate Juli und August 2003 aufgrund der vereinbarten zweimonatige...

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