Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung. Insolvenz. Interessenausgleich mit Namensliste. Massenentlassung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine „wesentliche Änderung der Sachlage” i.S.v. § 125 Abs. 1 S. 2 InsO meint eine Änderung der Geschäftsgrundlage und muss den Tätigkeitsbereich des entlassenen Arbeitnehmers betreffen.

 

Normenkette

InsO § 125 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; KSchG § 1 Abs. 2 Sätze 4, 17; BetrVG § 111

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Urteil vom 17.03.2005; Aktenzeichen 4 Ca 2234/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 17.03.2005 – 4 Ca 2234/04 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.817,66 EUR festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers von der Insolvenzschuldnerin durch Kündigung des Beklagten beendet worden ist oder ungekündigt fortbesteht.

Der Beklagte wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Arnsberg vom 15.06.2004 – 21 IN 198/04 – als Insolvenzverwalter über das Vermögen Firma M3xxx K1xxxxxxxxxxx-xxxx GmbH & CO. KG (Insolvenzschuldnerin) in M1xxxx eingesetzt. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung beschäftigte die Insolvenzschuldnerin noch 59 Arbeitnehmer, in ihrem Betrieb ist ein Betriebsrat gewählt. Bei ihr war der am 18.12.1950 geborene Kläger, der verheiratet ist und vier Kinder hat, wobei nur noch gegenüber einem eine Unterhaltspflicht besteht, seit dem 20.05.1980 als Arbeiter zu einem Arbeitsentgelt in Höhe von zuletzt 1.939,22 EUR brutto mtl. tätig.

Am 23.06.2004 schlossen der Beklagte und der Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste und Sozialplan. Darin heißt es unter anderem:

2. Der Geschäftsbetrieb der Firma M3xxx K1xxxxxxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG wird zum 30.09.2004 vollständig eingestellt:

3. Der gesamten Belegschaft einschl. der Aushilfen (gering beschäftigten Personen und Heimarbeiter), die sich aus dem beigefügten 4 Listen ergibt, wird zu den individuellen, sich aus den Listen ergebenden Terminen, die zum Teil auf der Anwendung der Höchstfrist gem. § 113 I 2 InsO beruhen, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin gekündigt. Die als Anlagen 1 bis 4 beigefügten und mit dieser Urkunde fest verbundenen Listen sind Bestandteil der vorliegenden Vereinbarung.

Die Festverbindung bestätigen die Parteien durch Unterschrift der vorliegenden Vereinbarung und durch Paraphierung der fest verbundenen Anlagen.

5. Der Betriebsrat bestätigt, dass er im betriebsverfassungsrechtlichen Anhörungsverfahren ausreichend zu den fristgemäßen Kündigungen der Arbeitnehmer gemäß der in der Anlage beigefügten Liste angehört worden ist. Er stimmt den fristgemäßen Kündigungen aller Einzelarbeitsverhältnisse gemäß dieser Liste zu den angegebenen Beendigungszeitpunkten, die zum Teil auf der Anwendung von § 113 InsO beruhen, zu.

In der Liste sind alle Arbeitnehmer namentlich gemäß § 125 InsO genannt. Soweit in Einzelfällen Sonderkündigungsschutz besteht, erfolgt der Ausspruch der Kündigung nach Vorlage der hierfür erforderlichen behördlichen Genehmigung, die unverzüglich eingeholt wird. Soweit der Betriebsrat an diesem Verfahren zu beteiligen ist, erhebt er keine rechtlichen Bedenken.

Die Betriebseinstellung bedingt die ordentliche Kündigung sämtlicher Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen. Der Betriebsrat widerspricht nicht der Stilllegung des Betriebes. Soweit es sich um eine Massenentlassung handelt, stimmt der Betriebsrat der Massenentlassung und einer Abkürzung der Sperrfrist auf den Tag des Eingangs der Massenentlassungsanzeige beim Arbeitsamt zu. Der Betriebsrat verpflichtet sich, entsprechende Erklärung an den Präsidenten des Landesarbeitsamtes und im Rahmen der Massenentlassungsanzeige – soweit jeweils erforderlich – abzugeben. Der Betriebsrat verpflichtet sich ferner, die zu den Anträgen auf Zustimmung zur Kündigung von Schwerbehinderten und unter Mutterschutz oder im Erziehungsurlaub befindlichen Mitarbeitern/innen erforderlichen Erklärungen an die zuständige Behörde abzugeben.

Der Betriebsrat stimmt ausdrücklich der Kündigung von Schwerbehinderten oder unter sonstige Schutzgesetze fallenden Mitarbeitern zu. Dies gilt auch für die Kündigung des Betriebsrates selbst gem. § 15 KSchG.

9. Zur Milderung der den von einer Kündigung betroffenen Arbeitnehmern entstehenden wirtschaftlichen Nachteile zahlt der Insolvenzverwalter an die Arbeitnehmer eine Sozialplanabfindung unter Anwendung des § 123 InsO.

Anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmer, die am dem Tag, an dem der Insolvenzantrag beim Amtsgericht Arnsberg gestellt worden ist, in einem Arbeitsverhältnis zur Insolvenzschuldnerin standen und nach diesem Zeitpunkt entweder gekündigt wurden, oder eine Eigenkündigung ausgesprochen, oder einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen haben.

Mit Schreiben vom 28.06.2004 hat der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30.09.2004 gekündigt. Gegen diese Kündigung hat sich der Kläger mit seiner bei dem Arbeitsgericht am 12.07.2004 eing...

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