Leitsatz (amtlich)

In der widerspruchslosen Hinnahme einer formwidrig (mündlich) erklärten Kündigung des Arbeitnehmers liegt keine Aufhebung eines arbeitsvertraglich vereinbarten Schriftformerfordernisses für eine Kündigung.

 

Normenkette

BGB §§ 125, 127

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Urteil vom 08.03.1996; Aktenzeichen 2 Ca 2224/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 04.12.1997; Aktenzeichen 2 AZR 799/96)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 08.03.1996 – 2 Ca 2224/95 – abgeändert.

Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien fortbesteht.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vorliegen und Wirksamkeit einer arbeitnehmerseitigen Kündigung.

Der am 15.02.1955 geborene Kläger ist verheiratet und für zwei Kinder unterhaltsverpflichtet.

Seit dem 03.10.1995 lebt er von seiner Ehefrau getrennt.

Der Kläger war zunächst seit dem 01.09.1992 als Bezirksdirektor in der Direktionsstelle D. für die Beklagte, die eine Krankenversicherung betreibt, beschäftigt. Grundlage der Beschäftigung war ein schriftlicher Dienstvertrag vom 21.08.1992/27.08.1992 nebst zwei Anlagen und einem Nachtrag vom gleichen Datum.

Seit dem 01.01.1995 war der Kläger als Organisationsbereichsleiter im Rahmen der Direktionsstelle H. für die Beklagte tätig.

Grundlage dieser Beschäftigung war ein schriftlicher Vertrag vom 05.12.1994/09.12.1994 nebst zwei Anlagen und einem Nachtrag von den gleichen Daten.

Die Vergütung des Klägers betrug zuletzt 8.000,– DM brutto monatlich.

Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

Es besteht ein Betriebsrat.

Vor dem Hintergrund der Trennung des Klägers von seiner Ehefrau und des Umzuges zu seiner neuen Lebensgefährtin nach R. die der Kläger im Beisein des Zeugen L. des Filialdirektors der Direktionsstelle H. nach einer Arbeitstagung kennengelernt hatte, kam es im Laufe des 15.11.1995 gegen 15.30 Uhr in Gegenwart des Betriebsratsmitglieds D. zu einem Gespräch zwischen dem Kläger und dem Zeugen L.. In diesem fragte der Kläger den Zeugen L. mehrfach, ob er, Herr L. in der letzten Zeit Kontakt zu seiner Frau gehabt und mit ihr gesprochen habe. Dies verneinte der Zeuge L.

Ca. eine halbe Stunde später suchte der Kläger erneut den Zeugen L. auf und entschuldigte sich für sein vorangegangenes Verhalten.

Am selben Tage fand um 16.45 Uhr zwischen dem Kläger und dem Zeugen L. eine zuvor angesetzte Besprechung statt. Der Inhalt des Gesprächs ist unter den Parteien streitig. Insbesondere ist streitig, ob der Kläger eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt hat.

Im Anschluß an dieses Gespräch verließ der Kläger die Direktionsstelle.

Noch am selben Tage erreichte den Kläger ein Telegramm des Zeugen L. in dem der Kläger aufgefordert wurde, alle in seinem Besitz befindlichen Schlüssel bis 16.11.1995, 10.00 Uhr, auszuhändigen.

Am 16.11.1995 gegen 8.30 Uhr rief der Kläger in der Direktionsstelle in H. an und teilte der Sekretärin L. mit, der Zeuge L. habe ihm gekündigt. Ferner meldete sich der Kläger krank.

Am gleichen Tage rief der Kläger bei der Landesdirektion der Beklagten an, um Rücksprache mit dem Landesdirektor R. zu halten. Ein Gespräch kam zwischen diesen beiden Personen jedoch nicht zustande.

Statt dessen wurde dem Kläger mit Schreiben der Landesdirektion vom 16.11.1995 mitgeteilt, die Beklagte nehme Bezug auf das Gespräch zwischen dem Kläger und dem Zeugen L. in dessen Verlauf der Kläger die fristlose Kündigung ausgesprochen habe; die fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 15.11.1995 werde hiermit bestätigt.

Mit Schreiben seiner Prozeßbevollmächtigten vom 17.11.1995 bestätigte der Kläger den Erhalt des Telegramms vom 15.11.1995 und ließ die Beklagte auffordern, den Hintergrund zur Aufforderung der Schlüsselherausgabe mitzuteilen.

Mit weiterem Schreiben seiner Prozeßbevollmächtigten vom 21.11.1995 teilte der Kläger auf das Schreiben der Beklagten vom 16.11.1995 mit, er bestreite ausdrücklich, am 15.11.1995 eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen zu haben.

Mit Antwortschreiben vom 23.11.1995 teilte die Beklagte mit, der Kläger habe wohl eine Kündigung gegenüber dem Zeugen L. ausgesprochen. Die rechtlichen Wirkungen der Kündigung seien nicht zu beseitigen. Das Arbeitsverhältnis sei daher beendet.

Mit der am 27.11.1995 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten fortbestehe.

Der Kläger hat zunächst bestritten, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen zu haben.

Hintergrund des Gesprächs am 15.11.1995 mit dem Zeugen L. sei folgendes, so hat der Kläger hierzu vorgetragen, gewesen.

Bis zu diesem Tage habe der Zeuge L. seine Arbeitsleistung weder mündlich, noch schriftlich beanstandet.

Bis zum 01.09.1995 seien das Arbeitsverhältnis und die private Beziehung zwischen ihm und dem Zeugen L. aus seiner Sicht auch harmonisch gewesen. Nach dem Kennenlernen s...

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