Entscheidungsstichwort (Thema)

Gratifikation. Rückzahlung. Bindungsdauer. Kündigung zum 01. April. Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Kündigt der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis „fristgerecht zum 01.04. d. J.”, so kann sich aus den Begleitumständen eine korrigierende Auslegung der Erklärung im Sinne einer gewollten (ebenfalls fristgerechten) Beendigung zum 31.03. d. J. ergeben. Allein der innere Wille, mit der Kündigung zum 01.04. der vertraglichen Verpflichtung zur Rückzahlung der Weihnachtsgratifikation zu entgehen, ist für die Auslegung nicht maßgeblich.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 611

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Urteil vom 07.09.2011; Aktenzeichen 3 Ca 795/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 07.09.2011 – 3 Ca 795/11 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner Klage wendet sich der Kläger, der seit dem Jahre 2008 auf der Grundlage einer schriftlichen Einstellungsvereinbarung (Bl. 4 d. A.) als Dachdeckerfacharbeiter im Betrieb der Beklagten beschäftigt war und sein Arbeitsverhältnis mit Kündigungsschreiben vom 28.02.2011 (Bl. 5 d. A.) selbst „fristgerecht zum 01.04.2011” gekündigt hat, zuletzt noch allein gegen den Abzug in der Lohnabrechnung für den Monat März 2011 (Bl. 6 d. A.), mit welchem die Beklagte das im Jahre 2010 gezahlte Weihnachtsgeld in Höhe von 1.443,00 Euro brutto von der zu beanspruchenden Arbeitsvergütung einbehalten hat. Dies ist die Klageforderung.

Die Beklagte stützt den vorgenommenen Einbehalt auf die in der Einstellungsvereinbarung vorgesehene Verpflichtung, das gezahlte Weihnachtsgeld im Falle des Ausscheidens vor dem 01.04. des Folgejahres zurück zu zahlen.

Nachdem für die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 08.06.2011 niemand erschienen ist, ist die Beklagte antragsgemäß durch Versäumnisurteil vom selben Tage (Bl. 13 d. A.) zur Zahlung verurteilt worden. Auf den Einspruch der Beklagten vom 15.06.2011 hat das Arbeitsgericht auf die mündliche Verhandlung vom 07.09.2011 durch Urteil vom selben Tage (Bl. 36 d. A.), berichtigt durch Beschluss vom 19.09.2011 (Bl. 45 d. A.), das Versäumnisurteil vom 08.06.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, der Vergütungsanspruch des Klägers für den Monat März 2011 sei in Höhe des Einbehalts von 1.443,00 Euro im Wege der Aufrechnung erloschen. Rechtsgrundlage für die Rückforderung des gezahlten Weihnachtsgeldes sei die in der Einstellungsvereinbarung getroffene Rückzahlungsklausel. Gegen die Wirksamkeit der Rückzahlungsklausel seien Bedenken nicht zu erkennen. Mit seiner Eigenkündigung sei der Kläger innerhalb des zulässigen Bindungszeitraums zum 31.03.2011 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden, auch wenn er dem Wortlaut seiner Kündigung nach „fristgerecht zum 01.04.2011” gekündigt habe. In Anbetracht der Tatsache, dass eine Kündigung zum 01.04. des Jahres nicht zulässig sei, müsse das Kündigungsschreiben ausgelegt werden. Aus Sicht der Beklagten sei es dem Kläger mit seiner bereits am 28.02.2011 ausgesprochenen Kündigung darum gegangen, das Arbeitsverhältnis unter Wahrung der einzuhaltenden Kündigungsfrist zum nächst zulässigen Termin zu beenden. Auch wenn der innere Wille des Klägers bewusst darauf gerichtet gewesen sei, mit der Kündigung zum 01.04.2011 der vorgesehenen Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen, ändere dies nichts daran, dass eine Kündigung nicht zu diesem Termin, sondern nur zum 31.03. oder 15.04. des Jahres zulässig gewesen sei. Gegen den Willen, das Arbeitsverhältnis bis zum 15.04.2011 fortzuführen, spreche aber der Umstand, dass der Kläger für diesen Fall noch bis zum 15.04.2011 hätte arbeiten müssen. Für einen solchen Willen seinen indessen Anhaltspunkte nicht ersichtlich.

Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung tritt der Kläger dem Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils entgegen, das Kündigungsschreiben vom 28.02.2011 habe das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31.03.2011 beendet, weswegen die Beklagte das gezahlte Weihnachtsgeld zurückfordern könne.

Zum einen sei die in der Einstellungsvereinbarung enthaltene Rückzahlungsklausel ohnehin unwirksam, da sie eine unzulässige Verknüpfung von Freiwilligkeitsvorbehalt und Widerrufs vorbehält umfasse. Zum anderen seien aber auch die Voraussetzungen der Rückzahlungsklausel in der Sache nicht erfüllt. Richtig sei allein, dass die zum 01.04.2011 ausgesprochene Kündigung zu diesem Termin keine Wirksamkeit entfalten könne. Dies sei jedoch keine Frage der Auslegung der Kündigungserklärung, sondern betreffe die Frage der Wirksamkeit der Kündigung. In Anbetracht des eindeutigen Wortlauts bleibe für eine abweichende Auslegung kein Raum. Da nicht die Beklagte, sondern der Kläger das Arbeitsverhältnis habe beenden wollen, müsse im Zweifel davon ausgegangen werden, dass aus Sicht der Beklagten kein Interesse an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem früheren als dem genannten Termin – ...

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