Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltung. Erwerbsminderungsrente. Informationspflicht

 

Leitsatz (amtlich)

1) Informiert ein Mitarbeiter seinen Arbeitgeber entgegen § 32 II BAT-KF nicht unverzüglich über die Bewilligung einer unbefristeten teilweisen Erwerbsminderungsrente, so kann er in analoger Anwendung des § 162 BGB für die Zeit, für die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hierdurch verzögert wird, keine Urlaubsabgeltung verlangen.

2) Die urlaubsrechtlichen Regelungen des § 25 BAT-KF n.R. enthalten kein gegenüber dem gesetzlichen Urlaubsrecht eigenständiges „Urlaubsregime”.

 

Normenkette

BGB § 162; BAT-KF § 25

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Urteil vom 12.05.2010; Aktenzeichen 1 Ca 2572/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 12.05.2010 – 1 Ca 2572/09 – hinsichtlich der Urlaubsabgeltungsansprüche für die Jahre 2008 und 2009 teilweise abgeändert.

In Höhe eines Betrags von 440,11 EUR nebst Zinsen wird die Klage abgewiesen.

In Höhe eines Betrages von 990,99 EUR wird die Berufung als unzulässig verworfen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Abgeltung von Urlaubsansprüchen.

Die am 17.01.1953 geborene Klägerin wurde von der Beklagten mit Wirkung zum 01.04.2001 als Krankenschwester eingestellt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 22.03.2001 (Bl. 42 d.A.). Im § 3 ist u.a. vereinbart, dass die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages in der für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen jeweils geltenden Fassung (BAT-KF) gelten, wie sie aufgrund des Kirchengesetzes über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisses der Mitarbeiter im Kirchlichen Dienst (Arbeitsrechts-Regelungsgesetz-ARRG) vom 25.10.1979 und seinen Änderungen und Ergänzungen geregelt sind und werden. Die Klägerin war bis zum 30.09.2006 in der 5-Tage-Woche, ab dem 01.10.2006 in einer 5,5-Tage-Woche beschäftigt. Ihre monatliche Vergütung belief sich zuletzt auf 2.624,33 EUR brutto.

Im Jahre 2006 war die schwerbehinderte Klägerin zunächst ab dem 13.02. arbeitsunfähig krank und nach der Gewährung von Urlaub erneut ab dem 19.09.2006 langfristig wegen einer anderen Erkrankung. Ab dem 30.10.2006 bezog die Klägerin für 78 Wochen Krankengeldzuschuss. Mit Bescheid vom 19.12.2008 wurde ihr rückwirkend ab dem 01.11.2007 eine unbefristete teilweise Erwerbsminderungsrente bewilligt. Über die Rentenbewilligung informierte die Klägerin die Beklagte im Mai 2009. Mit Zustimmung des Integrationsamtes endete daraufhin das Arbeitsverhältnis am 05.06.2009.

Mit Schreiben vom 05.06.2009 (Bl. 5 d.A.) beantragte die Klägerin die Abgeltung von 84 Urlaubstagen aus den Jahren 2006, 2007 und 2008, die sie bis zum 31.03.2009 krankheitsbedingt nicht habe antreten können. Von der Beklagten wurden daraufhin für diesen Zeitraum insgesamt 47 Tage abgegolten, nämlich drei Tage für das Jahr 2006 sowie jeweils 22 Tage für die Jahre 2007 und 2008. Mit ihrer am 27.08.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, die der Beklagten am 02.09.2009 zugestellt wurde, begehrt die Klägerin die Abgeltung eines Resturlaubsanspruchs von 14 Urlaubstagen für das Jahr 2006, von jeweils neun Urlaubstagen für die Jahre 2007 und 2008 sowie von 13 Urlaubstagen als anteiligen Urlaubsanspruch für das Jahr 2009. Mit klageerweiternden Schriftsatz vom 18.02.2010 hat sie ihren Urlaubsanspruch für das Jahr 2006 auf 16 abzugeltende Urlaubstage, für die Jahre 2007 und 2008 auf je 11 abzugeltende Urlaubstage und für das Jahr 2009 auf einen anteiligen Urlaubsanspruch von 14 abzugeltenden Urlaubstagen erhöht. Ihren Klageanspruch hat sie unter Zugrundelegung eines Tagessatzes von 110,11 EUR brutto für 52 Urlaubstage mit 5.725,72 EUR berechnet.

Der mit Wirkung zum 01.07.2007 in Kraft getretene BAT-KF enthält die folgenden urlaubsrechtlichen Regelungen:

§ 25 Erholungsurlaub

(1) Die Mitarbeitenden haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts. Bei der Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Woche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr

bis zum vollendeten 30. Lebensjahr 26 Arbeitstage,

bis zum vollendeten 40. Lebensjahr 29 Arbeitstage,

nach dem vollendeten 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage.

Maßgebend für die Berechnung der Urlaubsdauer ist das Lebensjahr, das im Laufe des Kalenderjahres vollendet wird. Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet. Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt werden und kann auch in Teilen genommen werden. Dabei soll für ein Teil ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen Dauer angestrebt w...

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