Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmungsersetzung zur Versetzung und Umgruppierung. Anforderung an Gründe zur Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats. Verstoß gegen Betriebsvereinbarung. Senioritätsprinzip. Auswahlrichtlinie. mündliche Regelungsabrede. Betriebsratsbeschluss für Regelungsabrede. nachträgliche Genehmigung. Rückerstreckung der Genehmigung. vorläufige Durchführung der personellen Maßnahme

 

Leitsatz (amtlich)

Eine nur mündlich abgeschlossene Regelungsabrede zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat bedarf zu ihrer Wirksamkeit eines ordnungsgemäß gefassten Betriebsratsbeschlusses. Eine nachträgliche Genehmigung durch den Betriebsrat wirkt bei Zustimmungsverweigerungsgründen nach § 99 Abs. 2 BetrVG, die sich aus der mündlichen Regelungsabrede ergeben, nur dann zurück, wenn die Genehmigung durch den Betriebsrat zum Zeitpunkt der Zustimmungsverweigerung vorliegt.

 

Normenkette

BetrVG §§ 33, 77

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Beschluss vom 04.09.2008; Aktenzeichen 6 BV 16/08)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 17.11.2010; Aktenzeichen 7 ABR 120/09)

 

Tenor

Die Beschwerde der Personalvertretung Cockpit gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 04.09.2008 – 6 BV 16/08 – wird zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 04.09.2008 – 6 BV 16/08 – abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die mit Schreiben vom 04.01.2008 angekündigte vorläufige Versetzung und Umgruppierung des Mitarbeiters N1 B2 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung zur Versetzung und Umgruppierung des Mitarbeiters N1 B2 vom Co-Piloten (First Officer) zum Kapitän des Flugzeugmusters BAe146.

Die antragstellende Arbeitgeberin beschäftigt im Flugbetrieb, dessen Leitung ihren Sitz in D2 hat, über 300 Mitarbeiter im Cockpit, welche auf verschiedene Standorte in Deutschland verteilt sind.

Im Betrieb der Arbeitgeberin ist eine Personalvertretung des Cockpitpersonals gewählt, welche aufgrund eines Tarifvertrages nach § 117 BetrVG gebildet wurde. Dieser Tarifvertrag nimmt im Wesentlichen auf die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes in der jeweils gültigen Fassung Bezug.

In dem vom Arbeitgeber herausgegebenen Flugbetriebshandbuch, Teil B, in der Fassung vom 01.09.2005 (Bl. 20 f. d. A.) war als Teil einer Evaluations-(bewertungs-)phase unter Ziffer 2.2.6.3 des OM-D die Anwendung eines Senioritätsprinzips zur Auswahl von Piloten für ein Upgrading vom Co-Piloten zum Flugkapitän geregelt. Hiernach mussten Bewerber für eine Flugkapitänsstelle über bestimmte Minimalanforderungen verfügen, eine sogenannte „Pre Command Evaluation Phase” (EVA-Phase) durchlaufen sowie einen „Command Course” ablegen. Die Auswahl der Bewerber für die sogenannte Evaluation Phase erfolgte nach dem Senioritätsprinzip (Dienstalter).

Mindestens seit Anfang des Jahres 2006 verhandelten die Beteiligten über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung für das Upgrading vom Co-Piloten zum Flugkapitän. Im ursprünglichen Entwurf des Arbeitgebervorschlages in der Fassung vom 01.01.2006 (Bl. 159 f. d. A.) war diese sogenannte Evaluierungs-Phase, zu der die Kandidaten nach Seniorität zugelassen werden sollten, als Kernstück enthalten. Die Personalvertretung Cockpit stand dieser Evaluierungs-Phase jedoch sehr skeptisch gegenüber, wie sich aus der Mitteilung des Verhandlungsführers der Arbeitgeberin, Herrn O1, vom 15.02.2006 (Bl. 163 d. A.) ergibt.

Über die Evaluierungs-Phase konnten die Arbeitgeberin und die Personalvertretung Cockpit im Laufe der weiteren Verhandlungen keine Einigung erzielen. Der gesamte Komplex des Arbeitgeberentwurfs hinsichtlich der Evaluierungs-Phase wurde deshalb vollständig gestrichen.

Die Betriebsparteien vereinbarten daraufhin eine Verfahrensanweisung „Upgrading Process from First Officer to Commander” – QAP-FO-170 – in der Fassung vom 05.07.2006. Mit Schreiben vom 06.07.2006 (Bl. 37 d. A.) teilte der Verhandlungsführer der Arbeitgeberin, Herr O1, dem damaligen Vorsitzenden der Personalvertretung Cockpit, Herrn M1, folgendes mit:

„In der Verhandlung vom 05.07.06 haben wir nun hoffentlich über die Verfahrensanweisung „Upgrading Process from First Officer to Commander” QAP-FO-170, Revision 0, Valid 05.07.2006 Einvernehmen erzielt.

Ich übersende Ihnen die geänderte Verfahrensanweisung zur Genehmigung durch die Personalvertretung.

Als Anhang und zur Information die Vorplanung über zeitlichen Ablauf und Inhalte des Trainings, die Herr S7 nach unserem Gespräch im Entwurf erstellt hat.

Das Schreiben vom 06.07.2006 enthält ferner den am gleichen Tage vom damaligen Personalvertretungsvorsitzenden M1 unterschriebenen Vermerk:

„Die Personalvertretung stimmt dem Verfahren QAP-FO 170 „Upgrade Process from First Officer to Commander” zu.”

In Ziffer 2.1 der Betriebsvereinbarung – QAP-FO-170 – sind die Mindestanforderungen für eine Beförderung vom Co-Piloten zum Flugkapitän beschrieben (Bl. 38 ff...

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