Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch der Gewerkschaft auf Erstattung von Anwaltskosten zur Durchsetzung des Zugangsrechtsmateriellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

Einer Gewerkschaft kann nach Durchführung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens zur Durchsetzung des Zugangsrechts nach § 2 Abs. 2 BetrVG gegenüber dem Arbeitgeber ein Schadensersatzanspruch in Höhe der entstandenen Rechtsanwaltskosten zustehen.

Zwischen der Gewerkschaft, die ein Zugangsrecht geltend macht, und dem Arbeitgeber besteht insoweit ein gesetzliches Schuldverhältnis, mindestens eine vertragsähnliche Sonderverbindung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB (a.A.: LAG München, Beschluss vom 28.03.2001 – NZA-RR 2001, 662).

Ein derartiger Schadensersatzanspruch ist nicht durch § 12 a Abs. 1 ArbGG ausgeschlossen.

 

Normenkette

BetrVG § 2 Abs. 1-2, § 40; BGB §§ 280, 286; ArbGG §§ 2 a, 12 a Abs. 1, § 80

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Beschluss vom 07.12.2005; Aktenzeichen 1 BV 11/05)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 02.10.2007; Aktenzeichen 1 ABR 59/06)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 07.12.2005 – 1 BV 11/05 – abgeändert.

Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, an die Antragstellerin 1.307,32 EUR zuzüglich einer Verzinsung in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.04.2006 zu zahlen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten für zwei geführte Beschlussverfahren.

Die Arbeitgeberin beschäftigt in ihrem Betrieb der Metallindustrie über 200 Mitarbeiter. In ihrem Betrieb ist ein neunköpfiger Betriebsrat gewählt.

Die IG Metall, die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens, ist mit Mitgliedern im Betrieb der Arbeitgeberin vertreten.

Im Jahre 2003 gab es Streit zwischen den Beteiligten über das Zugangsrechts eines Gewerkschaftssekretärs der Antragstellerin zum Betrieb. Der Gewerkschaftssekretär K3xxxx, bei der IG Metall zuständig für den Betrieb der Arbeitgeberin, erhielt am 23.07.2003 ein Hausverbot, nachdem er zuvor – ohne nach Auffassung der Arbeitgeberin sich ordnungsgemäß anzumelden – den Betrieb zwecks Besprechung mit dem Betriebsrat aufgesucht hatte. Die Antragstellerin, vertreten durch Rechtsanwalt P2xxx und Partner, leitete daraufhin am 24.07.2003 ein Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht Herford – 4 BV 20/03 – ein. Dem Antrag wurde mit Beschluss vom 10.10.2003, der Arbeitgeberin zugestellt am 20.10.2003, stattgegeben. Der Beschluss vom 10.10.2003 wurde rechtskräftig.

Wegen Teilnahme an einer Betriebsratssitzung vom 22.10.2003 durch den Gewerkschaftssekretär K3xxxx gab es erneut Streit zwischen den Beteiligten. Die Arbeitgeberin verwehrte dem Gewerkschaftssekretär K3xxxx erneut den Zutritt zum Betrieb. Im Wege der einstweiligen Verfügung machte die Antragstellerin daraufhin mit Antrag vom 15.10.2003 beim Arbeitsgericht Herford – 4 BVGa 4/03 – wiederum das Zugangsrecht zum Betrieb geltend, wobei sie sich erneut durch Rechtsanwalt P2xxx vertreten ließ. Nach Gewährung des Zutritts und übereinstimmender Erledigungserklärung wurde das Verfahren 4 BVGa 4/03 Arbeitsgericht Herford eingestellt.

Der Gegenstandswert für das Verfahren 4 BV 20/03 wurde vom Arbeitsgericht auf 9.000,00 EUR, für das Verfahren 4 BVGa 4/03 auf 2.700,00 EUR festgesetzt.

Mit Schreiben vom 02.12.2003 (Bl. 7,8 d.A.) übermittelten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin daraufhin ihre Kostenrechnungen über 1.064,88 EUR bzw. 242,44 EUR der Arbeitgeberin. Die Arbeitgeberin lehnte eine Ausgleichung ab.

Mit dem am 14.07.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrte die Antragstellerin daraufhin die Freistellung von den Kosten der vorbezeichneten Verfahren in entsprechender Höhe der Kostennoten nach vergeblicher vorgerichtlicher schriftlicher Geltendmachung.

Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, der Freistellungsanspruch ergebe sich aus § 280 Abs. 1 BGB. Im Hinblick auf das der Gewerkschaft zustehende Zugangsrecht nach § 2 Abs. 2 BetrVG bestehe zwischen den Beteiligten eine Sonderverbindung im Sinne des § 280 BGB. Die Arbeitgeberin habe das Zugangsrecht verletzt. Deshalb sei die Prozessführung durch die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin kausal verursacht worden und der Antragstellerin ein Schaden in Höhe der Rechtsanwaltsgebühren entstanden.

Die Antragstellerin sei auch berechtigt gewesen, statt einen Gewerkschaftssekretär Rechtsanwälte zu beauftragen. Insoweit könne nichts anderes gelten als für Rechtsstreitigkeiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Auch der Betriebsrat könne trotz des Gebotes, auf die finanziellen Belange des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen, nicht auf gewerkschaftlichen Rechtsschutz verwiesen werden; er habe das Recht, zur ordnungsgemäßen Prozessführung einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen.

Die IG Metall hat beantragt,

  1. der Arbeitgeberin aufzugeben, die Antragstellerin durch Zahlung in Höhe von 242,44 EUR an Rechtsanwalt K4xxx P2x...

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