Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Abänderungsentscheidung zum Nachteil der Partei nach Ablauf der Vierjahresfrist

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO ist eine zum Nachteil der Partei ergehende Abänderungsentscheidung ausgeschlossen, wenn nach der Beendigung des Hauptverfahrens vier Jahre vergangen sind.

Davon ist nur dann eine Ausnahme zu machen, wenn die Partei das Überprüfungsverfahren derart verzögert hat, dass eine Entscheidung innerhalb des Vierjahreszeitraums dem Gericht nicht möglich war.

 

Normenkette

ZPO § 120 Abs. 4 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Beschluss vom 06.11.2007; Aktenzeichen 1 Ca 1503/03)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 06.11.2007 – 1 Ca 1503/03 – aufgehoben.

 

Tatbestand

I. Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen hat dem Kläger durch Beschluss vom 12.09.2003 zur Verfolgung seiner Rechte in dem Rechtsstreit ArbG Gelsenkirchen 1 Ca 1503/03 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts P2 bewillig. Die Prozesskostenhilfe erfolgte mit der Maßgabe, dass der Kläger keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten brauchte.

Der Rechtsstreit ArbG Gelsenkirchen 1 Ca 1503/03 wurde durch gerichtlichen Vergleich vom 29.07.2003 erledigt.

Auf die gerichtliche Aufforderung hin überreichte der Kläger im Überprüfungsverfahren die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 19.02.2007 nebst Belegen.

Nach Überprüfung teilte das Arbeitsgericht dem Kläger mit Schreiben vom 19.06.2007 Folgendes mit:

In pp ist unter Bezugnahme auf Ihre Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 19.02.2007 und der eingereichten Unterlagen beabsichtigt, den Beschluss des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 12.09.2003 dahingehend abzuändern, dass Sie die Prozesskosten in Höhe von ca. 830,– EUR in monatlichen Raten von 95,– EUR zurückzuzahlen haben, da sich Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe wesentlich verbessert haben, da Sie nunmehr wieder einer geregelten Arbeit nachgehen (§ 120 IV ZPO).

Ihr monatliches Nettoeinkommen beläuft sich nach Ihren Angaben und den eingereichten Unterlagen auf 1.650,– EUR.

Hiervon sind folgende Belastungen in Abzug zu bringen:

Werbungskosten 5,20 EUR

Unterhaltsfreibetrag Antragsteller: 380,00 EUR

Unterhaltsfreibetrag Ehegatte:

Unterhaltsfreibetrag Kind:

Miete nebst Nebenkosten und Heizkosten 316,73 EUR

Versicherungsbeiträge 63,79 EUR

Ratenkredite 150,00 EUR

Erwerbstätigenfreibetrag 175,00 EUR

Fahrtkosten 100,00 EUR

Das anrechenbare monatliche Einkommen beläuft sich somit noch auf 469,28 EUR netto.

Nach der Tabelle Anlage 1 zu § 114 sind somit monatliche Raten von 175,– EUR zu zahlen.

Sie erhalten hiermit abschließend Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 31.07.2007.

Am 27.07.2007 überreichte der Kläger Lohnabrechnungen für die Monate April bis Juni 2007 und bat, die Ratenzahlung zu mindern oder von einer Ratenzahlung abzusehen, da er eine neue Arbeitsstelle habe und als weitere Verbindlichkeit Rückzahlungen an das Arbeitsamt in Höhe von 50,– EUR netto zu leisten habe.

Durch Beschluss vom 06.11.2007 hat das Arbeitsgericht den Bewilligungsbeschluss vom 12.09.2003 dahingehend abgeändert, dass der Kläger nunmehr aus seinem Einkommen monatliche Raten in Höhe von 60,– EUR zu zahlen hat.

Gegen diese ihm am 12.11.2007 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 23.11.2007 sofortige Beschwerde eingelegt.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die nach § 11 RPflG i.V.m. §§ 46 Abs. 2 Satz 3, 78 ArbGG, § 127 Abs. 2 i.V.m. §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist auch begründet.

1. Nach §§ 114, 115 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Raten ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Nach § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO ist eine Änderung zum Nachteil der Partei ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind.

2. Zum Zeitpunkt der arbeitsgerichtlichen Entscheidung am 06.11.2007 war die Vierjahresfrist des § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO abgelaufen. Die Vierjahresfrist begann mit der Beendigung des Rechtsstreits 1 Ca 1503/03 durch Vergleich vom 29.07.2003 zu laufen und endete am 29.07.2007.

a) Nach § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO muss die Änderungsentscheidung innerhalb der Vierjahresfrist ergehen. Davon ist nur dann eine Ausnahme zu machen, wenn die Partei das Überprüfungsverfahren derart verzögert hat, dass eine Entscheidung innerhalb des Vierjahres...

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