Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersbenachteiligende Kürzung einer persönlichen Zulage nach dem Tarifvertrag zu sozialverträglichen Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr. Zahlungsklage einer Büroangestellten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TV-UmBw sieht eine Kürzung der persönlichen Zulage bei Beschäftigten, die eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt und das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, um ein Drittel des Erhöhungsbetrages vor; gemäß § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. a TV-UmBw unterbleibt die Verringerung, wenn Beschäftigte eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt und das 55. Lebensjahr vollendet haben.

2. Die Anrechnungsregelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a in Verbindung mit § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. a TV-UmBw führt zu einer unmittelbaren Benachteiligung jüngerer Beschäftigter. Ein legitimes Ziel im Sinne des § 10 AGG, das eine derartige Benachteiligung rechtfertigt, ist nicht ersichtlich.

3. Die Regelung des § 6 Abs. 3 TV UmBw hat nicht den Ausgleich von Nachteilen wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes zum Gegenstand sondern eine Einkommenssicherung bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis. Die Differenzierung nach dem Lebensalter kann daher nicht mit unterschiedlichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt begründet werden.

4. Solange die Tarifvertragsparteien keine Neuregelung des § 6 Abs. 3 TV-UmBw vorgenommen haben, steht Betroffenen die ungekürzte persönliche Zulage zu.

 

Normenkette

AGG § 7 Abs. 2, § 10; TV-UmBw § 6 Abs. 3 S. 2 Buchst. a, S. 4 Buchst. a

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 13.06.2013; Aktenzeichen 29 Ca 263/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.02.2016; Aktenzeichen 6 AZR 700/14)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. Juni 2013 - 29 Ca 263/12 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat 1/10, die Beklagte hat 9/10 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe einer an die Klägerin zu zahlenden persönlichen Zulage.

Die am 3. August 1968 geborene Klägerin ist seit dem 1. September 1988 als Büroangestellte bei der Beklagten beschäftigt. Im schriftichen Arbeitsvertrag der Parteien ist vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen richtet und außerdem die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung finden.

Im Zuge der Umgestaltung der Bundeswehr wurde die Klägerin im Jahre 2007 zur Güteprüfstelle versetzt.

Gemäß § 6 des Tarifvertrages über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TV UmBw) vom 18. Juli 2001 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 2 vom 04. Dezember 2007 haben Beschäftigte Anspruch auf eine Einkommenssicherung durch Zahlung einer persönlichen Zulage unter den dort genannten Voraussetzungen. § 6 TV UmBw lautet wie folgt:

§ 6 Einkommenssicherung

(1) Verringert sich bei Beschäftigten auf Grund einer Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 bei demselben Arbeitgeber das Entgelt, wird eine persönliche Zulage in Höhe der Differenz zwischen ihrem Entgelt und dem Entgelt gewährt, das ihnen in ihrer bisherigen Tätigkeit zuletzt zugestanden hat. ...

...

(3) Die persönliche Zulage nimmt an allgemeinen Entgelterhöhungen teil. Ungeachtet von Satz 1 verringert sie sich nach Ablauf der sich aus § 34 Abs. 1 TVöD ohne Berücksichtigung des § 34 Abs. 2 TVöD ergebenden Kündigungsfrist bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung bei Beschäftigten, die

a) eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt und noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben, um ein Drittel,

b) noch keine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt haben, um zwei Drittel

(1) des Erhöhungsbetrages. ... Die Verringerung unterbleibt in den Fällen, in denen die/der Beschäftigte

a) das 55. Lebensjahr vollendet und eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt hat,

b) eine Beschäftigungszeit von 25 Jahren zurückgelegt hat oder

c) zum Zeitpunkt der Maßnahme nach § 1 Abs. 1 bereits auf Grund einer früheren Personalmaßnahme nach diesem Tarifvertrag, ... eine Vergütungs-Lohn- und Entgeltsicherung erhalten hat. ...

Der TV UmBw ist durch Änderungstarifvertrag Nr. 3 vom 10. Dezember 2010 mit Wirkung zum 01. Januar 2011 geändert worden. Die Änderungen haben für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung.

Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) enthält folgende Regelungen:

§ 24

Berechnung und Auszahlung des Entgelts

(1) Bemessungszeitraum für das Tabellenentgelt und die sonstigen Entgeltbestandteile ist der Kalendermonat, soweit tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas Abweichendes geregelt ist. Die Zahlung erfolgt am letzten Tag des Monats (Zahltag) für den laufenden Kalendermonat auf ein von der/dem Beschäftigten benanntes Konto innerhalb eines Mitgliedstaats der Europäischen Union. Fällt der Zahltag auf einen Samstag, einen Wochenfeiertag oder den 31. Dezemb...

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