Entscheidungsstichwort (Thema)
Anweisung eines Taxiunternehmens an seine Fahrer zur Verrichtung der Tätigkeit als Taxifahrer nur unter Tragen einer medizinischen Maske zur Eindämmung der Pandemie i.R.d. Direktionsrechts
Leitsatz (amtlich)
1 Bereits mit Inkrafttreten der 30. Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-Cov-2-Eindämmungsverordnung vom 21. Januar 2021 (HambGVBl. 2021, 25) bestand die Verpflichtung, bei der Beförderung von Personen im Taxi eine medizinische Maske zu tragen, auch wenn sich eine Trennscheibe im Fahrzeug befindet. Dies wurde durch die 55 Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-Cov-2-Eindämmungsverordnung vom 26. November 2021 (HambGVBl. 2021, 789) nur klargestellt.
2. Beruft sich ein Arbeitnehmer darauf, dass er aus gesundheitlichen Gründen von der bei der Personenbeförderung geltenden medizinischen Maskenpflicht für Taxifahrer befreit sei, so ergibt sich aus der Rücksichtnahmepflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB, dass er ein entsprechendes ärztliches Attest seinem Arbeitgeber zur Einsichtnahme, zur Prüfung der Echtheit und zum Anfertigen einer Fotokopie zur Verfügung zu stellen hat. Verweigert er dies, so scheidet eine Verpflichtung des Arbeitgebers, ihn ohne medizinische Maske als Taxifahrer einzusetzen, von vorneherein aus.
3. Die Anweisung eines Taxiunternehmens an seine Fahrerinnen und Fahrer, wonach in der Zeit vom 1. September 2021 bis zum 31. Januar 2023 die Tätigkeit als Taxifahrer nur unter Tragen einer medizinischen Maske verrichtet werden durfte, stellt eine angesichts der Ausnahmesituation der Pandemie zulässige Ausübung des Direktionsrechts dar. Die Arbeitgeberin ist nicht verpflichtet, Ausnahmen hiervon zuzulassen. Eine solche Pflicht ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die maßgebliche SAR-Cov-2-Eindämmungsverordnung Ausnahmeregelungen von der Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske enthält. Eine solche Anweisung zum Tragen einer medizinischen Maske bei der Personenbeförderung im Taxi stellt weder eine unbillige Ermessensausübung noch eine Maßregelung dar. Die Arbeitgeberin durfte angesichts der gerade in geschlossenen Fahrzeugen erhöhten Ansteckungsgefahr davon ausgehen, dass ihre Kunden nicht bereit sein werden, sich von einem Fahrer ohne medizinische Maske im Taxi befördern zu lassen. Sie durfte zum Schutz ihrer Fahrer wie auch der Kunden auf das Tragen der medizinischen Masken bestehen.
4. Es besteht keine Verpflichtung der Arbeitgeberin, an den Arbeitnehmer, der der rechtmäßigen Anweisung, bei der Verrichtung der Tätigkeit als Taxifahrer eine medizinische Maske zu tragen, aus gesundheitlichen Gründen nicht nachkommen kann, Annahmeverzugslohn zu zahlen. Es handelt sich hierbei nicht um einen Umstand, der dem Betriebsrisiko der Arbeitgeberin zuzuweisen ist. Auch Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers scheiden aus, da die Anordnung zum Tragen der medizinischen Maske bei der Personenbeförderung im Taxi im hier maßgeblichen Zeitraum (1. September 2021 bis zum 31. Januar 2023) vom Direktionsrecht gedeckt und nicht rechtswidrig war.
Normenkette
BGB §§ 615, 618; KSchG § 11; BGB § 297 Abs. 1, §§ 294, 612a, 241 Abs. 2, § 315; GewO § 106
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 04.05.2022; Aktenzeichen 28 Ca 10/22) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 04. Mai 2022 - 28 Ca 10/22 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufung noch um Annahmeverzugslohn, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Schadensersatz.
Der am XX. X 1974 geborene, ledige Kläger ist bei der Beklagten, einem Taxiunternehmen, zumindest seit 1. Januar 2004 als Taxifahrer beschäftigt. Zwischen den Parteien ist streitig, ob das Arbeitsverhältnis - so der Kläger - bereits zum 1. November 2001 begann.
Die Beklagte betreibt ein Taxiunternehmen. Sie beschäftigt ausschließlich Taxifahrer. Sie ist Mitglied in der Genossenschaft H. F. eG. Die H. F. eG. vermittelt ihren Mitgliedern per Funk Aufträge zur Durchführung von Taxifahrten. Dabei melden sich die Kunden, die ein Taxi benötigen, telefonisch bei der Zentrale der H. F. eG., die dann den Auftrag an die bei ihren Mitgliedern beschäftigten Fahrer weitervermittelt. Im Arbeitsvertrag der Parteien, auf dessen gesamten Inhalt ergänzend verwiesen wird (Anlage K 2, Bl. 8 d. A.), ist u. a. in Ziffer 17 folgende Regelung enthalten:
"Rechtswirksame Bestandteil des Arbeitsvertrages ist die Mitgliedschaft in der H.-F.eG. Bei Beendigung der Mitgliedschaft in der H.-F. eG. erfolgt die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit sofortiger Wirkung."
Der Kläger schloss bereits am 27. April 2000 einen Teilnehmervertrag mit der H.-F. eG. (Anlage K 1, Bl. 5 - 7 d. A.).
Im Verlauf der Corona-Pandemie gab es für den öffentlichen Personenverkehr in Hamburg zahlreiche Beschränkungen. Zum öffentlichen Personenverkehr gehört auch die Personenbeförderung durch Taxen.
Erstmals ...