Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalreduzierung. Sozialauswahl, Erlangung einer betrieblichen Altersversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Entscheidung des Arbeitgebers, den Personalbestand auf Dauer zu reduzieren, gehört zu den sog unternehmerischen Maßnahmen, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen und damit den entsprechenden Beschäftigungsbedarf entfallen lassen können. Eine solche Unternehmerentscheidung ist hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich des Begriffs „Dauer” zu verdeutlichen, um dem Gericht im Hinblick auf die gesetzlich dem Arbeitgeber auferlegte Darlegungslast (§ 1 Abs 2 S 4 KSchG) eine Überprüfung zu ermöglichen. Je näher die eigentliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluss rückt, umso mehr muss der Arbeitgeber durch Tatsachenvortrag verdeutlichen, dass ein Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer entfallen ist. Der Arbeitgeber muss darlegen, in welchem Umfang die fraglichen Arbeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen, d.h. es geht um die Darlegung einer näher konkretisierten Prognose der Entwicklung aufgrund außerbetrieblicher Faktoren oder unternehmerischer Vorgaben (vergleiche BAG Urteil v. 17.6.1999, Az: 2 AZR 141/99 = BAGE 92, 71-79).

2. Die Sozialauswahl ist betriebsbezogen. Eine Einbeziehung von Mitarbeitern anderer Konzernunternehmen in die soziale Auswahl ist nicht vorzunehmen.

3. Dem Umstand. dass dem Arbeitnehmer die Erreichung einer unverfallbaren Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung entgeht, kommt im Rahmen der Sozialauswahl keine entscheidende Bedeutung zu.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2 S. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 14.11.2003; Aktenzeichen 17 Ca 122/03)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 15.02.2005; Aktenzeichen 9 AZN 892/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 14. November 2003 – 17 Ca 122/03 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner am 2. Juni 2003 bei Gericht eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen eine fristgemäße Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte mit Schreiben vom 26. Mai 2003.

Der 1968 geborene Kläger ist seit dem 16. März 1990 bei der Beklagten als Monteur zu einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von zuletzt 2.382,73 EUR beschäftigt.

Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 30 Stunden ohne die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Ein Betriebsrat besteht nicht.

Auf Grund schlechter Auftragslage, die im Einzelnen zwischen den Parteien streitig ist, wurde bei der Beklagten Kurzarbeit geleistet vom 1. Januar 2002 bis zum 31. März 2002 in Höhe von 35 % der normalen Arbeitszeit und vom 1. Januar 2003 bis zum 30. Juni 2003 in Höhe von 42 % der normalen Arbeitszeit.

Mit Schreiben vom 26. Mai 2003 (Anl. K 2, Bl. 4 d.A.), dem Kläger am 28. Mai 2003 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich unter Berücksichtigung einer Kündigungsfrist von 5 Monaten zum 31. Oktober 2003.

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte habe die zu erwartenden Aufträge „S. W.” und „B” in H. bei der Darlegung ihrer angeblich schlechten Auftragslage nicht berücksichtigt. Es hätten für ihn Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei einem Tochterunternehmen der Beklagten, der Firma H., bestanden. Dorthin seien die Mitarbeiter C. und G. gewechselt. Ferner stehe die Beklagte im Zusammenhang mit der H.-Holding

Die Sozialauswahl sei fehlerhaft durchgeführt worden. Er sei nicht lediglich für Klima-Technik einsetzbar, sondern auch für die Bereiche Heizung und Sanitär. Nicht er, sondern der Mitarbeiter M. hätte gekündigt werden müssen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 26. Mai 2003 aufgelöst worden ist,

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Kündigung sei aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Ihr Auftragsbestand habe sich auf ein Minimum reduziert. Im Jahre 2001 habe die Jahresleistung noch 14.129.000,00 EUR betragen und habe sich im Jahr 2002 auf 9.506.000,00 EUR sowie im ersten Halbjahr 2003 auf 2.694.000,00 EUR verringert. Das Betriebsergebnis habe sich nach Steuern im Jahre 2001 von 211.000,00 EUR verringert auf einen Verlust in Höhe von 202.000,00 EUR im Jahre 2002 sowie auf einen Verlust von 705.000,00 EUR im ersten Halbjahr 2003. Das Projekt „S. W.” werde voraussichtlich nicht ausgeführt, weil die Finanzierung nicht sichergestellt sei. Ein Projekt „B” gebe es nur in Form eines Planungsauftrages, nicht jedoch als durchzuführendes Projekt.

Für die betriebsbedingte Kündigung maßgebend sei allerdings ihre unternehmerische Entscheidung vom 22. April 2003 (Anl. B 3, Bl. 32 d.A.). Danach habe ihre Gesellschafterversammlung beschlossen, den Personalbestand um etwa 50 % zu reduzieren, was für die Abteilung Kli...

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